Hintergrund - Interview Stefan Genth

13.12.2020 UPDATE: 13.12.2020 20:40 Uhr 1 Minute, 17 Sekunden

Von Andreas Herholz

Am wohl letzten Einkaufswochenende vor dem Lockdown sprach die RNZ mit Stefan Genth, dem Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HDE.

Herr Genth, am Wochenende gab es einen großen Weihnachts-Ansturm auf den Handel. Wie war das Geschäft am dritten Adventswochenende?

Das war kein echtes Aufatmen. Dieser Samstag war zwar besser als die vorherigen, aber immer noch unter dem Durchschnitt der Vorjahre. Die Zahl der Kunden in den Innenstädten ist um 30 Prozent zurückgegangen. Die Umsätze sind durchschnittlich um 20 Prozent eingebrochen. Im Bekleidungshandel sieht das noch dramatischer aus. Es waren viele Menschen in den Innenstädten, aber es gab kein Chaos. Es wurde Abstand gehalten und die Hygiene-Konzepte haben gut funktioniert. Die Kunden waren sehr besonnen. Das Ordnungsamt musste nicht eingreifen. Man sieht: Einkaufen ist auch in der Pandemie möglich.

Ab Mittwoch wird es einen harten Lockdown geben. Die meisten Geschäfte müssen schließen. Was bedeutet das für den Handel?

Die Maßnahmen sind sicherlich hart. Der Einzelhandel ist stark betroffen. Wir stellen uns aber nicht grundsätzlich gegen Maßnahmen, die notwendig sind, um die Pandemie einzudämmen. Die Branche bringt ein erhebliches Sonderopfer und muss dafür auch Wirtschaftshilfen bekommen.

Drohen da Jobverluste und Insolvenzen?

Wenn dieser harte Lockdown jetzt kommt und womöglich noch weitergeht, sind allein in den Innenstädten 250 000 Arbeitsplätze gefährdet. Das kann aber auch mehr werden, wenn man sieht, dass auch der Möbelhandel außerhalb der Innenstädte geschlossen wird. Allein im Dezember wird der Handel einen Umsatz von 12 Milliarden Euro verlieren. Dahinter stehen auch viele Selbstständige. Über 90 Prozent der Händler sind Mittelständler.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz verspricht, man lasse die Wirtschaft nicht im Stich. Welche Hilfen erwarten Sie?

Die jetzt angekündigten Hilfen reichen nicht. Wir erwarten für den Dezember eine Gleichbehandlung mit der Gastronomie. Bis zu 75 Prozent des Umsatzes müssten ausgeglichen werden. Ab Januar sollten die Fixkosten des Einzelhandels als Zuschüsse ersetzt werden. Das sind im Nicht-Lebensmittelbereich 30 Prozent des Umsatzes. Damit würde man Arbeitsplätze sichern. Wenn der Einzelhandel nicht ausreichend unterstützt wird, droht eine Verödung der Innenstädte.