ARD-Krimi aus Dortmund

Darum müssen Sie Faber im neuen "Tatort" leiden und trauern sehen

Das Dortmunder Tatort-Team muss mit dem Tod der Kollegin Bönisch umgehen. Jörg Hartmann spielt dabei als Kommissar Peter Faber grandios auf.

14.01.2023 UPDATE: 15.01.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden
Weiß nicht wohin mit sich und seiner Trauer: Kommissar Faber (Jörg Hartmann) hat die Nacht im Auto im Wald verbracht. Foto: WDR/ARD

Von Alex Wenisch

Heidelberg. Dieser "Tatort" ist in mehrfacher Hinsicht anders. Erstmals fehlt Hauptkommissarin Bönisch. Während Kommissar Faber leidet und trauert, schrumpft das eingespielte Dortmunder Quartett von einst vorübergehend auf ein Duo.

Was ist passiert? Die Ermittler Jan Pawlak (Rick Okon) und Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) werden in einen Park gerufen: Zwei Liter Blut zeugen von einem Verbrechen, doch von der Leiche fehlt jede Spur. Allerdings wird ein Immobilienunternehmer vermisst, der Mietwohnungen aufkauft, um sie zu profitablen Luxusobjekten zu machen. Wie sich herausstellt, stammt das Blut von ihm.

Worum geht es wirklich? Um den (unterschiedlichen) Umgang mit Verlust und Einsamkeit. Bönischs Tod zerreißt das Dortmunder Team. Den Bewohnern eines Hauses droht der Verlust ihrer vier Wände, in denen sie seit Jahrzehnten leben. Eine Mieterin schrieb Drohmails an den nun toten Immobilien-Hai. Und in einem alten Friseursalon versuchen zwei Damen und der Meister mit Kaffeekränzchen die gute alte Zeit im Viertel festzuhalten: "Nää, wat hatten wir et schön hier."

Wie schlagen sich die Ermittler? Schon die erste Szene macht klar, dass dies ein schwieriger Tatort wird. Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) wischt von innen eine Sichtlücke auf der beschlagenen Fensterscheibe frei.

Die Nacht hat er offensichtlich in seinem alten Opel im Wald verbracht. Er ist krankgeschrieben. Schleppt sich (ähnlich wie kürzlich der Berliner Kollege Karow) schmuddelig-verwahrlost durch den Tag. Er leidet, schließlich starb seine langjährige Kollegin vor fast einem Jahr in seinen Armen. "Du bleibst hier" hatte sie ihm noch mitgegeben; so auch der Titel der Folge. Faber versucht das, aber es fällt ihm schwer. Jetzt kommen seine verbitterten, zynischen Züge wieder zum Vorschein.

Ein taumelnder Mensch, der sich nicht in den Griff bekommt, der beleidigt, brüllt, verbal austeilt. Herzog und Pawlak müssen ohne ihn zurechtkommen, versuchen, den Fall routiniert zu lösen. Aber Business as usual funktioniert auch nur an der Oberfläche – beide werden im Laufe der kommenden 90 Minuten ihren Zusammenbruch erleben.

Was ist die Stärke dieser Tatort-Folge? Zufällig begegnen Pawlak und Herzog während den Ermittlungen Fabers Vater Jupp. Die beiden haben sich schon lange entfremdet (und Herzog versucht, zu vermitteln). Diese tiefen Verletzungen zwischen Vater und Sohn sind grandios herausgespielt. Teils ohne viel Worte, nur in Gesten. Das kann unter den Tatort-Schauspielern in dieser Intensität nur Hartmann. Der mit Wolfgang Rüter aber auch einen toll besetzten Mitspieler hat.

Was sind die Schwächen? Das Private und das Berufliche sind im Tatort ja oft nicht zu trennen. In "Du bleibst hier" wird das Konzept aber überinszeniert: Alles hängt irgendwie mit allem zusammen.

Und sonst? Premiere für Hartmann: Er hat erstmals am Drehbuch mitgearbeitet. In Kooperation mit Jürgen Werner, der für die ersten, horizontal erzählten Dortmunder Tatorte zuständig war.

Was kann man von diesem Tatort fürs Leben lernen? Im Dortmunder "Fusel", da gibt es noch echte Vizebohnen, herrlich!

Sonntag, 20.15 Uhr, lohnt es sich einzuschalten? Ja. So viel Ruhrpott-Charme war zuletzt bei Schimanski!

Info: www.daserste.de