Die Haudegen von Colosseum machen Musik ohne Kompromisse
Gitarrist Clem Clempson kommt mit der Kultband Colosseum nach Bensheim – und im Herbst in die Neckarstadt?

Von Peter Wiest
Sie gehören zu den Urvätern des Progressive Rock: Die Band Colosseum stellt seit Ende der 1960er-Jahre mit ihrer ureigenen Mischung aus klassischem Rock, Jazzelementen und originellen eigenen Kompositionen die Szene auf den Kopf. 2020 haben sich die drei noch verbliebenen Ur-Mitglieder Clem Clempson (Gitarre), Chris Farlowe (Gesang) und Mark Clarke (Bass) mit Kim Nishikawara (Saxofon), Nick Steed (Keyboard) und Malcolm Mortimore (Schlagzeug) zusammengetan und gehen jetzt wieder auf Tour, bei der sie unter anderem ihr neues Album "XI" im Gepäck haben.
Clem, Du bist 75 Jahre alt,was macht da noch den Reiz aus?
Na ja, da gibt es halt auch heute noch immer wieder etwas, das mich weitermachen lässt und antreibt. Momentan ist es unser neues Album "XI", das mich umtreibt und von dem ich ehrlich gesagt hin und weg bin. Ich habe gerade heute Nachmittag wieder reingehört und festgestellt, dass es wahrscheinlich das allererste Colosseum-Album ist, von dem ich tatsächlich jeden einzelnen Song live spielen möchte bei unserer Tour.
Wie viele der neuen Stücke hast Du denn selbst komponiert?
Ich habe zwei der Songs geschrieben und einen dritten mit Nick Steed zusammen. Aber auch die anderen sind absolut toll. Den größten Teil hat Nick geschrieben. Wir sind alle sehr froh, dass wir mit ihm nicht nur einen so tollen Keyboarder, sondern auch einen super Komponisten gefunden haben. Ich durfte ja auch auf seinem letzten Solo-Album mitspielen, und das war total cool.
Wird es nicht mit zunehmendem Alter immer schwieriger, auf Tour zu gehen und mit der Band praktisch an jedem Tag in einer anderen Stadt aufzutreten?
Es war auch schon früher so, dass es auf unseren Touren gute und weniger gute Tage gab. Wenn ich zurückdenke etwa an meine Zeit mit Humble Pie in den 70ern, erinnere ich mich auch daran, dass wir nicht nur tolle Auftritte hatten, sondern manchmal kaum von einem Gig zum anderen kamen. Das hatte zwar andere Gründe (lächelt), aber es war schon immer nicht leicht, auf Tour zu gehen.
Als Ihr angefangen habt damals, wart Ihr mit Vorreiter der neuen Progressive-Rock-Szene. Wenn Du fünf Jahrzehnte später auf Eure Musik schaust: Ist das noch immer progressiv?
Das muss jeder selbst entscheiden, der uns hört. Für uns hat sich insofern nichts geändert, als wir nach wie vor nur und ausschließlich die Musik machen, die uns Spaß macht, und zwar absolut ohne Kompromisse. Mich persönlich haben verschiedene Stilrichtungen beeinflusst, hauptsächlich der Blues, aber auch natürlich Rock und nicht zuletzt Jazz, und es war schon immer mein Anliegen, all diese Elemente zusammenzuführen zu einer mehr oder weniger eigenen Stilrichtung. Ende der 60er hat man das, was da bei mir und den anderen herausgekommen ist, halt "Progressive Rock" genannt. Und wenn ich mir unsere Musik heute anhöre, wie etwa jetzt auf dem neuen Album, dann kann ich schon sagen, dass diese Kategorie für uns eigentlich noch immer zutrifft.
Wenn Ihr jetzt wieder auf Tour geht, probt Ihr dann eigentlich vorher oder ist alles Routine?
Es ist zwar Routine, aber wir proben natürlich schon. Wir haben jetzt insgesamt immerhin vier volle Tage zusammengespielt, haben auch probeweise sogar mal in Paderborn gespielt, und das war gut so. Jetzt fühlen wir uns fit. Musikalisch sowieso, aber auch sonst.
Wir älteren Musikfans hier in und um Heidelberg erinnern uns gerne an das einzigartige Colosseum-Konzert 1971 im Rahmen der "Heidelberger Jazztage" in der Stadthalle, ein unvergessliches Event. Hast Du selbst auch noch Erinnerungen daran und vielleicht auch an die Stadt?
Glaub es oder nicht: Ich erinnere mich auch noch daran und weiß, dass es großartig war – nicht zuletzt auch, damals diese tolle Stadt kennenzulernen. Leider haben wir nie Gelegenheit gehabt, da ein zweites Mal aufzutreten. Das ist total schade, aber vielleicht lässt sich das ja doch noch ändern. Jetzt wo Du es angesprochen hast, werde ich unseren Agenten fragen, ob er da nicht unbedingt etwas machen kann, wenn wir wie momentan zumindest geplant voraussichtlich im kommenden Herbst erneut auf Tour gehen. Nochmal in Heidelberg spielen nach all den Jahren – das wäre super!
Jetzt kommt Ihr aber erst mal nach Bensheim ins Musiktheater Rex. Was wird da abgehen?
Ich kenne das Rex ja seit Jahren und habe mit der Hamburg Blues Band bereits öfter dort gespielt, auch noch im alten Rex. Ich freue mich sehr, da jetzt wieder mal aufzutreten, insbesondere natürlich mit unserem neuen Album auf der Setlist.
Info: Colosseum am 7. Mai im Rex in Bensheim. Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr. Tickets 40,60 Euro; Infos: www.musiktheater-rex.de