Jonathan Langer, Tim Staat, Nicolas Hoffmann, Sebastian Bauer und Gustav Schneider (v.l.). Foto: zg
Von Peter Wiest
Es ist nicht einfach, ihren Stil zu umschreiben. Zumal sie zumindest in weiten Teilen mit ihrer Musik einen ganz eigenen Stil oder zumindest einen eigenen Sound gefunden haben. Dennoch wurden sie geprägt von Einflüssen der herkömmlichen Rock- und Pop-Musik der letzten Jahrzehnte, und das in vielfältiger Weise. Sie als eine Art postmoderne Krautrock-Band zu bezeichnen, trifft es dabei vielleicht am besten. Aber das alleine macht es nicht aus: Neben Spuren von deutschen Gruppen wie etwa Kraftwerk finden sich bei der Musik der Heidelberger Formation Ellmaurer auch sphärische Klänge à la Pink Floyd, daneben verzerrte und knallharte Gitarren-Riffs aus der Heavy-Metal-Schule, dazu ausgeprägte, manchmal regelrecht gutturale Gesangspartien, jaulende Synthesizer-Ausflüge, fetzige Schlagzeug-Rhythmen oder scheppernde Bassläufe. All das fügt sich auf wundersame Weise dann zusammen zu einem Gesamtwerk und einem Ensemble, das damit seit gut fünf Jahren zunehmend auf der musikalischen Erfolgsspur wandelt.
Dabei ist Ellmaurer eine noch immer ziemlich junge Band. Gerade mal zwischen 23 und 26 Jahren alt sind die fünf Mitglieder, von denen drei in Heidelberg leben, einer in Mannheim und einer in München. Spätestens, seitdem sie 2018 beim SPH-Bandcontest den dritten Platz erreichten und damit Erfolg hatten beim wichtigsten Nachwuchs-Wettbewerb der deutschsprachigen Rock-Pop-Szene, an dem sich alljährlich gut 1000 Bands aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligen, sind sie in der Szene ein Begriff und finden zunehmend Fans. Diese wiederum geraten insbesondere bei den stets spektakulären Live-Konzerten in totale Begeisterung und flippen oft sogar regelrecht aus.
Ellmaurer hieß die Band beim 2018er Contest allerdings noch nicht. Der ursprüngliche Name der Formation war Nö. Danke. Als solche wurden sie 2015 gegründet und zunächst auch bekannt. Irgendwann vor etwa zwei Jahren beschlossen sie dann, sich umzubenennen: "Weil dieser Name zwar sicher witzig und ungewöhnlich war, wir aber immer wieder merkten, dass viele, die uns nicht kannten, dahinter einfach irgend eine Fun-Punk-Band vermuteten", so der Gitarrist und Sänger Jonathan Langer. "Wir wollten deshalb einen Namen finden, der einfach etwas derber war und mehr zu uns und unserer Musik passte", erläutert er. Auf "Ellmaurer" kamen er und seine Freunde, nachdem in ihrem Proberaum in Heidelberg ein Gemälde von einem unbekannten Künstler dieses Namens hing: "Ein Reh in einem düsteren Wald und im Nebel, das uns dann auch inspirierte, unseren Song ‚Ellmaurer‘ zu schreiben". Fortan hieß dann die ganze Band so wie der unbekannte Künstler, von dem sie bis heute nicht mehr als den Namen in Erfahrung bringen konnten – und fuhr als solche weiter und mehr denn je auf der Erfolgsspur.
Neben Jonathan Langer sind Ellmaurer der Gitarrist Tim Staat, der Bassist Gustav Schneider, der Keyboarder und Sänger Nicolas Hoffmann und der Schlagzeuger Sebastian Bauer. In ihrer Musik, die sie komplett selbst komponieren, offenbart sich eine Mischung aus unterschiedlichen Stilen, in denen sich auch die unterschiedlichen Wurzeln der Bandmitglieder widerspiegeln. Auch die "klassischen" Rollen der Instrumente werden dabei oft durchmischt: Etwa, indem der Synthesizer auch mal den Takt und den Rhythmus angibt anstatt des Schlagzeugs und Bass und Trommeln diesen dann nur noch ergänzen. Stets jedoch wird diese Mischung zusammengeführt zu einem ganz eigenen und ganz typischen musikalischen Gebilde.
Mindestens ebenso wichtig sind dabei die originellen und auf ihre Art einzigartigen Texte, die überwiegend aus der Feder von Jonathan Langer stammen. Dabei wird tief Einblick genommen in Abgründe der menschlichen Psyche, wird eingetaucht in melancholische und traurige Stimmungen, in Isolation und Einsamkeit. Dunkel und düster sind sie überwiegend, diese Textpassagen, und damit natürlich erst mal auch gewöhnungsbedürftig – zumal die Band prinzipiell über deren Inhalte und tiefere Bedeutung nicht spricht und auch deshalb bei ihren Konzerten durchgehend auf Ansagen zwischen den einzelnen Songs verzichtet. Dass die Musiker meist dunkel gekleidet auf die Bühne treten, verstärkt diese Stimmung noch – die dann jedoch auch immer wieder durch ekstatische und hyperrockige Musikpassagen umgedreht und gewendet wird.
Nach ihrem Erfolg beim SPH-Contest tourten Ellmaurer 2018 quer durch Deutschland und traten unter anderem auch in Tschechien auf. Zudem waren sie Teil von "Play-Live", einem Förderprogramm zur Unterstützung von Bands aus Baden-Württemberg. Auch beim Mannheimer Schlossfest und auf der SWR3 Halloween Party im Europapark waren sie dabei, und 2019 eröffneten sie dann sogar das Maifeld Derby. Anfang 2020 gab es noch einige wenige weitere Konzerte, bevor die Corona-Krise Live-Auftritte vorerst stoppte.
Mit "Kranich" hat die Band bisher eine erste EP mit fünf eigenen Songs herausgebracht. Aktuell arbeiten die Musiker an "Kopfkinder", einem Konzeptalbum, zu dem sie parallel mit dem Kollektiv K916 des Ellmaurer-Keyboarders Nicolas Hoffmann auch einen passenden Film drehten. Sowohl das Filmalbum zu "Kopfkinder" als auch das gleichnamige Musikalbum sollen im kommenden Mai veröffentlicht werden und die Musik dann als Vinyl-Schallpatte erhältlich und auf den gängigen Streaming-Diensten zugänglich sein. Falls es bis dahin die Corona-Lage zulässt, soll es zudem Album-Release-Konzerte in Heidelberg und Mannheim geben.