Tauglich für den Abstiegskampf

Die Hoffenheimer bieten schwere Kost für Fußball-Feinschmecker, aber nähren die Zuversicht auf ein gutes Ende

13.12.2015 UPDATE: 14.12.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Schulterschluss im Klassenkampf: Die Hoffenheimer in Feierlaune. Foto: APF

Von Roland Karle

Sinsheim. Michael Frontzeck attestierte seiner Mannschaft "so viel Ballbesitz wie nie in dieser Vorrunde", er sprach kühn von "genügend Torchancen, um hier etwas mitzunehmen" und resümierte nach der 0:1-Niederlage in der Rhein-Neckar-Arena: "Das war ein bitterer Nachmittag für uns." Hannovers Trainer ist Kummer gewohnt. Nach dem miserablen Saisonstart mit nur einem Punkt aus sechs Partien haben die 96er nun vier ihrer letzten fünf Spiele verloren. Vor allem gegen Mitbewohner aus dem Tabellenkeller wie Augsburg, Stuttgart und Hoffenheim hat sich Hannover einen Ruf als freundlicher Punktelieferant von nebenan erworben. Den hätte Ceyhun Gülselam endlich ruinieren können, wenn sein Bogenkopfball in der 15. Minute nicht kunstvoll erst an der Latte und dann am Pfosten entlang gestrichen wäre.

Eine Schlüsselszene. Statt in Führung zu gehen, gerieten die biederen Niedersachsen eine Viertelstunde später in Rückstand. Für Frontzeck war’s zum Haare raufen, doch nicht mal das klappte - der Mann trägt Kahlkopf.

Hannover (14) hätte den Abstand auf sieben Punkte ausbauen können, stattdessen ist Hoffenheim (13) bis auf einen Zähler herangerückt. Und das, obwohl die Kraichgauer vornehmlich im ersten Durchgang ihre Fans quälten, immer wieder quer und zurück passten. "In vielen Situationen hat man gesehen, wie wenig sich die Spieler zutrauen", befand Trainer Huub Stevens. "Deshalb ist es wichtig, dass sie Sicherheit gewinnen." Und Punkte. Seit Stevens‘ Dienstantritt sind Hoffenheim sieben Zähler gelungen. Keine fette Beute, aber genug, um Kontakt zu den Klassenkameraden im Schlussdrittel der Liga zu halten.

Das Hannover-Spiel lieferte zwei wesentliche Erkenntnisse. Erstens: Die Mannschaft rackerte und rumpelte, dass es für fußballerische Feinschmecker mitunter eine Zumutung war. Zweitens: Genau daraus lässt sich Zuversicht schöpfen. Denn die Profis taten, was Abstiegsgefährdete tun müssen: Sie kämpften inbrünstig, bissen und kratzten, kloppten Bälle in den Abendhimmel. Bis hoch auf die Tribüne roch es nach feuchtem Gras und Arbeiterschweiß. Im Abstiegskampf herrscht Wehrpflicht - und nach dem Hannover-Sieg sind bislang berechtigte Zweifel geschrumpft, dass die Hoffenheimer Sportkameraden dazu womöglich nicht taugen.

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Ein Typ wie Tobias Strobl verkörpert die derzeit gefragten Tugenden mustergültig. In zwölf von 16 Partien wirkte der Defensivspezialist mit. Sein Chef schätzt die Vielseitigkeit des 25-Jährigen, der sämtliche Abwehrpositionen und, wie am Samstag, auch im Mittelfeld spielen kann. Gleichwohl "kannst du nicht mit elf Strobls auflaufen", betont Stevens. Im Vorwärtsgang, wenn die Mannschaft den Ball besitzt, braucht es darin geschultes Personal. Nationalspieler wie Sebastian Rudy (auf der Bank) oder Kevin Volland (ausgewechselt) zum Beispiel, die sich damit zurzeit jedoch ungewohnt schwer tun. Ein Lichtblick ist Eduardo Vargas, der nach seiner Einwechslung in der letzten halben Stunde "die Bälle gut behauptet und genau das umsetzt hat, was wir wollten", so Stevens.

Die gern gestellte Frage nach der persönlichen Handschrift und ob sie im Spiel seiner Mannschaft schon zu erkennen sei, beantwortete der Trainer geschickt und wahrheitsgetreu zugleich. "Nein, natürlich nicht", sagte er, "wir spielen das, was die Jungs können."

Eine Momentaufnahme. Von diesem Kader, der mindestens für das Bundesliga-Mittelfeld ausgestattet ist, verlangt der Niederländer mehr. Die nächste Chance, das Soll dem Ist anzugleichen, ergibt sich bereits am Freitag auf Schalke. Dort, wo er seine größten Erfolge als Trainer feierte. "Es ist für mich immer etwas Besonderes, dorthin zurückzukehren", so Stevens. Und es wäre sogar etwas ganz Besonderes, wenn er seinem Lieblingsklub auch noch Punkte abknöpft.

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