Kapitän Schwegler: "Aufgeben gibt es einfach nicht!"

Hoffenheims Kapitän glaubt im RNZ-Interview ans Team, an ein Erfolgserlebnis heute gegen Hannover 96 und letztendlich an den Klassenerhalt des Kraichgauklubs

11.12.2015 UPDATE: 12.12.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 48 Sekunden

"Hoffes" Kapitän Pirmin Schwegler. Foto: vaf

Von Joachim Klaehn

Zuzenhausen. Pirmin Schwegler (28), Kapitän des Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim, zählt sicherlich zu den außergewöhnlichen Profis im Bundesliga-Geschäft. Seit zehn Jahren verdient der 14-fache Schweizer Nationalspieler aus Ettiswil sein Geld in Deutschland, darunter bei Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt und seit 1. Juli 2014 (Vertrag bis 2017) beim Kraichgauklub.

Am heutigen Samstag (15.30 Uhr) trifft "Hoffe" in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena auf Hannover 96. Schwegler und Co. wollen unbedingt ihren Heimfluch beenden - noch gelang der Mannschaft kein einziger Dreier vor heimischen Publikum. "Wir sind uns bewusst, was auf dem Spiel steht", sagt Schwegler beim RNZ-Gespräch im Trainingszentrum Zuzenhausen.

Was viele Sportfans nicht wissen: Im zarten Alter von 16 Monaten wurde 1988 Leukämie festgestellt, die behandelnden Ärzte stuften die Überlebenschancen bei zehn Prozent ein. Seit zwölf Jahren gilt Schwegler als geheilt, die Erfahrung als "Grenzgänger" hat ihn bei seinem Werdegang maßgeblich geprägt.

Herr Schwegler, in dieser Woche hat Klubbesitzer Dietmar Hopp Trainer Huub Stevens grenzenloses Vertrauen ausgesprochen und seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Hoffenheim die Kehrtwende schafft. Würden Sie das unterstreichen?

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Wenn wir nicht so denken würden, würden wir etwas falsch machen. Es ist wichtig, dass jeder in einer solchen Situation mitzieht, dass wir zusammenhalten, Verantwortung über- und die Herausforderung annehmen. Ich habe das schon mal bei der Eintracht miterlebt, was passiert, wenn man aufgibt.

Die letzten beiden Spiele zu Hause gegen Gladbach und in Ingolstadt sind spiegelbildlich für den bisherigen Saisonverlauf. Wie schafft die TSG denn Konstanz?

Konstanz ist sicherlich ein Thema. Man sieht einfach, was passiert, wenn man in der Bundesliga nur ein Prozent nachlässt. Unsere Messlatte muss das Spiel gegen Gladbach sein - auch wenn wir es hätten gewinnen müssen. Noch mehr weh tut es allerdings, wenn wir kein gutes Spiel wie in Ingolstadt machen.

Woran hapert es in der Mannschaft genau?

Es macht überhaupt keinen Sinn, sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben. Wir müssen die Dinge deutlich ansprechen - allerdings intern. Auch wenn das für die Medien langweilig sein mag (lacht).

Wie sehr ist das "System Stevens" verinnerlicht?

Wir stecken in einer Phase, in der es tabellarisch nicht so rosig aussieht. Huub Stevens lässt in der Sache nicht nach, er lässt nichts unversucht und achtet akribisch auf jedes Detail.

Gibt es signifikante Unterschiede zur Arbeit von Markus Gisdol?

Jeder Trainer hat eine andere Idee. Aber auch wenn Stevens und Gisdol unterschiedlichen Generationen angehören, so ist Huub doch topmodern aufgestellt. Am Ende zählen freilich nur die Ergebnisse.

Warum steigt "Hoffe" nicht ab?

Weil wir nicht nachlassen werden und extrem viel arbeiten. Wir müssen gemeinsam die Talsohle durchschreiten - ich glaube absolut an uns.

Sie haben eine vergleichbare Situation schon mal bei der Eintracht erlebt, Frankfurt ist dann abgestiegen. Welche Erfahrung konnten Sie da mitnehmen?

Das war natürlich eine schwere Zeit, ich habe dadurch viel gelernt. Man darf sich nicht klein machen, muss mit Leidenschaft an die Arbeit gehen und muss direkt wieder aufstehen, wenn man mal gestolpert ist. Aufgeben gibt es einfach nicht!

Wie sehen Sie in Krisenzeiten Ihre Rolle als Kapitän?

Grundsätzlich verstelle ich mich nicht und bleibe in meiner Grundhaltung positiv. Dennoch bin ich auch ein Stück weit unzufrieden mit mir selbst und frage mich, wie kann ich der Mannschaft noch mehr Stabilität geben.

Die Auswüchse und Überhöhungen im Bundesliga-Zirkus sind unübersehbar. Wie gehen Sie damit um?

Ein gewisser Selbstschutz ist nicht verkehrt, man darf nicht alles an sich ran lassen. Der Fußball ist zum Geschäft geworden, in dem viele Leute mitreden wollen oder manch einer über das Ziel hinausschießt. Ich sage mir aber, du musst nicht jeden Quatsch mitmachen oder dich zu allem äußern.

Auf Ihrer Homepage schreiben Sie, dass Sie als Mensch und Fußballer auf der Sonnenseite des Lebens stünden. Mangelt es bei einigen Profis an Realitätssinn und Demut? Und hilft Ihnen dabei, dass bei Ihnen im frühen Kindesalter Leukämie diagnostiziert wurde und Sie seit 2003 als vollständig geheilt gelten?

Mag sein - es ist einfach meine Geschichte! Für mich stimmt sie - ich stehe auf der Sonnenseite und ich mag es nicht so sehr, wenn zu viel geklagt oder gejammert wird. Es hilft ungemein, die Dinge richtig einordnen zu können. Ich versuche, immer gut und positiv zu leben und möglichst aus jedem Fehler, den man als Mensch nun mal macht, zu lernen. Es geht mir so besser.

Ihr Engagement für Krebskinder erklärt sich aus Ihrer Vita. Was sind Ihre Kernbotschaften?

Ich würde gerne mein Engagement intensivieren, doch oft fehlt als Profifußballer die Zeit. Das Thema liegt mir am Herzen. Mein Anspruch ist es, anderen Menschen zu helfen und sie in schwierigen Phasen aufzumuntern und zu stärken. In Deutschland wird alle acht Minuten die Diagnose Krebs erstellt - für mich ist es deshalb unabdingbar, mich in diesem Bereich zu engagieren und professionelle Hilfestellungen mit anzuschieben.

TSG-Boss Dietmar Hopp unterstützt medizinische Projekte, insbesondere in der Krebsforschung. Tauschen Sie sich gelegentlich aus?

Ich kriege schon mit, wie sehr sich Herr Hopp engagiert. Am Wochenende hat er für die Aktion "Ein Herz für Kinder" eine Million Euro gespendet. Diejenigen, die von solch einer Unterstützung profitieren, sind zweifellos glücklich. Und man muss schon sagen: Die Krebsforschung ist - auch dank solcher Spenden - mittlerweile auf einem ganz anderen Stand als es bei meiner Diagnose damals der Fall gewesen war - da ist unglaublich viel passiert.

Passieren muss heute auch etwas gegen 96. "Hoffe" hat noch keinen einzigen Heimsieg diese Saison gelandet …

Schlimm genug, dass wir im Dezember darüber reden müssen. Ein Sieg wäre enorm wichtig, wir wollen diese Serie beenden. Wir sind uns bewusst, was auf dem Spiel steht. Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren, um für die Rückrunde eine stabilere Ausgangsposition zu haben. Und natürlich wollen wir unseren Fans unbedingt ein schönes Geschenk vor Weihnachten machen.

Und dann geht’s am 18. Dezember auf Schalke zum Abschluss …

Wir würden gerne mit einem positiven Gefühl in die Pause gehen. Eine Punkteanzahl kann man nie voraussagen, es liegt an Kleinigkeiten. Ich sage es mal so: Gegen Hannover gewinnen, auf Schalke überraschen - dies sollte unsere Herangehensweise sein.

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