TSV Heinsheim

Eine rote Wand fürs Oberhaus

Mit zahlreichen Fans im Rücken wollen die Gewichtheber des TSV Heinsheim in die 1. Bundesliga aufsteigen.

26.04.2024 UPDATE: 26.04.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 19 Sekunden
Es soll der nächste große Feiertag werden: Robin Künzel und der TSV Heinsheim peilen den Aufstieg in die 1. Bundesliga an. Foto: Weindl

Von Eric Schmidt

Bad Rappenau-Heinsheim. Um 10.30 Uhr geht es los. Dann setzt sich die Karawane des TSV Heinsheim in Bewegung. Die zwei Reisebusse, die am Samstagmorgen mit Mannschaft und Fans in Richtung Olympiastützpunkt Heidelberg aufbrechen, bilden die Vorhut. Nach und nach machen sich die anderen Anhänger auf den Weg. Die Fußballer des Vereins.

Die Freunde und Gönner. Und auch Bad Rappenaus Oberbürgermeister Sebastian Frei. Viel spricht dafür, dass der Olympiastützpunkt im Neuenheimer Feld zu Klein-Heinsheim wird an diesem Tag. "Genau das ist unser Plan", sagt Martina Dosquet, die Abteilungsleiterin. "Für uns soll es wie ein Heimkampf werden."

Jetzt gilt‘s: Nach sechs Siegen in sechs Wettkämpfen greifen die Gewichtheber des TSV nach der 1. Bundesliga. Im großen Aufstiegsfinale am Samstag, 13.30 Uhr, im Olympiastützpunkt Heidelberg misst sich der Meister der 2. Bundesliga Staffel C mit den beiden anderen Zweit-Liga-Meistern – dem SV 90 Gräfenroda, der ebenfalls ungeschlagen mit 18:0 Punkten Erster in der Gruppe B geworden ist, und mit der Athletenschmiede Kiel, der Nummer eins aus der Gruppe A. Wie ein "Final Three" ist dieses Triell, nur der Gewinner darf aufsteigen und den freigewordenen Platz von Erstliga-Absteiger AC Potsdam einnehmen.

Will die Konkurrenz aus Kiel ärgern: TSV-Abteilungsleiterin Martina Dosquet. Foto: Weindl

Der TSV, er hat sich einiges vorgenommen für diesen Dreikampf. Die Athletenschmiede Kiel gilt dabei als hartnäckigste Nebenbuhlerin. Der Meister der Gruppe C, der seinen Erfolg vor allem einer starken Frauen-Power zu verdanken hat, kommt mit der Empfehlung von 739,5 Punkten in die Kurpfalz.

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Der TSV Heinsheim bringt als Bestwert den Mannschaftsrekord von 730,2 Punkten aus dem vorletzten Saisonwettkampf gegen SuS Dortmund-Derne mit – vergleichsweise bescheiden fallen da die 621 Punkte des SV 90 Gräfenroda aus. Wie stark die Kielerinnen und Kieler sind, bekam der TSV vor zwei Jahren am eigenen Leib zu spüren. Am 5. Februar 2022 unterlag er der aus einer Crossfit-Box entstandenen Athletenschmiede klar mit 0:3 (579,4:62). "Kiel ist der Favorit. Und Kiel will ziemlich unbedingt hoch", sagt Martina Dosquet und erklärt gewohnt keck: "Und wir wollen Kiel ein bisschen ärgern."

Hintergrund

Bisher war es so: Wenn das Aufstiegsfinale zur 1. Bundesliga stattfand, durfte einer der drei Zweitliga-Meister der Ausrichter des Wettkampfes sein. Dieses Jahr findet das "Final Three" nach einem Beschluss des Bundesverbands Deutscher Gewichtheber erstmals auf neutraler

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Bisher war es so: Wenn das Aufstiegsfinale zur 1. Bundesliga stattfand, durfte einer der drei Zweitliga-Meister der Ausrichter des Wettkampfes sein. Dieses Jahr findet das "Final Three" nach einem Beschluss des Bundesverbands Deutscher Gewichtheber erstmals auf neutraler Bühne statt – im Olympiastützpunkt Heidelberg. Nicht jeder in der Gewichtheber-Szene ist begeistert von dieser Idee. Immerhin: Neben viel Prestige geht es auch um ein bisschen Geld. Der Gewinner des Triells erhält 2000 Euro, der Zweite 1000 Euro. Wer Dritter wird, bekommt 500 Euro. (esc)

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Klar ist: Der TSV muss an seine Grenzen gehen – und noch besser werden, als er es ohnehin schon ist. Ob 730,2 Punkte reichen werden, um die Rückkehr in die 1. Bundesliga perfekt zu machen? Martina Dosquet schüttelt den Kopf. "Ein neuer Mannschaftsrekord muss auf jeden Fall her", sagt die Abteilungsleiterin voller Überzeugung. Die Frage ist, wie viel Kiel noch zulegen kann, wie und mit welchem Personal es an die Hantel geht. "760 Punkte wären ein Bereich, den wir schaffen könnten. 780 Punkte aber gingen nicht. Da können wir uns auf den Kopf stellen oder Purzelbäume machen. Da kommen wir nicht ran."

Der TSV wird mit jenem Team antreten, das zuletzt so erfolgreich die letzten beiden Saisonwettkämpfe gegen den AC St. Ilgen und SuS Dortmund-Derne bestritt. Patrick Carvalho und Robin Künzel packen mit an, genauso wie Christian Martens, Emily Lietzow, Natalie Fein und die beiden bulgarischen Ausnahmeheber Karlos Nasar und Bozhidar Andreev. Lietzow und Martens betreiben dabei eine Art Jobsharing und teilen sich die Arbeit auf – Lietzow kümmert sich um das Reißen, Martens um das Stoßen.

"Sammeln wie die Eichhörnchen" lautet die Devise, die der sportliche Leiter Ralf Fein ausgibt. Er weiß: Auf jedes Pünktchen kommt es bei diesem Kräftemessen an, jede Schwäche kann entscheidend sein. Und er weiß: Seine Mannschaft wird zu Beginn durch ein Tal gehen müssen. "Das Reißen werden wir gegenüber Kiel ganz klar verlieren. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wenn wir es schaffen, nicht mehr als 30 Punkte in Rückstand zu geraten, sind wir in der Lage, es aufzuholen", erklärt Martina Dosquet.

Im Stoßen, so die Strategie, kann die Mannschaft ihre Muskeln spielen lassen. Und sie hat den Vorteil, mit Bozhidar Andreev und Karlos Nasar die letzten beiden Versuche des Wettkampfes zu bestreiten. Vor allem Nasar, der Junioren-Weltrekordler, der Europa- und Weltmeister, kann im Falle eines Falles draufpacken, wenn es sein muss. Unabhängig davon: "Wir brauchen auf jeden Fall einen 1a-Sahnetag, und das gilt für die ganze Mannschaft", erklärt Martina Dosquet.

Die Nerven, ja, sie dürften eine Rolle spielen – vor allem für die Jüngsten im Team, Emily Lietzow (15) und Natalie Fein (16), wird das Event am Samstag aufregend sein. Die anderen können durchaus auf eine gewisse Routine zurückgreifen, der Wettkampf am Samstag ist nicht das erste Aufstiegsfinale, das der TSV bestreitet. Wie gut, dass es Unterstützung gibt. Die über 150 Fans, die aus Heinsheim kommen, werden Fähnchen mitbringen und Flagge zeigen, sie werden mit Trommeln einmarschieren und auf die Pauke hauen.

Zur Kleiderordnung gehört ein eigens produziertes rotes Final-T-Shirt. "Das ist dann wie eine rote Wand", kündigt Martina Dosquet an und stellt klar: "Wir sind ein Traditionsverein, und das darf man sehen und auch hören." Dass am Ende die Rückkehr in die 1. Bundesliga stehen könnte, ist auch für sie sehr verlockend. Sportlich hätte der TSV schon in dieser Saison im Oberhaus mithalten können, auch aus "kaufmännischer Sicht" würde sich das Abenteuer lohnen. Nein, auf "Weltreisen" durch ganz Deutschland müsste sich der TSV-Tross nicht begeben. "Von den Fahrten ist die 1. Liga sogar fast besser als die 2. Liga", erklärt Dosquet.

Was auch immer geschieht am Samstagnachmittag: Gefeiert wird auf jeden Fall. Nach der Rückkehr aus Heidelberg steigt zu Hause in der Josef-Müller-Halle ergebnisunabhängig eine After-Competition-Party, bei der es einige Überraschungen geben soll. So oder so: "Es war eine tolle Saison", so Dosquet.

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