1899 Hoffenheim holt nach Stevens keinen Trainer "von außen"

Von Frank Enzenauer

Zuzenhausen. Der Stress. Das Herz. Der Schmerz. Zu viel für Huub Stevens. Am Aschermittwoch war alles vorbei, verkündete der 62 Jahre alte Trainer seinen Rücktritt bei der TSG Hoffenheim, "aus gesundheitlichen Gründen", wie es auf einer eilig einberufenen und live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz hieß.

Stevens sprach leiser als üblich, mit glasigen Augen, wirkte nachdenklich und mitgenommen. Erzählte von Herzrhythmusstörungen, die "vor einigen Wochen" der Vereinsarzt Thomas Frölich diagnostiziert und Kardiologen der Uniklinik Heidelberg am Rosenmontag bestätigt hatten. Eine Operation drohe, vom Ende seiner Trainerkarriere sei auszugehen. "Denke schon", antwortete Stevens auf eine entsprechende Frage. Und hauchte Wehmütiges, auch Selbstironisches ins Mikrofon: "Schade, dass der Knurrer nicht mehr da ist."

Die Ärzte hätten ihm nicht zum Verzicht geraten, sagte der Niederländer. "Aber das spürt man selbst. Das Risiko ist zu groß, dass etwas passiert, das man nicht will." Also hört er in der Not auf. "Der Verein braucht in dieser Situation einen Trainer, der 120 Prozent fit ist. Ich bin das leider nicht."

Dass Stevens seinen Job in Hoffenheim nicht bis zum Saisonende erfüllen kann, überrascht nicht - die Gründe und der Zeitpunkt verblüffen. Durch die schlimme 0:2-Heimniederlage am vergangenen Sonntag gegen Darmstadt 98 und angesichts des schrecklichen Tabellenbildes - fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz, sieben Zähler auf den rettenden 15. Rang - war Stevens stark unter Beschuss geraten.

Seit er Ende Oktober die Nachfolge des entlassenen Trainers Markus Gisdol angetreten hat, holte die Mannschaft in zehn Bundesligapartien lediglich acht Punkte und verärgerte das Publikum mit kreativarmen Kicks. Fanrufe nach einer Entlassung des hemdsärmeligen Coaches wurden lauter, während der Verein zögerlich-zurückhaltend auf die anhaltende Talfahrt reagierte. "Ein Trainerwechsel ist kein Thema", versicherte am Abend des Darmstadt-Desasters Hoffenheims Profifußball-Direktor Alexander Rosen. Noch am Dienstag, nach dem trainingsfreien Rosenmontag, beobachtete Huub Stevens die Übungen der Profis, und die Medienabteilung der TSG kündigte "Cheftrainer" Stevens für die turnusgemäße Pressekonferenz am heutigen Donnerstag an.

Beobachter gingen davon aus, dass der erfahrene Coach im "Endspiel" am Samstag beim Abstiegsvermeidungsmitkonkurrenten Werder Bremen eine weitere Chance erhält, um doch noch die Wende einleiten zu können. Bei einer Niederlage und dann acht Punkten Abstand zu Werder wäre Stevens nicht mehr vermittelbar gewesen, so die allgemeine Einschätzung. Mutmaßungen, bis Mittwoch, 15 Uhr, als bekannt gemacht wurde, dass Stevens’ Herz nicht mehr mitspielt.

Angedacht wird, dass A-Juniorentrainer Julian Nagelsmann, 28, nun sofort statt wie geplant erst im Sommer die Profimannschaft übernimmt. "Natürlich spielt er in unseren Überlegungen eine Rolle", bekannte Alexander Rosen. Nagelsmann ist noch bis Anfang März in der Ausbildung zum Fußballlehrer, doch mit einer Sondergenehmigung des DFB könnte er die TSG im Bundesliga-Abstiegskampf herzhaft anführen.

Die Trainingseinheit am Nachmittag leiteten erstmals die Co-Trainer Armin Reutershahn, 55, und Alfred Schreuder, 43. Ob die beiden Stevens-Vertrauten auch im "Sechs-Punkte-Spiel" in Bremen das Sagen haben, ließ Profifußball-Direktor Rosen offen. Dagegen schloss er aus, dass bis zum Saisonschluss ein Trainer "von außerhalb" verpflichtet werde. Zu Berichten, wonach sich am Mittwoch Klubeigner Dietmar Hopp mit Felix Magath in Walldorf getroffen habe, sagte Mediendirektor Christian Frommert auf RNZ-Nachfrage: "Völliger Unfug."