Im peruanischen Amazonas

Auf dem Fluss die Flora und Fauna bewundern

Iquitos, rund 1000 Kilometer nordöstlich von Lima, hat sich in den letzten Jahren zu einem kleinen Amazonas-Kreuzfahrtzentrum gemausert

22.04.2024 UPDATE: 22.04.2024 04:00 Uhr 4 Minuten, 14 Sekunden
Die frühen Morgenstunden sind die beste Zeit, im Regenwald Tiere zu beobachten. Sogar rosa Flussdelfine kommen hier vor. Foto: Getty

Von Karin Schmidt

Gegen Mittag setzen wir zur Landung in Iquitos an. Die Sonne späht ab und zu zwischen den zerrissenen Wolkenmassen hindurch und wirft ihre Strahlen über die Baumwipfel des scheinbar endlosen Regenwaldes. Zwischen diesem schlängelt sich das vielfach verzweigte dicke Band des Amazonas dahin. Ein Fünftel des weltweiten Süßwasservorkommens strömt über den Fluss, der 6400 Kilometer zum Meer zurücklegt.

Hintergrund

Infos: 

Anreise:Flug ab Amsterdam mit KLM via Lima mit anschließendem Inlandflug (z.B. LATAM) nach Iquitos, weiter per Auto nach Nauta zur Einschiffung auf die Aria Amazon.

Beste Reisezeit: Zwischen Mai und

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Infos: 

Anreise:Flug ab Amsterdam mit KLM via Lima mit anschließendem Inlandflug (z.B. LATAM) nach Iquitos, weiter per Auto nach Nauta zur Einschiffung auf die Aria Amazon.

Beste Reisezeit: Zwischen Mai und November, da der Flusspegel tief ist und es weniger Moskitos gibt.

Amazonas Flusskreuzfahrt: Promperu und Aqua Expeditions. Kreuzfahrten auf der "Aria Amazon" mit 3, 4 oder 7 Übernachtungen ab ca. 4000 Euro pro Person. $2,880 per adult bis $6,384 per adult

Weitere Infos: www.peru.travel , www.aquaexpeditions.com 

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Iquitos, rund 1000 Kilometer nordöstlich von Lima, hat sich in den letzten Jahren zu einem kleinen Amazonas-Kreuzfahrtzentrum gemausert. Die Stadt mit mehr als 400.000 Einwohnern – einst Zentrum des Kautschukexportes – ist nur per Boot und Flugzeug erreichbar. Zwei Flugstunden trennen Iquitos, wo es fast jeden Tag regnet, von der peruanischen Hauptstadt, wo praktisch nie Regen fällt. Mit dem ersten Schritt aus dem Flugzeug bekommt man das tropische, feuchte Klima zu spüren.

Das Miniabenteuer beginnt mit der Fahrt ins 100 Kilometer entfernte Nauta. Dort am Ufer des Marañon liegt die "Aria Amazon", die uns ins Naturreservat Pacaya Samiria bringen wird. Seit 2011 dringt das luxuriöse Expeditions-Kreuzfahrtschiff auf drei-, vier- und siebentägigen Flusskreuzfahrten in die Tiefen des peruanischen Amazonas vor.

"Willkommen im Dschungel", begrüßt uns Kreuzfahrtdirektorin Fiorella, mit einem innigen Händedruck und einem Lächeln auf den Lippen, als würden wir uns wieder treffen. Ich bin überrascht, wie viel Luxus es hier gibt: ein Restaurant mit High-Class-Gastronomie, eine Lounge samt Bar, einen Massagesalon, eine Boutique, einen Fitness-Raum und ein Whirlpool auf dem Sonnendeck. Die 27 Crewmitglieder sind ein eingespieltes Team und kennen jeden Gast beim Namen. Beim Betreten meiner Luxuskabine – es gibt insgesamt nur 16 Suiten – überraschen die großen Panoramafenster. Der wahre Schatz ist hier jedoch die Natur. Denn das Schauspiel, das sich beim Blick vom Bett aus über den Fluss bietet, ist einmalig.

In der Nacht gleitet die "Aria Amazon" in Richtung Zusammenfluss des Rio Marañon und des Rio Ucayali, dort, wo der Amazonas entspringt und von da aus 4000 Kilometer bis zu seiner Mündung zurücklegt, 700 davon in Peru. Kurz vor Tagesanbruch stoppen die Motoren. Zähflüssiges Braun wälzt sich langsam am Schiff vorbei, am Ufer wachsen die Bäume dicht und hoch. Grüne Büschel von exotischen Pflanzen werden vom schwerfälligen Strom mitgerissen, kleine Äste und riesige Baumstämme schaukeln wie Spielzeugboote auf den Wogen des Amazonas.

Amazonenpapagei. Foto: Kirchgessner

Eine Stunde später brechen wir auf. Draußen ist es schwül, wir tragen lange Kleidung, sind ausgerüstet mit Kameras und eingehüllt in eine Anti-Brumm-Wolke. Mit geübten Handgriffen lässt die Besatzung die vier motorisierten Beiboote herunter. Die "Skiffs" bieten Platz für acht Gäste und wurden extra für die acht Millionen US-Dollar teure Aria Amazon gebaut. Schwimmwesten werden übergestreift und schon rauschen die Motorboote in die Weiten des Amazonas im Naturreservat Pacaya Samiria. Zwei Millionen Hektar groß ist der 1940 gegründete Nationalpark. Die Auflagen in naturgeschützten Gebieten sind hoch. Diese Exklusivität hat ihren Preis – mit bis zu rund 1000 Euro am Tag muss man als zahlender Gast rechnen.

"Zwischen sechs und acht Uhr morgens ist die beste Zeit, um die erwachende Welt des Amazonas zu erleben", erklärt Roger. Der 46-jährige Dschungelführer ist wie seine drei Kollegen im Amazonas aufgewachsen und zeigt Gästen der "Aria Amazon" die verzweigte Landschaft des wasserreichsten Flusses der Erde. Es gibt mehr als eine Million Tier- und mindestens 40.000 Pflanzenarten im Amazonas. Und Roger hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns so viele wie möglich zu zeigen und uns für ihre Schönheit zu sensibilisieren.

Am Nachmittag besuchen wir eine Dorfgemeinschaft. Viele von ihnen sind Indigene, Nachfahren der Ureinwohner vom Volk der Kukama. Unscheinbar, geradezu unspektakulär wirkt das Dorf Soltento mit seinen einstöckigen Holzhäusern auf Stelzen, deren leuchtend rote, türkise, pinke, grüne und blaue Anstriche wahrscheinlich nicht einmal die nächste Regenzeit überdauern. Kinder in westlicher Kleidung laufen barfüßig über die matschigen Wege. In einer der Hütten stehen Frauen um eine Feuerstelle. Es riecht nach Fisch, der in Bananenblätter gerollt auf dem Feuer brutzelt. Für die Einwohner sind wir eine höchst willkommene Abwechslung zum Alltag. Aqua Expeditions arbeitet mit rund 22 einheimischen Gemeinden zusammen. Die Idee ist, dass Reisende nicht nur die Flora und Fauna des Amazonas kennenlernen, sondern auch seine Menschen. Wie sie leben, wovon sie leben, was sie gerne essen. Und es ist eine Gelegenheit, den Kindern Bleistifte und Notizbücher mitzubringen, die sie in der Schule brauchen. Nach anfänglicher Schüchternheit singen sie für uns ein Lied in der Sprache der Kukama, die neben Englisch auf dem Lehrplan steht.

Es ist Mittag, die abgemagerten Hauskatzen haben sich ins Hausinnere verzogen, wo Fernseher einen ebenso exponierten Platz einnehmen wie in europäischen Haushalten. Noch lange beschäftigen mich die Menschen am Fluss, die geduldig mit seinen Launen leben und die Angst um ihre Heimat haben. Denn der Marañón ist in Gefahr. Die peruanische Regierung plant eine Kaskade von über zwölf Großstaudämmen an ihm zu errichten. Ein wilder Fluss würde praktisch in ein stehendes Gewässer verwandelt. Die Konsequenzen wären für alle fatal.

Bei einer Nachtexkursion trifft man unter anderem auf Kaimane. Foto: Kirchgessner

Das Ufer zieht in hübscher, tropengrüner Eintönigkeit vorbei. Ibisse lauern in der Böschung. Nach einer Weile biegt das Boot rechts in den Río Ucayali. Und bald darauf stößt die erste Rückenflosse aus dem braunen Wasser. Roger ist zufrieden. Unser Guide lächelt triumphierend, die Amazonasdelfine, die auch Boto genannt werden, wollte er uns unbedingt zeigen. Anders als die springenden Meeresdelfine wirken die Flussverwandten eher träge und scheu, sie aalen sich genüsslich in den strömungsarmen Bereichen dieses Seitenarms. Einzigartig ist, dass die älteren Amazonasdelfine eine rosa Hautfarbe haben. Bei ihrer Geburt haben die Tiere eine graue Hautfarbe, die sich im Laufe ihres Lebens zu rosa ändert, da die Haut dünner wird und die Blutadern durchschimmern. Die Einheimischen jagen sie nicht, sie respektieren sie. Alex, einer der Führer erzählt, dass der rosa Delfin ein mythisches Tier ist. Nachts verwandelt er sich in einen blonden Jungen, der auf der Suche nach einer Freundin durch die Dörfer geht. Auf unseren Exkursionen begegnen wir auch immer wieder Fischern in schlanken Holzbooten, die uns grüßen.

Auf der Nachtexkursion hat Roger ein Paar orange-rote Augen im Schilf entdeckt. "Ein Kaiman", flüstert er. Da und dort blitzt etwas auf, das Licht reflektiert in den Augen nachtaktiver Tiere. Über uns spannt sich der Nachthimmel mit dem Kreuz des Südens und unzähligen anderen Sternen. Die Geräuschkulisse hat zugenommen, Zikaden, Frösche und Kröten lärmen um die Wette. "Die meisten Tiere im Dschungel sind dämmerungs- oder nachtaktiv", erklärt Roger. Manche Tiere wie Affen, Wasserschweine und Tapire machen sich auf Futtersuche, andere wie Eulen, Jaguare und Anacondas auf die Jagd. Blitzschnell greift Roger ins Wasser und zieht den kleinen Kaiman aus der Dunkelheit. Nach den geschossenen Fotos legt er ihn behutsam zurück. Seine Liebe zur Natur ist spürbar.