Neues Hoffenheimer Selbstbewusstsein: "Wir gehen definitiv nicht runter"

Julian Nagelsmann hat neues Leben in den Verein gebracht - Teamplayer Tobias Strobl ist nun vom Nichtabstieg der TSG überzeugt

22.02.2016 UPDATE: 23.02.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Haut sich immer für das TSG-Team rein: Tobias Strobl, hier gegen den Mainzer Yunus Malli (l.). Foto: Imago

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Für die meisten Experten wirkte es am Wochenende so, als sei die TSG 1899 Hoffenheim beim spektakelreichen 3:2-Heimsieg über den FSV Mainz 05 in den Jungbrunnen gefallen. Dank Julian Nagelsmann natürlich, den mit 28 Jahren jüngsten Bundesliga-Trainer aller Zeiten. Doch so komplex und überladen die trainingsmethodische, taktische, statistische und fast wissenschaftliche Seite mitunter erscheinen mag, im Kern ist eine Mannschaftssportart wie Fußball doch ganz einfach: Man muss ein Tor mehr schießen als der Kontrahent - und dazu wiederum bedarf es einer Mischung aus Entschlossenheit, Mut und Selbstvertrauen. "In unserer Mannschaft steckt wieder brutal viel Leben drin", sagte Mittelfeldmann Tobias Strobl in der Mixed Zone.

Diese Worte kamen nicht aufgesetzt, sondern authentisch rüber. Der 25-Jährige kann Situationen realistisch einordnen - und er verfügt über eine gesunde Selbsteinschätzung. Vor Saisonbeginn wollte sich Strobl als Stammkraft etablieren, möglichst auf der Sechserposition, doch er wusste um die Konkurrenz, sah sich eher "in der Rolle des Herausforderers" gegenüber Pirmin Schwegler, Eugen Polanski und Sebastian Rudy. Auch weil seine viel gepriesenen Qualitäten als Allrounder gleichermaßen zu Last und Lust wurden. Strobl agierte mal als rechter Außenverteidiger, mal als Innenverteidiger oder mal im defensiven Mittelfeld. Deshalb wagte Ex-TSG-Trainer Markus Gisdol den Spruch, seiner Mannschaft stünden "sechs Strobls" gut zu Gesicht. Frotzeleien seiner Teamkollegen waren ihm seinerzeit gewiss. Gisdol meinte damit den Typ von Spieler, den der gebürtige Münchner verkörpert: Ehrgeizig, zweikampfstark, flexibel und intelligent. Ein Teamplayer. Ein Mann ohne Starallüren. Ein Familienmensch, der im Golfen einst Bayerischer U-15-Meister wurde und den der frühe Tod seines Vaters 2009 vorübergehend aus der Bahn geworfen hatte. Deshalb das Tattoo auf dem rechten Arm mit dem tiefgründigen Satz: "Gott holt sich seine Engel wieder, die er auf die Erde gesetzt hat."

"Tobi" Strobl, der 2011 vom damaligen TSG-Manager Ernst Tanner von 1860 München in den Kraichgau gelotst wurde, ist nach einer Leihe zum 1. FC Köln (2012/13) zu einer der wenigen Konstanten in Hoffenheim geworden. Gisdol und Manager Alexander Rosen hatten ihn überzeugt, nach Nordbaden zurückzukehren. Ob Gisdol oder jüngst Huub Stevens, beide Trainer hatten Strobl auf dem Schirm. "Er gehört zu der Art von Spielern, die gerne von vielen Beobachtern etwas unterschätzt werden, aber seine Einsatzstatistiken unter allen Trainern zeigen, welchen Stellenwert er bei uns genießt", beschreibt Rosen das Standing von Strobl, "darüber hinaus ist er ein super Typ, dessen Wort in der Mannschaft Gewicht hat und der zudem durch seine Vielseitigkeit auf dem Platz besticht."

Dem 1,86 Meter großen Wahl-Heidelberger könnte unter Nagelsmann der endgültige Durchbruch gelingen. Sowohl in Bremen als auch zu Hause gegen Mainz überzeugte Strobl im kompakten Mittelfeld. Trainer Nagelsmann, der gestern an der Sporthochschule in Hennef seine Abschlussklausur in Fußball-Lehre schrieb und am Mittwoch das Fach Ernährungslehre beackert, hat seine taktische Flexibilität bereits nachgewiesen, die er "jeweils optimal auf den Gegner anpassen" möchte. Mit Kaderabek, Ochs, Rudy, Amiri, Uth, Vargas und Volland bot der viel beachtete Coach gleich sieben offensivstarke Kräfte gegen Mainz 05 auf. Einen wie Strobl, der ebenfalls sein Spiel nach vorne enorm verbessert hat, braucht Nagelsmann - schon aus Gründen der Balance.

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Das Modell der vorwiegend stabilitätsfördernden Doppelsechs scheint somit überholt. Eugen Polanski, dem in der Winterpause Abwanderungsgedanken ins Riesenreich China nachgesagt wurden, aber auch der etatmäßige Kapitän Pirmin Schwegler könnten es wegen ihrer Spielweise schwer haben, in die Stammelf zurückzukehren.

Offensiv-Wucht, Tempofußball, hohe Laufbereitschaft, Spielwitz, Kreativität - all diese Elemente gehören zur Hoffenheimer DNA. "Die Köpfe sind wieder frei", fasste Strobl die überfällige Trendwende zusammen, "Julian sagt uns, wir sollen einfach kicken." Strobls Vertrag läuft derweil im Sommer aus, er könnte ablösefrei wechseln. "Wir sind schon seit längerem mit Tobi in konkreten Gesprächen", sagt Rosen zur RNZ auf Anfrage.

Der Allrounder selbst ist von "Hoffes" Nichtabstieg ("Wir gehen definitiv nicht runter") felsenfest überzeugt. Eine Verlängerung der Liaison zwischen Verein und Spieler ist naheliegend. Gerade jetzt, wo die "TSG Nagelsmann" vom Rückwärts- in den Vorwärtsgang umgeschaltet hat - und das Baden im Jungbrunnen zu genießen beginnt …

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