Julian Nagelsmann: 90 Minuten Zukunftsmusik im Fernsehen

Erst sah Julian Nagelsmann das 3:1 seiner U19 im Stadion, dann sein kommendes Team im TV

08.11.2015 UPDATE: 09.11.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden

Daumen hoch: Noch gibt Julian Nagelsmann Hoffes Junioren die Kommandos. Foto: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Samstag, 12.57 Uhr: Hoffenheims Zukunft ist zurück in der Gegenwart. Julian Nagelsmann betritt den Rasen des Dietmar-Hopp-Stadions. Kaugummi kauend. In Trainingshose und Kapuzenpulli. So wie immer, wenn der 28-jährige Cheftrainer die A-Junioren der TSG 1899 Hoffenheim betreut.

Aufregende Tage waren und sind es für Nagelsmann, seit der Kraichgau-Klub vor zwei Wochen bekannt gegeben hat, seinen Nachwuchscoach im kommendem Juli zum jüngsten Bundesliga-Trainer aller Zeiten zu machen. Weil ausgerechnet in dieser Zeit die Junioren-Bundesliga eine vierwöchige Spielpause eingelegt hatte, wird sich im klugen Kopf des Mannes mit Einser-Abi vieles um die neue Aufgabe im kommenden Sommer gedreht haben. Der 3:1 (3:1)-Erfolg der Hoffe-Bubis gegen die SpVgg Greuther Fürth war für Nagelsmann die erste Etappe einer Abschiedstournee. Heraus aus dem Schatten der Jugendakademie, hinein ins Blitzlichtgewitter der Fußball-Beletage.

"Die U 19 ist sehr wichtig, aber natürlich mache ich mir auch Gedanken über meine neue Aufgabe", räumt Nagelsmann ein, schmunzelt und sagt: "Ich glaube allerdings, dass ich das ganz gut hinbekomme." Und man kann erahnen, warum seine Wegbegleiter ihm ein unbändiges Selbstbewusstsein attestieren. Der junge Familienvater, der 2010 vom TSV 1860 München als U 17-Co-Trainer nach Hoffenheim kam, ist von seinen Fähigkeiten überzeugt.

So sehr, dass er auf den ersten Blick arrogant erscheinen mag. Extrovertiert ist er, was sich abseits der Trainerbank auch mal im Kleidungsstil zeigen kann. Die Frage muss allerdings erlaubt sein: Ob man es ohne eine gewisse Portion Arroganz mit nicht einmal 30 Jahren zum Bundesliga-Trainer schaffen könnte?

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Noch heißen seine Schützlinge aber Stüber statt Süle, Posch statt Polanski. Und die machten ihre Sache gut. Meris Skenderovic (11.), Johannes Kölmel (17.), und Robert Janicki (25.) brachten die Nagelsmänner früh auf die Siegerstraße. "Die ersten 25 Minuten waren sehr gut, da haben wir nahezu das gespielt, was ich mir vorstelle", lobte der Chef. Dass die weiteren 65 Minuten nicht mehr ganz so überzeugend waren, zeigte schon des Trainers Aktivität an der Seitenlinie. Dreinull hin oder her - sitzend oder gar zurückgelehnt sieht man Nagelsmann eigentlich nie.

Stattdessen wird gestikuliert, sein Team verbal diszipliniert. Ein Szenenapplaus hier, ein Daumen hoch da. Und wenn dem leidenschaftlichen Motorradfahrer etwas gar nicht passt, dann geht ein Brüller durchs Stadion, der auch in der hintersten Tribünenreihe noch in aller Deutlichkeit zu verstehen ist. Nagelsmann, der Perfektionist, überlässt auch hier nichts dem Zufall. Mit einem Logopäden arbeitet er an der Lautstärke seiner Stimme. Für den Ernstfall.

Eine nicht alltägliche Situation war es für Nagelsmann, der noch bis März seinen Fußballlehrer macht: Da freut er sich gerade in Hoffenheim über den Sieg seiner Elf, als nur ein paar Kilometer weiter in Sinsheim, ein paar Minuten später sein neues Team aufläuft. Reden möchte der Erfolgsbesessene, dessen eigene Karriere bereits mit 20 Jahren durch eine Knieverletzung beendet wurde, über die 1899-Profis aber erst ab dem 1. Juli 2016. Es sei jetzt die Aufgabe von Huub Stevens und dem Team, die nötigen Punkte zu holen, um da unten rauszukommen: "Da möchten wir nicht unnötig Unruhe reinbringen."

Auch vom Stadion will er sich erst einmal fernhalten. Das 0:0 gegen die Eintracht wurde zu Hause vor dem Fernseher analysiert. Samstag, 15.30 Uhr: Für Julian Nagelsmann spielt Sky 90 Minuten lang Zukunftsmusik.

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