Hoffenheim sagt Europa ade

Nach dem 0:2 in Leverkusen ist für 1899 Hoffenheim der siebte Platz nicht mehr drin - Markus Gisdol: "Das war nie unser Ziel"

17.05.2015 UPDATE: 18.05.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden

Am Boden: Oliver Baumann hat den Freistoß von Hakan Calhanoglu (hinten rechts) ins Netz flutschen lassen. Stefan Kießling (2.v.l.) und Simon Rolfes reißen die Arme hoch. Foto: APF

Von Achim Wittich

Leverkusen. Schon wieder sah sich Markus Gisdol am frühen Samstagabend gezwungen, Aufklärungsarbeit zu leisten: "Das war nie unser Ziel, das lassen wir uns nicht aufsetzen. Unser Ziel war Platz acht bis zwölf", erklärte der Hoffenheimer Trainer zum x-ten Mal. Gerade hatte seine Mannschaft unterm Bayer-Kreuz in Leverkusen mit 0:2 (0:1) verloren und wird deshalb den siebten Tabellenrang, der zur Qualifikation für die Europa League berechtigt, nicht mehr erreichen können. Am kommenden Samstag, dem letzten Spieltag der 52. Bundesliga-Saison, müssten hierfür im direkten Duell Borussia Dortmund und der SV Werder Bremen Unentschieden spielen und gleichzeitig müsste die TSG den Hauptstadtklub aus Berlin mit elf Toren Unterschied bezwingen - dieses Fußball-Wunder wird ausbleiben.

Es hätte es beim Schildkröten-Rennen um den begehrten internationalen Wettbewerb - und damit um viel Geld und Reputation - beileibe keiner sensationellen Leistungen der Kraichgauer bedurft. Doch mit 15 erzielten Punkten in den bisherigen 16 Rückrundenbegegnungen weist Gisdol eine erschreckend schwache Bilanz 2015 auf.

Dabei hatte 1899 furios losgelegt und war in den ersten neun Auftritten ungeschlagen geblieben, hatte beachtliche 17 Zähler gesammelt. Erst am zweiten November des vergangenen Jahres gab es beim 1:3 in Gladbach erstmals eine Niederlage. Der Punkteschnitt seit diesem zehnten Spieltag beträgt exakt 1,0. Zur Erinnerung: Vor der Runde hatte der Verein immerhin knapp 20 Millionen Euro in neues Personal investiert.

Hintergrund

Baumann: Tolle Paraden, doch trotz der tollen Schusstechnik von Calhanoglu: Diesen Ball muss er halten.

Beck: Der Kapitän stand selbstkritisch Rede und Antwort. Eine durchschnittliche Vorstellung.

Strobl: Sah

[+] Lesen Sie mehr

Baumann: Tolle Paraden, doch trotz der tollen Schusstechnik von Calhanoglu: Diesen Ball muss er halten.

Beck: Der Kapitän stand selbstkritisch Rede und Antwort. Eine durchschnittliche Vorstellung.

Strobl: Sah beim 2:0 schlecht aus im Duell gegen Calhanoglu. Vergab in der Schlussminute eine hundertprozentige Gelegenheit.

Abraham: Besser als Nebenmann Strobl, ohne dabei zu glänzen.

Kim: Der Südkoreaner wirkt müde.

Polanski: Er ging wie immer kämpferisch voran, ist aber kein Mann für den besonderen Pass.

Schwegler: Hatte zehn Minuten vor dem Ende viele gute Optionen - und haute den Ball vorbei. Schwach.

Rudy: Völlig unauffällig nach einer Stunde ausgewechselt.

Elyounoussi: Hätte die TSG nach drei Minuten in Führung bringen können. Begann stark - und ließ stark nach.

Volland: Den Leverkusenern dürfte sein Auftritt gefallen haben. Im Abschluss aber auch ohne Fortüne.

Modeste: Gemeinsam mit Volland bester Hoffenheimer.

Salihovic: Nach seiner Einwechslung ohne Bindung zum Spiel.

Szalai: Spielte nur eine Viertelstunde. Kurz vor Schluss bei einem aussichtsreichen Konter mit schwachem Zuspiel auf Volland.

Amiri: Warf sich mächtig rein. awi

[-] Weniger anzeigen

"Das war ein Tick zu wenig, wir haben einfach zu viel hergeschenkt", sagte Torwart Oliver Baumann im Stadionbauch der BayArena. Der ehemalige Freiburger freute sich beim Blick auf die Fernsehbilder in der Mixed Zone über den Coup der ehemaligen Kollegen gegen die Bayern - und wäre doch am liebsten im Boden versunken.

Weltklasse hatte er den Freistoß von Leverkusen Kunstschützen Hakan Clahanoglu in der 23. Minute über die Querlatte gelenkt, dann ebenso überragend gegen Son (29.) pariert. Doch Torleute werden bekanntlich Wochenende für Wochenende in den größten Stadien der Welt und auf den kleinsten Kreisklassen-Plätzen von Helden zu tragischen Figuren. Sekunden vorm Halbzeitpfiff flatterte der Ball nach einem erneuten Calhanoglu-Freistoß aus fast 35 Metern auf Baumann zu und der 24-Jährige patzte wie schon zuletzt in Frankfurt - dieses 1:0 (45.) für bis dahin gute Hoffenheimer tat richtig weh.

Denn Gisdol, der auf den gelb-gesperrten Firmino verzichten musste, lag mit seiner Analyse der ersten 45 Minuten richtig: "Wir haben an unserem Maximum gespielt und waren die bessere Mannschaft." Doch schon bis zur Pause fehlten u.a. Elyounoussi (3.), zweimal Modeste (17./18.) und zweimal Volland (25./41.) vor Nationaltorwart Leno die letzte Entschlossenheit und Abgezocktheit. Das setzte sich fort, vor allem Schwegler (79.) und Strobl (90.) vergaben Riesenchancen.

Nach dem 2:0 durch Stefan Kießling (61.) hatte der Champions-League-Qualifikant allerdings endgültig in den Sparmodus umgeschaltet und Coach Roger Schmidt war hauptsächlich damit beschäftigt, seinem langjährigen Kapitän Simon Rolfes bei dessen Auswechslung in der 77. Minute stehende Ovationen der knapp 30 000 Fans zu ermöglichen.

Auch Rudi Völler brauchte keine Beruhigungspillen. Der stets auskunftsfreudige Weltmeister von 1990 und frühere Bundestrainer ging in der Schlussphase immer mal wieder zum TV-Gucken in den Innenraum: "Uns hat heute eine Durchschnittsleistung gereicht", meinte der Bayer-Sportdirektor lässig und freute sich ebenfalls mit den allseits beliebten Freiburgern.

Die RNZ-Nachfrage bezüglich der Spekulationen um eine Verpflichtung von Kevin Volland brachte "Ruuudi Nationale" kein bisschen aus der Ruhe: "Solche Spieler werden derzeit überall gehandelt, das ist Alltagsgeschäft." Laut seinem Hoffenheimer Kollegen Alexander Rosen gebe es immerhin Signale, dass der umworbene Marktoberdorfer vielleicht doch bei 1899 bleibt.

Im TSG-Lager war man sich darüber bewusst, nicht erst an diesem Tag eine große Möglichkeit vergeben zu haben, den bundesweit stets kritisch beäugten "Hopp-Verein" einen großen Schritt nach vorne zu bringen. "Vor allem die Spiele in Köln und Frankfurt waren ärgerlich, da haben wir ganz wichtige Punkte liegen lassen", meinte Andreas Beck und fügte an: "So kann man nicht nach Europa gehen." Der Spielführer stellte sich den Reporter-Fragen direkt nach dem Abpfiff. Schlüssige Erklärungen für das Leistungs-Auf und -Ab fand auch er nicht.

Ist es vielleicht einfach nur so, dass man sich in der Wohlfühloase am Zuzenhäuser "Schlösschen" zu schnell mit Mittelmaß zufrieden gibt?

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.