Die hässliche Fratze des schönen Spiels
Nach Hopp-Beleidigungen schickt "Hoffe" ein Anwaltsschreiben ab und fordert den DFB dringend zum Handeln auf
Von Joachim Klaehn
Heidelberg/Köln. Der Profifußball hat übers Wochenende seine hässliche Fratze gezeigt. Nicht nur im Flutlichtspiel am Freitagabend zwischen dem 1. FC Köln und der TSG 1899 Hoffenheim (1:1) kam es zu Entgleisungen, sondern eben auch am Samstagnachmittag bei den Partien Eintracht Frankfurt gegen den FC Augsburg (3:1) sowie im Abstiegskampf des Hamburger SV gegen Fast-Zweitligist SV Darmstadt 98 (1:2) brannte die "Hütte". Am Montag bestätigte der in Frankfurt ansässige Deutsche Fußball-Bund (DFB), dass der Kontrollausschuss gegen alle drei Heimvereine ermitteln wird. Köln, Frankfurt und Hamburg wurden zu zeitnahen schriftlichen Stellungnahmen aufgefordert.
Es ist keine Überraschung, dass die Hoffenheimer Verantwortlichen nachlegten. Die nicht zu tolerierenden Schmähungen gegen TSG-Mehrheitsgesellschafter Dietmar Hopp (76) - "Mutter: Hure. Vater: Nazi", so stand es auf einem der infamen Plakate - beschleunigten ein entschlossenes Vorgehen. "Hoffe" ließ ein entsprechendes Schriftstück von Christoph Schickardt aufsetzen, das den DFB auf Grund der Dringlichkeit und "neuen Dimension des Hasses" (Manager Alexander Rosen) zum Handeln auffordert. Der 62-jährige Schickardt, dessen Kanzlei in Ludwigsburg sitzt, gilt als ausgewiesener Spezialist im Sport- und Entertainmentrecht. Er hat u.a. Bundestrainer Joachim Löw, Hannovers Investor Martin Kind und Hakan Calhanoglu von Bayer Leverkusen vertreten.
"Wir erwarten, dass Recht und Gesetz durchgesetzt werden und die Person Dietmar Hopp geschützt wird", sagte TSG-Geschäftsführer Peter Görlich, der bereits in den Katakomben des Kölner Stadions angekündigt hatte, die verantwortungslosen Vorfälle nicht einfach hinzunehmen. Schickardts Schreiben wurde vom Hoffenheimer Gesamtverein, von der Spielbetriebs GmbH und von Hopp selbst unterschrieben.
Frankfurter Ultras hatten beim Heimerfolg gegen den FCA ein schlimmes Banner aufgehängt: "Für jedes Stadionverbot ... Bulle Tod!" Dies sei "abgrundtief beschämend", kommentierte Eintracht-Vorstandsmitglied Axel Hellmann die unsägliche Provokation und entschuldigte sich inzwischen bei der Polizei. Hamburger Fans setzten Pyrotechnik und Rauchtöpfe ein, weshalb das Spiel kurz nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Sascha Stegemann für drei Minuten unterbrochen werden musste. "Da haben die Fans wohl etwas falsch verstanden", reagierte HSV-Kapitän Gotoku Sakai ungehalten. Markus Gisdols Vorzeigeprofi hatte zuvor in einem Offenen Fanbrief an die hartgesottenen HSV-Getreuen appelliert, alles für die Stimmung zu tun. Verrückt ...
Nach Eingang der Stellungnahmen des "Effzeh", der Eintracht und des HSV könnte der DFB-Kontrollausschuss unter seinem Vorsitzenden Anton Nachreiner tätig sein und strafrechtliche Schritte einleiten, sofern die Täter, "Brandstifter" und Hetzer identifiziert werden können. Ohnehin fragt man sich als neutraler Beobachter, wie großflächige Transparente oder Rauchtöpfe trotz Einlasskontrollen ins Stadioninnere gelangen? Sind die "Schmuggler" cleverer als der Ordnungsdienst?
In Zeiten von Eskalationen, radikalen Sprüchen und üblen Beleidigungen wie etwa gegen Förderer Hopp helfen nur Sanktionen und Grenzziehungen. TSG-Trainer Julian Nagelsmann wählte in der Domstadt einen Duktus, den die Randalierer verstehen: "Die Leute müssen mal nachdenken, ob ihnen allen der Helm brennt? Da sprengt einer einen Bus in die Luft, warum auch immer, zwei Tage später wird der HSV-Bus (Anm. der Red.: Von Werder-Fans) mit Farbbeuteln beschmissen, du fährst ins Stadion, und jeder zeigt dir den Mittelfinger."
Der "Mob" darf nicht triumphieren. Zumal der allergrößte Teil der Zuschauer, ob in der Bundes- oder Kreisliga, sich einfach am schönen Spiel erfreuen möchte - wie zum Beispiel an dem der "Nagelsmänner".