Hoffenheim gegen Dortmund: Denn sie wissen nicht, was sie fühlen
Ein mitreißendes 1:1 zwischen der TSG Hoffenheim und Borussia Dortmund hält die Spannung im "Kampf um Europa" hoch
Von Joachim Klaehn
Sinsheim. 93 Minuten lang hohe Intensität, 93 Minuten lang aufopferungsvoller "Kampf um Europa", zufriedene Zuschauer im mit 30.150 Zuschauern ausverkauften Haus, doch beim Après in den Katakomben hatten die Hauptprotagonisten so ihre liebe Mühe und Not in der Einordnung eines fulminanten 1:1 (1:1), das weder der TSG 1899 Hoffenheim noch Borussia Dortmund nutzte, sondern in Werder Bremen einen lachenden Dritten fand.
Hintergrund
Einzelkritik
Baumann: Einfach klasse. Immer zur Stelle, wenn es brandgefährlich wurde.
Toljan: Verbessert gegenüber dem Hannover-Spiel. Entschlossener.
Abraham: Wenn er hundertprozentig
Einzelkritik
Baumann: Einfach klasse. Immer zur Stelle, wenn es brandgefährlich wurde.
Toljan: Verbessert gegenüber dem Hannover-Spiel. Entschlossener.
Abraham: Wenn er hundertprozentig fit ist, dann ist er unersetzlich. Der Einzige, der "Speedy" Aubameyang Paroli bieten konnte. Musste wegen eines Wadenkrampfes (81.) raus.
Bicakcic: Einwandfrei - ohne Theatralik. Der "Eisen-Ermin" ist zurück.
Beck: Mit die besten Zweikampfwerte. Seine Präsenz zahlte sich aus.
Volland: Fleißig. Spielte Schmelzer beim 1:0 auf dem Bierdeckel schwindlig. Feierte seinen siebten Saisontreffer ausgiebig mit einer Revolverheld-Geste.
Schwegler: Assist auf Volland. Zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk.
Polanski: Der Gott des Gemetzels im Mittelfeld. Regisseur des Spielfilms.
Firmino: Lauffreudig. Wuchtiger Kopfball an den Querbalken (62.).
Szalai: Ein Schussversuch. Viel unauffälliger als Sturmpartner Modeste.
Modeste: Machte eigentlich (fast) alles richtig. Dynamisch, durchschlagskräftig - aber leider ohne segensreichen Torabschluss. Dommage!
Schipplock (für Modeste), Kim (für Abraham) und Salihovic (für Schwegler): Alle drei ohne Bewertung. jog
"Schwierig einzuschätzen, weil man gar nicht so den Durchblick hat, was am Ende reicht", drückte TSG-Mittelfeldmann Pirmin Schwegler die Gefühlslage treffend aus, "aber der Auftritt gibt uns Mut für die letzten drei Spiele." Ähnlich argumentierte BVB-Kapitän Mats Hummels in der Mixed Zone über den verpassten Sieg und Sprung auf Platz sieben: "Es ist leider nur der Konjunktiv."
Denn sie wissen nicht, was sie fühlen (sollen) - am Ende galt dies für beide Kontrahenten. "Wir haben nur noch etwas zu gewinnen", sagte TSG-Manager Alexander Rosen vor dem Saisonausklang in Frankfurt und Leverkusen sowie zu Hause gegen Hertha BSC. "Idealerweise schnappen wir euch noch", kündigte Dortmunds Kulttrainer Jürgen Klopp breit grinsend an, was die Antwort seines Hoffenheimer Amtskollegen Markus Gisdol geradezu herausforderte: "Beide Mannschaften hätten den Sieg verdient gehabt. Wir werden auf dieser Leistung aufbauen, damit sich Jürgens Wunsch nicht erfüllt."
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Fast immer, wenn "Hoffe" und der BVB aufeinander treffen, kommt für die jeweiligen Fangruppen eine unterhaltsame Fußballparty dabei heraus. Das Unentschieden zur Pause war am Samstag für die Schwarz-Gelben allerdings schmeichelhaft. Die TSG verzeichnete zunächst ein klares Chancenplus, versäumte es allerdings, mehr Kapital daraus zu schlagen.
Immerhin gelang es Kevin Volland, Marcel Schmelzer im Strafraum mit einer Körpertäuschung auszutanzen und spektakulär zum 1:0 (33.) einzunetzen. Bitter für Hoffenheim, dass nach Mkhitaryans Ecke Hummels zum Ausgleich (35.) gegen drei TSG-Akteure (Toljan, Bicakcic und Szalai) per Kopf einnickte. Noch bitterer, dass es die erste Gelegenheit des BVB überhaupt war, dabei Pierre-Emerick Aubameyang im Abseits stand und somit Keeper Oliver Baumann die Sicht versperrte, was das Schiedsrichter-Gespann um Dr. Jochen Drees übersah.
Wie er den Treffer von Hummels beurteile, wurde Gisdol gefragt. Was er denn gesehen habe, stellte der TSG-Cheftrainer die Gegenfrage an den jungen Radioreporter. "Der Ball war drin", sagte dieser, was "Kloppo" vor sich hin grummelnd und lächelnd zu der Bemerkung veranlasste: "Darum geht’s im Fußball!" Gisdols Aufklärung in schärferem Ton: "Die Abseitsregel gibt es auch noch. Das ist entscheidend - also hätte das Tor nicht gelten dürfen."
Der Dramaturgie tat der irreguläre Treffer in der Folgezeit eher gut. In der zweiten Hälfte sah das Publikum ein mitreißendes Duell, das risikofreudig, ja leidenschaftlich von beiden Seiten geführt wurde. Sowohl die TSG als auch der BVB drängten auf die Entscheidung. Sprintstar Aubameyang (64.) zielte knapp daneben, was Gisdol originell kommentierte: "Er ist einfach unfair schnell." In der Schlussphase hatten die Westfalen den Sieg auf ihren Füßen, doch "Hexer" Baumann rettete die Hausherren mit herausragenden Reflexen erneut gegen Aubameyang (84.) und Immobile (88.) vor weiterem Ungemach.
Neben der ähnlichen Spielanlage wurde am Samstag für jedermann im Stadion sichtbar, welche zusätzliche Parallele die Rivalen um einen Europa-League-Platz verbindet. Es ist beidseitig das Dilemma der verpassten Möglichkeiten. "Wir sind leider noch nicht Europa-League-reif im Verwerten der Großchancen", bewertete Rosen den aktuellen Leistungsstand und gab gleichzeitig die Marschroute aus, "wir sind jetzt ein bisschen in der Position des Jägers. Wir werden alles versuchen, dass wir die Jagd erfolgreich gestalten."
TSG-Kapitän Andreas Beck geht wie alle Hoffenheimer mit einer gesunden Portion Optimismus in das Saisonfinale: "Ab sofort ist jedes Spiel ein Endspiel - nicht nur für uns." Mal schauen, wer sich am Abend des 23. Mai wie fühlen darf.