Hoffenheim gegen Bayern: Wie Untertanen vor einem Alleinherrscher

Die Hoffenheimer verteidigen ihre defensive Haltung bei der 0:2-Niederlage gegen stark ersatzgeschwächte Bayern

19.04.2015 UPDATE: 20.04.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden

Vielflieger ohne Bonusmeilen: Hoffenheims Torhüter Oliver Baumann ist gegen Sebastian Rodes Kunstschuss zum 1:0 für die Bayern chancenlos. Foto: APF

Von Frank Enzenauer

Sinsheim. Die vier Sterne über dem Bayern-Wappen blenden sogar, wenn die Trikotträger Mitchell Weiser oder Gianluca Gaudino heißen - und nicht Franck Ribéry oder Arjen Robben. Als gäbe es einen kaiserlichen Erlass, sich klein machen zu müssen vor dem Rekordmeister, ehrfürchtig und huldigend aufzutreten, wie Untertanen vor einem Alleinherrscher. Fast duckmäuserisch wirkten die Hoffenheimer bei der 0:2 (0:1)-Niederlage gegen die personell arg geschwächte Führungsmacht der Bundesliga, ohne Zutrauen in eigene Fähigkeiten. Doch Kritik am verzagten Spiel empfanden die Verlierer unerhört. "Wenn du zu schnell aufmachst, dann spielen sie dich schnell kaputt", verteidigte Hoffenheims Trainer Markus Gisdol seine diesmal vorsichtige Taktik und behauptete: "Egal, wer bei Bayern München aufläuft, es ist immer die beste Mannschaft in der Liga. Wenn du da zu mutig bist, dann kriegst du ganz schnell einen auf den Latz und holst fünf, sechs Eier aus dem Nest."

Toreverhinderung war also angesagt, und die Spieler folgten brav ihrem Trainer. "Kennen Sie die Tabelle?", entgegnete Mittelfeldrackerer Eugen Polanski einem Fragesteller, der sich traute, die defensive Haltung der TSG 1899 zu benennen. Polanski hatte an diesem Samstag eine exklusive Sicht des wenig aufregenden Spielfilms - er sprach von "drei hundertprozentigen Torchancen" in der ersten Halbzeit. Die 30 150 Zuschauer in der ausverkauften Rhein-Neckar-Arena sahen freilich weniger. Sie waren, sofern TSG-Fans, zum Jubel bereit, als Anthony Modeste einsam vor Manuel Neuer auftauchte, aber am Bayern-Keeper scheiterte (30. Minute). Und zürnten dem Schiedsrichter, weil der ein Foul von Sebastian Rode im Strafraum an Polanski nicht ahndete (42.). Das war’s. Weltmeister Mario Götze wunderte sich: "Ich hätte nach unserem 1:0 erwartet, dass die mehr Druck machen ..."

Ein verlorener Tag war’s. Denn eigentlich hatte Hoffenheim nie bessere Karten gehabt, um die Bayern - erstmals - zu bezwingen. Ohne vier Grands, die verletzten Ribéry, Robben, Lahm und Schweinsteiger, sowie ohne Ass Alaba mussten sie auskommen, zudem schonte Trainer Pep Guardiola zunächst Thiago und Boateng für das (viel wichtigere) Viertelfinalrückspiel in der Champions League gegen den FC Porto am morgigen Dienstag. Doch Bayerns B-Elf hielt sich schadlos in Sinsheim, verwaltete den 1:0-Vorsprung durch einen Kunstschuss des starken Rode (38.) schier mühelos und gut organisiert und freute sich am Ende, dass ihnen das zweite Tor netterweise geschenkt wurde: Hoffenheims Kapitän Andreas Beck grätschte in der Nachspielzeit eine Hereingabe von Thomas Müller über die Linie.

Hoffenheim im April: Die Mannschaft ohne Mut, die Fans ohne Wut. In der Südkurve wurde nicht gepfiffen - Applaus gab’s dort sogar, blau-weiße Fahnen wurden geschwenkt, Konfettiregen fiel herab. Offenbar sind sie rund ums Dorf genügsam geworden. Ein 0:2 gegen die Bayern wird so gelassen zur Kenntnis genommen wie die Ergebniskrise in der Rückrunde. Drei Siege, zwei Unentschieden und sieben Niederlagen stehen 2015 zu Buche - irre Liga: der Achte mit einer Bilanz eines Abstiegskandidaten.

"Hoffenheim will Europa League spielen", sagte Bayern-Trainer Guardiola nebenbei. Bloß merkt man es Hoffenheim nicht an. Alles nur Taktik?

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