Hoffe gegen Hannover: Nur Angst vor einem Rudel Wölfe

Wie Frontzeck in seiner Fünf-Spiele-Mission mit Hannover 96 den Klassenerhalt schaffen will

24.04.2015 UPDATE: 25.04.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

Krisengespräch: Hannovers neuer Trainer Michael Frontzeck und Kapitän Lars Stindl, der in der kommenden Saison für Borussia Mönchengladbach spielen wird. Foto: Imago

Von Frank Hellmann

Hannover. Angst? Hat Michael Frontzeck angeblich nur vor ansteckenden Krankheiten oder einem Rudel Wölfe. "Im Fußball sollte Angst keine Rolle spielen." Der neue Trainer von Hannover 96 gibt sich also für das heutige Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr) ganz furchtlos.

Hintergrund

"Hoffes" Lieblingsgegner: 1899 Hoffenheim war in der Bundesliga mit acht Siegen und 29 Toren gegen kein Team so erfolgreich wie gegen Hannover 96. Und dreimal trat Markus Gisdol bislang als TSG-Trainer gegen Hannover an, dreimal siegte

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"Hoffes" Lieblingsgegner: 1899 Hoffenheim war in der Bundesliga mit acht Siegen und 29 Toren gegen kein Team so erfolgreich wie gegen Hannover 96. Und dreimal trat Markus Gisdol bislang als TSG-Trainer gegen Hannover an, dreimal siegte "Hoffe".

Duell der Schwächelnden: Hannover ist seit 13 Spielen sieglos, Hoffenheim verlor die letzten vier Pflichtspiele.

Polanskis 200. Einsatz: Mittelfeldspieler Eugen Polanski, 29, steht vor seinem 200. Bundesliga-Spiel. 68 Partien bestritt er für Hoffenheim, 87 für Mainz und 44 für Gladbach.

Beck und Volland fehlen: Wegen einer Gelbsperre müssen 1899-Kapitän Andreas Beck und Angreifer Kevin Volland in Hannover pausieren.

Es sagte: "Fast schon schockierend früh ist er auf dem Trainingsgelände." (Dirk Dufner, Manager von Hannover 96, über die Arbeitsmoral des neuen Trainers Michael Frontzeck).

So könnten sie beginnen: Hannover 96: Zieler - Pereira, Marcelo, Schulz, Pander - Andreasen, Sané - Stindl, Prib - Ya Konan, Joselu / 1899 Hoffenheim: Baumann - Toljan, Strobl, Bicakcic, Kim - Rudy, Schwegler, Polanski - Zuber, Firmino - Modeste / Schiedsrichter: Perl (Pullach) enze

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Frontzeck, um den es nach einem im November 2013 unschön geendeten Engagement beim Zweitligisten FC St. Pauli ziemlich still geworden war, hat an seinem neuen Arbeitsplatz eine ganze Reihe ähnlicher Phrasen präsentiert.

Aber vielleicht kommt es bei den Niedersachsen auch gar nicht auf wohlfeile taktische Übungsformen oder hochtrabende Matchpläne an - davon hatte Trainer Tayfun Korkut, der anfangs gerne seine Bekanntschaft zu den Weltmeistertrainern Vicente del Bosque und Joachim Löw herausstellte, eher zu viel als zu wenig im Gepäck. Bei der in diesem Jahr noch sieglosen 96-Mannschaft geht es darum, schnell ein Erfolgserlebnis zu feiern. Die eher banale Rhetorik, die der 51-jährige Retter für die finalen fünf Spiele mitbringt, muss dabei kein Hinderungsgrund sein.

Erst einmal können sich die Spieler nicht mehr auf dem Alibi ausruhen, die andauernde Unruhe um ihren noch unerfahrenen Trainer - der im Zwei-Wochen-Rhythmus zwischen Arbeitsplatzgarantie, Fast-Entlassung und Punkte-Forderung hin- und hergeschoben wurde - führe zur Ablenkung. Frontzeck will eine "gute Grundstimmung" ausgemacht haben: Gegen Hoffenheim soll unter dem Gute-Laune-Fußballlehrer gleich ein Heimsieg herausspringen. Denn anschließend beim Nachbarn VfL Wolfsburg einen Dreier zu erwarten, klingt vermessen.

Zuletzt hatte Hannover allenfalls gute Ansätze zu bieten, doch irgendwann stand sich das Team in fast jedem Spiel selbst im Wege. "Wir werden jetzt nicht das System auf den Kopf stellen und elf neue Spieler reinwerfen", sagt Frontzeck. Der 19-fache Nationalspieler, der einst in seiner besten Zeit mit Verve die linke Flanke bei Borussia Mönchengladbach bearbeitete, wolle die Profis nicht überladen. Und es nütze nichts, wenn seine Mannschaft versuche, "das Stadion wegzureißen und den Kopf dabei ausschaltet." Er wolle ihre Stärken herauskitzeln. Und davon blieben zuletzt zu viele verborgen.

Rettig neuer Sportdirektor?

Auch die zusammen fast zehn Millionen Euro teuren Neuzugänge Joselu (kam von Hoffenheim) und Hiroshi Kiyotake (aus Nürnberg) funktionierten nicht wie erhofft. Dasselbe galt für die überforderten Korkut-Wunschspieler wie Jimmy Briand oder Ceyhun Gülselam. Dennoch sind sich alle einig: Dass der teuerste 96-Kader aller Zeiten - der Lizenzspieleretat soll bei rund 39 Millionen Euro liegen - in der Rückrunde nur fünf Punkte einsammelte, entspricht nicht dem wahren Leistungsstand. Aber das war ja auch ein Problem an der Leine: Noch im Wintertrainingslager im türkischen Belek drehten sich die Gespräche fast ausschließlich darum, wie die "Roten" nach 2011 und 2012 wieder in die Europa League kommen könnten.

Den mächtigen Präsident Martin Kind fuchst es innerlich gewaltig, dass der Profifußball nicht so planbar ist wie die Markwirtschaft, in der der 70-Jährige mit seinem aus Großburgwedel gelenkten Hörgeräteunternehmen (Kind-Gruppe) einen sagenhaften Aufstieg hinter sich hat. Eigentlich sollte auch Hannover 96 längst den Schritt von der regionalen zur nationalen Marke gemacht haben, aber nun geht’s mal wieder allein ums Überleben. "Sportlich wäre ein Abstieg eine Katastrophe", sagt Kind. Die wirtschaftlichen Folgen würden der Patron und seine Gesellschafter schon irgendwie abfedern. Hinter den Kulissen bastelt Kind längst an einer besseren Zukunft. Sportdirektor Dirk Dufner soll trotz eines bis 2016 laufenden Vertrags gehen, dafür wird der bestens vernetzte Andreas Rettig als meinungsstarker Nachfolger gehandelt, der nach seinem Ausscheiden bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verfügbar und nicht nur bei Kind hoch angesehen ist.

Auch das Kapitel Frontzeck wird mit Saisonende wohl beendet sein. Als Trainer für den langfristigen Aufbau wird an Kandidaten wie Jos Luhukay, André Breitenreiter oder Sascha Lewandowski gedacht.

Kurzfristig ist sicher hilfreich, dass der Graben mit den eigenen Anhängern zugeschüttet wurde. In dem ganzen Tohuwabohu ging am vergangenen Dienstag ja beinahe unter, dass Klubführung und aktive Fanszene in einer gemeinsamen Erklärung betonten, aufeinander zuzugehen. Der Neubeginn mit der vorübergehend zur zweiten Mannschaft abgewanderten Ultra-Szene soll dazu führen, dass in der Arena am Maschsee heute wieder echte Heimspiel-Atmosphäre herrscht. Auch das könnte die eine oder andere Blockade lösen. Und Angst soll ja ohnehin kein Thema sein.

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