Bayern-Arzt Müller-Wohlfahrt: Abschied mit Nebenwirkungen

Disput mit Guardiola führt zum Rücktritt des langjährigen Mannschaftsarztes Müller-Wohlfahrt

17.04.2015 UPDATE: 18.04.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden

H.-W. Müller-Wohlfahrt

Von Maik Rosner

München. Eine Frage sei gestattet, das war die Vorgabe. Nur eine Frage zum Rücktritt der Vereinslegende Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt (Foto: afp), der seit 1977 als Mannschaftsarzt des FC Bayern tätig war und weiterhin für die Nationalelf arbeitet. Am Donnerstagabend hatten er und sein eigentlich als Nachfolger vorgesehener Sohn Kilian sowie die Kollegen Peter Ueblacker und Lutz Hänsel ihren sofortigen Abschied verkündet und dabei auf ein "geschädigtes Vertrauensverhältnis" verwiesen.

Die medizinische Abteilung sei "aus ihnen unerklärlichen Gründen hauptverantwortlich gemacht" worden für die 1:3-Niederlage beim FC Porto, teilte Müller-Wohlfahrt mit. Bei allen Überhöhungen im Fußball, es ist diesmal wohl tatsächlich ein Erdbeben. Und es blieb natürlich nicht bei einer Frage.

Trainer Pep Guardiola hat auch mehrere Antworten gegeben, nicht nur jenes pflichtgemäße Statement zu Beginn, als er sagte: "Es war seine Entscheidung. Ich habe großen, großen Respekt vor ihm. Ich kann die Entscheidung nur respektieren. Das ist alles." Guardiola ließ mit seinen weiteren Einlassungen zu Müller-Wohlfahrts bisherigem Aufgabenbereich aber durchaus anklingen, was den Mediziner zu seinem überraschenden Schritt bewogen haben dürfte. Herauszuhören war: Den Trainer verband mit dem 72 Jahre alten Arzt nur ein großes Misstrauen.

Guardiolas weitere Worte ließen Raum für Interpretationen wie sein Verweis: "13 OPs in zwei Jahren, das ist unglücklich."

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Derzeit sind unter anderem die Offensivspieler und Leistungsträger Arjen Robben, Franck Ribéry und David Alaba verletzt. Guardiola soll sich immer wieder beklagt haben, dass sich die Genesungen zu lange hinziehen. Zudem missfiel ihm, dass Müller-Wohlfahrt nicht ständig auf dem Vereinsgelände präsent war, sondern die Profis in seiner Innenstadtpraxis behandelte.

Die Wucht, mit der Müller-Wohlfahrts unabgesprochener Entschluss den deutschen Meister erfasst hat, wird nachwirken, über Porto hinaus. Das konnte auch die eher dünne Pressemitteilung der kalt erwischten Bayern am Freitag genauso wenig kaschieren wie der Zusatz des Mediendirektors Markus Hörwick. "Mit Bedauern" habe der Verein die Entscheidung Müller-Wohlfahrts "zur Kenntnis genommen", hieß es, verbunden mit einem "ausdrücklichen Dank" für die "erstklassige Arbeit in den zurückliegenden Jahren". Hörwick ergänzte später: "Wir bedauern dies sehr, ausdrücklich", Müller-Wohlfahrt "war uns über viele Jahre lang ans Herz gewachsen".

Nach dem Spiel in Porto hatte Müller-Wohlfahrt nun genug. Wohl auch, weil er die Unterstützung des Vereins vermisste. Angeblich soll es nach der Partie zu einer Diskussion zwischen ihm und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, ein bekennender Guardiola-Fan, über Ribérys Ausfalldauer wegen der anhaltenden Beschwerden mit dem linken Sprunggelenk gekommen sein.

Bis ein Nachfolger gefunden ist, übernimmt Volker Braun, der Arzt der U 23. Doch Müller-Wohlfahrts Rücktritt dürfte den FC Bayern ohnehin noch länger beschäftigen. Anders als im Fall Jürgen Klinsmann, als der Arzt sein Amt zwischenzeitlich niederlegte und am Tag nach Klinsmanns Demission von Uli Hoeneß wieder zurückgeholt wurde, könnte es nun ein endgültiger Abschied sein. In jedem Fall aber einer mit Nebenwirkungen, der über Müller-Wohlfahrts Dissonanzen mit Guardiola hinaus ins gestörte Binnenklima beim FC Bayern weist. Angeblich erwägen auch Physiotherapeuten einen Abschied.

Für den Trainer könnte der nun eskalierte Disput noch Folgen haben, unbeschädigt wird er kaum daraus hervorgehen. Am Freitag sagte er: "Es war eine richtige Entscheidung, hierher zu kommen. Natürlich will ich nächstes Jahr hier bleiben." 2016 läuft sein Vertrag aus.

Müller-Wohlfahrt will sich erst zu gegebener Zeit näher äußern. Vor drei Jahren hatte er erklärt: "Ich kann energisch werden auf dem Spielfeld und sagen: Du kommst jetzt raus! Dann gebe ich das Zeichen zum Wechseln. Der Trainer weiß: So, da geht nichts mehr!" Guardiola war das offenbar nicht zu vermitteln. Und scheinbar auch dem Verein nicht mehr. 

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