1899 Hoffenheim U 23: Der Leitwolf aus dem Festnetz-Zeitalter

Marco Engelhardt soll den Spielern der Hoffenheimer U23 aufzeigen, "wie das Geschäft funktioniert"

28.07.2016 UPDATE: 29.07.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden

Der defensive Mittelfeldspieler Marco Engelhardt kam aus Halle zur TSG 1899 Hoffenheim II und ist Trainer Marco Wildersinns "verlängerter Arm auf dem Spielfeld." Foto: Imago

Von Michael Wilkening

Sinsheim. Marco Engelhardt ist 35 Jahre alt und beileibe kein alter Mann. Wenn er mit seinen Teamkollegen bei der TSG 1899 Hoffenheim II in der Kabine sitzt, bemerkt er aber doch, dass er keine 19 mehr ist. "Es hat sich einiges verändert", sagt er im Rückblick auf die Zeit, als er seine Profikarriere gestartet hat. In Hoffenheim ist er der Leitwolf, und um ihn herum sitzen Jungtiere, denen der ehemalige Bundesligaspieler möglichst viel Anleitung geben soll - auf und außerhalb des Fußballplatzes.

"Als ich in dem Alter wie die jungen Kerle war, musste man noch auf dem Festnetz anrufen und darauf hoffen, dass nicht die Eltern abheben, wenn man sich mit einem Mädchen verabreden wollte", sagt Engelhardt und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ein wenig fühlt es sich im Hoffenheimer Perspektivteam so an, als ob es da einen Papa gibt und ganz viele Kinder. "Ich habe in einer U 23 natürlich eine andere Rolle als bei meinen Profistationen. Ich möchte den jungen Spielern Hilfestellungen geben und ihnen aufzeigen, wie das Geschäft funktioniert", sagt der Mittelfeldspieler. Und weil die Talente aus der Hoffenheimer Schule nach den Eindrücken Engelhardts "alle klar im Kopf" sind, freut er sich auf die Aufgabe: "Die Jungs haben den Willen, das Talent und das Bewusstsein, welche Chance sie haben."

Weil ihn reizte, was die Hoffenheimer Verantwortlichen ihm als Perspektive aufzeigten, nahm Engelhardt Abstand von seiner ursprünglichen Planung. Eigentlich hatte er sich zum Ziel gesetzt, mit 34 mit dem Kicken aufzuhören. Wenn das erste Jahr in Hoffenheim vorüber ist, wird Engelhardt 36 Jahre alt sein - und ein Ende ist auch dann nicht garantiert. "Wir schauen grundsätzlich von Jahr zu Jahr", erklärt Engelhardt, der zunächst über TSG-Scout Michael Mutzel, einen ehemaligen Teamkollegen beim Karlsruher SC, Kontakt in den Kraichgau bekam.

Zuletzt hatte Engelhardt beim Halleschen FC in der 3. Liga gespielt, und weil Hoffenheim deutlich näher zu seiner Wahlheimat Karlsruhe liegt, passten private Sehnsüchte und sportliche Herausforderung gut zusammen. "Ich wollte mit meiner Familie auf jeden Fall nach Karlsruhe zurück", sagt der Thüringer, der in Bad Langensalza geboren wurde. In der Fächerstadt hat er sich inzwischen aber längst ein Standbein neben dem Fußball aufgebaut. Das Restaurant "Cantina Majolika" gehört zu den angesagtesten Adressen der Stadt und wurde vor zwölf Jahren von Engelhardt und einem Freund gegründet. Bald soll der "Bungalow", ein Club für private Veranstaltungen, das Angebot erweitern.

Das Standbein als Gastronomie-Betreiber steht aktuell an zweiter Stelle hinter dem Dasein als Fußballer, allerdings hat es Engelhardt davon abgehalten, sich in der Scheinwelt des Profifußballs zu verirren. Er hat sich einen kritischen Blick bewahrt. "Grundsätzlich ist es ein Traum, Profifußballer zu sein. Aber es ist nicht immer so glänzend, wie es scheint. Ich habe auch die Schattenseiten kennengelernt. Das Geschäft ist nicht immer ehrlich", lautet die Einschätzung nach 15 Jahren. Der Spaß am Sport ist ungebrochen, der differenzierte Blick auf die Szene aber hinzugekommen.

Vermutlich ist genau dieses Persönlichkeitsmerkmal nahezu ideal, damit Engelhardt bei den Hoffenheimern die Aufgaben erfüllen kann, die an ihn gestellt werden. "Marco hat Erfahrung und unheimlich lange auf hohem Niveau gespielt. Er soll das an unsere junge Mannschaft weitergeben und mein verlängerter Arm auf dem Feld werden", sagt der Hoffenheimer U 23-Trainer Marco Wildersinn. Für das junge Team der TSG, auch mit ihm im Schnitt das jüngste der Regionalliga Südwest, soll er als Vorbild dienen. Als defensiver Mittelfeldspieler auf dem Rasen und als meinungsstarker Charakter in der Kabine.

Nur in Sachen mobiler Technologie und Dating-Vorbereitung dient er eher nicht mehr als Anführer.

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