1899 Hoffenheim

Freche Grüße ins Revier

"Hoffe" gewinnt die Geduldsprobe gegen Eintracht Frankfurt mit 1:0 und freut sich riesig auf die Herausforderung beim BVB

01.05.2017 UPDATE: 02.05.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden

Mit Schmackes: Der Kopfball-Torpedo von Benjamin Hübner (2.v.l.) brachte Hoffenheim das späte Glück. Von den TSG-Fans gab es nach den Schmähungen von Köln Streicheleinheiten für Dietmar Hopp (r.o.), die Geschäftsführer Peter Görlich, Hopp selbst sowie Präsident Peter Hofmann (r.u.) am Sonntag in der Chefetage registrierten. Fotos: APF

Von Joachim Klaehn

Sinsheim. Die Unterschiede waren hörbar und sichtbar. Auf der einen Seite sangen die Eintracht-Fans stakkatohaft "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin" und "Finale, oho!", auf der anderen Seite stimmten die Hoffenheimer Sängerknaben ihren Hit "Europa-Pokaaaal!" an.

Am Sonntagabend schienen fast alle Anwesenden in der ausverkauften Rhein-Neckar-Arena (30.150 Zuschauer) zufrieden zu sein - bis auf die Frankfurter Spieler vielleicht, die eine fast sichere Nullnummer wegen einer Unachtsamkeit verzockten. Es passte zu dieser nervtötenden Geduldsprobe, dass ein Last-Minute-Kopfball-Torpedo von Benjamin Hübner (90.) der TSG 1899 Hoffenheim zum 1:0 (0:0) genügte.

Vor dem "Endspiel um Platz drei" am Samstag in Dortmund katapultierte sich "Hoffe" zurück auf Platz drei und hat definitiv die Champions-League-Qualifikation in der Tasche. Die Rollenverteilung ist vor dem saisonalen Höhepunkt für den Kraichgauklub klar: Der BVB ist als langjähriges Bundesliga-Spitzenteam der Favorit, und die TSG fühlt sich als Herausforderer bereit für die nächste Heldentat.

Hintergrund

Die Spieler in der Einzelkritik

Baumann: Ein langweiliger Tag für ihn. Fast beschäftigungslos. Das mögen Torhüter gar nicht.

Süle: Wie immer. Also ohne Fehl und Tadel. Aber schon stärker nach

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Die Spieler in der Einzelkritik

Baumann: Ein langweiliger Tag für ihn. Fast beschäftigungslos. Das mögen Torhüter gar nicht.

Süle: Wie immer. Also ohne Fehl und Tadel. Aber schon stärker nach vorne.

Vogt: Ein Schnitzer gegen Seferovic. Das schmälert seine starke Vorstellung nicht.

Hübner: "Kopf des Tages". Absoluter Leistungsträger.

Kaderabek: Erstes Spiel nach Verletzungspause. Flanktzu unpräzise, aber ein ordentliches Comeback.

Rudy: Wollte viel, machte viel - nicht alles gelang.

Zuber: Zurückhaltend nachher beim Presseinterview. Auch auf dem Platz preschte er nicht nach vorne.

Demirbay: Auffällig. Suchte vergeblich die Lücke im Frankfurter Abwehrriegel.

Amiri: Beim Pfostentreffer zu überrascht. Es war nicht sein Tag.

Kramaric: Sauer in der Mixedb Zone. Weil er nach einer Stunde für Uth runter musste? Ungerechtfertigt war das nicht, auch wenn der Kroate immer für ein Tor gut ist.

Wagner: Als Einpeitscher schon nach ein paar Minuten klasse. Ansonsten weniger gut.

Uth: Aufmunternde Sprechchöre bei der Einwechslung. Eine halbe Stunde ohne entscheidende Akzente.

Rupp: Noch nicht wieder in der Form vor seiner Verletzung. Verständlich.

Szalai: Gut gelaunt trotz Kurzeinsatz. Konnte wenig zeigen. awi

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Kein Wunder, dass Cheftrainer Julian Nagelsmann (29) schon freche Grüße ins Revier schickte: "Wir freuen uns da drauf. Der Druck liegt total beim BVB. Wir müssen nicht - wir wollen. Die Dortmunder dagegen müssen." Ein geschickter psychologischer Kniff, der den vermeintlichen "Showdown" im Signal Iduna Park für die Schwarz-Gelben zu einer Begegnung voller Brisanz werden lässt.

Die Aussagen des jüngsten Bundesliga-Trainers deckten sich mit denen seiner hoch motivierten Profis in der Mixed Zone. "Wir fahren mit Selbstvertrauen nach Dortmund", sagte Kapitän Sebastian Rudy. Mark Uth noch präziser: "Wir fahren nach Dortmund, um zu gewinnen." Torschütze Benjamin Hübner: "Wir versuchen es, direkt in die Champions League zu schaffen." Und Andrej Kramaric wild entschlossen: "Wir haben das Potenzial, um vor RB Leipzig zu stehen."

Nach dem Aufreger in Köln (1:1), ebenfalls mit einem späten Tor von Kerem Demirbay (90.+3) und den wüsten Beleidigungen gegen TSG-Gesellschafter Dietmar Hopp, ging es vorgestern eher fair und versöhnlich in der Arena zu.

Die Streicheleinheiten und Solidaritätsbekundungen dürften dem Boss der "Nagelsmänner" gut getan haben. "Wir sind Dietmar", "Vielen Dank für alles, Dietmar", "We love Hopp" - die Schilder und Plakate der Südkurven-Gemeinde hatten demonstrativen Charakter und wurden durch ein riesiges, breites Transparent gekrönt: "Er für die Region - wir für den Verein. Kraichgau-Brasilianer Hoffenheim 2008."

Der Spielfilm selbst ist schnell erzählt. Die Chancen hielten sich trotz drückender Überlegenheit der Hausherren (Ballbesitz von 71 Prozent!) ziemlich in Grenzen, weil die Eintracht leidenschaftlich und kompakt verteidigte.

"Hoffe" fehlte schlichtweg die zündende Idee, um den Frankfurter Abwehrriegel zu knacken. Das extrem verdichtete Zentrum mit einer imaginären 30-Meter-Schutzzone vor Torhüter Lukás Hrádecky machte den Hoffenheimer Rastellis das Leben schwer.

"Das war ein zähes Spiel", sagte Hopp vor dem Gang in die Mannschaftskabine, "ich habe mit einem 0:0 gerechnet, deshalb bin ich umso glücklicher, dass wir es noch gewonnen haben." Pirmin Schwegler berichtete über ein Happy-Birthday-Ständchen, das der aktuelle Tabellendritte seinem großzügigen Förderer bereitete. Hopp habe sich "sehr darüber gefreut", so Schwegler mit einem sympathischen Augenzwinkern.

Noch gewaltiger ist unterdessen die Vorfreude auf den Kracher. Der Dorfverein will sich in Nachbarschaft des Deutschen Fußballmuseums beweisen, dass die rasante und spektakuläre Entwicklung unter "Denker und Lenker" Nagelsmann kein Zufallsprodukt ist.

Die TSG strahlt Gelassenheit und Zuversicht aus, sie kann im Dortmunder Spaßtempel eine ohnehin grandiose Runde vergolden. "Hoffenheim hat eine tolle Mannschaft", lobte Frankfurts Trainer Niko Kovac die Kraichgauer über den grünen Klee. Die Blauen haben das Glück des Tüchtigen - und einen Wahnsinnslauf!

Das letzte Geheimnis will Julian Nagelsmann erst nach dem 34. Spieltag gegen den FC Augsburg lüften. "Es ist ein Schmierzettel", so Nagelsmann, "dann sage ich was dazu." Abgemacht. Die Vermutung liegt nahe, dass die Unterschiede zwischen "seinem" Saisonziel und der erreichten TSG-Endplatzierung nicht allzu gravierend ausfallen werden ...

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