Wie Eltern ihre Kinder vor Cybergrooming schützen können
Die Täter nutzen das Vertrauen der Kinder aus. Nur wenige Fälle werden angezeigt.
Buchen. (tra) Kinder und Jugendliche lernen im Internet Gleichaltrige kennen, spielen Online-Spiele, tauschen sich aus und finden im Netz auch neue Freunde. Die nächste Kontaktmöglichkeit ist nur einen Klick entfernt.
Das ist natürlich positiv, birgt aber auch Risiken. Eines davon ist Cybergrooming. Das bedeutet, dass Erwachsene online Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufnehmen, um sexuellen Missbrauch anzubahnen bzw. durchzuführen.
Auf Einladung der Initiative "Herz statt Hetze" Neckar-Odenwald-Kreis gab Rebecca Michl-Krauß, Referentin für Medienkompetenz bei der EU-Initiative "Klicksafe", im Atrium des Burghardt-Gymnasiums zahlreichen Eltern einen Einblick in das Thema. "Ich brenne dafür, Kinder und Jugendliche zu schützen und dazu beizutragen, dass sie gestärkt mit den Risiken des Internets umgehen", stellte sich die Referentin vor und zog gleich eine erste rote Linie: "Es gibt generell überhaupt keinen Grund dafür, dass Erwachsene im Internet Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufnehmen. Wenn ein Erwachsener den Live-Stream einer Jugendlichen kommentiert, muss man sich fragen, warum er das tut", sensibilisierte sie.
Beim "Cybergrooming" – dessen Versuch bereits strafbar ist – wenden die Täter verschiedene Strategien an: "Manche fordern direkt intime Fotos, andere gehen subtiler vor, indem sie sich mithilfe eines Fake-Profils als Gleichaltrige ausgeben oder vorgeben, ein Talent-Scout zu sein. Andere machen Komplimente, bauen ein Vertrauensverhältnis auf oder geben sich als Beschützer aus." Das Ziel der Täter sei, in einen privaten Chat zu gehen, wo es dann zu Übergriffen komme.
"Die Täter nutzen zum Beispiel das Bedürfnis von Kindern und Jugendlichen nach Anerkennung sowie ihre Vertrauensseligkeit aus", so die Referentin. Für die betroffenen jungen Menschen sei es schwer, die Situation richtig einzuschätzen und Warnsignale zu erkennen. "Auf Jugendliche kann es dann so wirken, als würde sich eine echte Beziehung anbahnen, und sie lassen sich dazu überreden, intime Fotos zu schicken oder die Webcam einzuschalten."
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Eltern, Lehrer und andere Vertrauenspersonen können dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche ein besseres "Bauchgefühl" entwickeln, wenn es um Cybergrooming geht, so dass sie gefährliche Kontakte erkennen, blockieren und melden können. "Beim Gespräch über das Thema ist es wichtig, den richtigen Ton zu treffen und Kinder zu informieren, ohne mit Angst zu arbeiten", unterstrich Rebecca Michl-Krauß.
"Man könnte zum Beispiel erzählen, dass man gehört hat, dass es im Internet Leute gibt, die intime Fotos verschicken oder anfordern und das Kind fragen, ob es so etwas schon einmal mitbekommen hat." Wichtig sei, bei solchen Gesprächen Ruhe zu bewahren.
Vor allem dann, wenn sich herausstellt, dass das Kind Opfer von Cybergrooming geworden ist. "Der größte Fehler wäre es, dem Kind oder Jugendlichen Vorwürfe zu machen oder mit Handyverbot zu drohen. Das Kind hat nichts falsch gemacht", betonte die Medienpädagogin. Durch ein Handyverbot breche bei Jugendlichen "das halbe Leben" weg, und die Angst vor einem Internetverbot verhindere, dass Betroffene überhaupt über ihre Erlebnisse sprechen.
"Wenn das Kind betroffen ist, ist es wichtig, es ausreden zu lassen und ihm klarzumachen, dass es sich immer an die Eltern wenden kann. Man darf nicht in Panik verfallen." Dann gelte es, Beweise auf dem Handy des Kindes zu sichern, zur Polizei zu gehen und sich bei Beratungsstellen Hilfe zu holen. "Ganz wichtig ist es auch, keinen Schritt ohne die Zustimmung des Kindes oder des Jugendlichen zu unternehmen."
Man solle sich nicht scheuen, Cybergrooming zur Anzeige zu bringen. Nur wenige Fälle würden angezeigt, und die Dunkelziffer sei entsprechend hoch. "Manche Jugendliche sehen es schon als normal an, dass sie immer wieder explizite Fotos geschickt bekommen. Das darf nicht sein!"
Info: Weitere Infos zum Thema gibt es unter www.klicksafe.de/cybergrooming