Heidelberg

Congress Center ist der "einzige Farbklecks in der Bahnstadt"

Eine runde Sache mit Ecken und Kanten: Lichtdurchflutet, großzügig und bis ins Detail durchdacht präsentiert sich das Kongresszentrum.

19.04.2024 UPDATE: 19.04.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 53 Sekunden
Der große Saal ist das Herzstück des neuen Kongresszentrums. Bis zu 1800 Menschen haben darin Platz. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Das Foyer ist von Licht durchflutet, als sich die Glastüren am Czernyring schließen. Hell, aber nicht grell, strahlt der weiße Sichtbeton. Erleuchtet von der Sonne, die durch die zwei großen dreieckigen Oberlichter in 22 Metern Höhe in den Neubau des Kongresszentrums scheint. Was für ein Kontrast zu der markanten roten Sandsteinfassade des Gebäudes und der getönten, verspiegelten Glasfront.

"Wir sind der einzige Farbklecks in der Bahnstadt", sagt Mathias Schiemer, Chef von Heidelberg-Marketing und Co-Geschäftsführer der Heidelberger Kultur- und Kongressgesellschaft, als er zusammen mit seinem Kollegen Thomas-W. Sante ein paar Tage vor der offiziellen Eröffnung durch das Heidelberg Congress Center führt.

Modern sollte der Neubau sein und zugleich zeitlos und funktional. "Es ist ein sehr besonderer Entwurf", lobt Sante die Arbeit von Florian Walter von Degelo Architekten aus Basel. Dabei musste der die konkreten Vorgaben der HKK zum Raumprogramm einhalten. Und zugleich das Gebäude auch noch im Passivhaus-Standard planen. Auf den ersten Blick ist es eine runde Sache mit markanten Ecken und Kanten geworden.

Ab Samstag dann werden 20 große Digitalstelen den Gästen des HCC den Weg weisen – zum Beispiel in das Herzstück, den großen Saal. Bis zu 1800 Besucher finden in dem 1500 Quadratmeter großen Raum im Erdgeschoss Platz.

Die eingebaute Digitalleinwand ist laut Schiemer mit 13,5 Metern Breite und sechs Metern Höhe die zweitgrößte Europas und die fünftgrößte fest eingebaute LED-Wand der Welt.

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Halbrunde Oberlichter an den Seiten sorgen für ein interessantes Spiel aus Licht und Schatten, während die Deckenbeleuchtung die gesamte Farbpalette wiedergeben kann. "Wir haben hier nichts vorgegeben", erklärt Sante: "Schließlich wird das HCC von unterschiedlichsten Firmen und Organisationen genutzt. Sie sollen selbst entscheiden, welche Farbe sie wählen." Was dabei möglich ist, können die Besucher beim Tag der offenen Tür bei einer Lichtshow erleben.

Hauptzweck des großen Saales werden große Kongresse und Tagungen sein. Doch im Sommer wird er nach dem Willen des Gemeinderates akustisch für klassische Konzerte mit großem Orchester ertüchtigt.

Die Sanierung der Stadthalle dauert länger als geplant, und das Philharmonische Orchester braucht eine Ausweichspielstätte. Deshalb muss bald schon wieder der frische Putz abgeklopft, müssen Lautsprecher und Mikrofone installiert werden.

Eines macht Sante aber bei dem Rundgang deutlich: Der Betrieb des restlichen Kongresszentrums geht auch in dieser Phase weiter. Und die akustische Ertüchtigung sei auch gut für zukünftige Veranstaltungen.

Das große Foyer erstreckt sich über alle drei Etagen. Die Oberlichter und der weiße Sichtbeton sorgen für ein stimmungsvolles Wechselspiel von Licht und Schatten. Foto: Philipp Rothe

Zwei Eingänge des HCC ermöglichen es, dass die unterschiedlichen Bereiche getrennt voneinander genutzt werden können. Der westliche Zugang führt von der Max-Jarecki-Straße ins kleine Foyer. Linker Hand eröffnet sich das Pop-up-Forum. Es war einst als reiner Catering-Bereich und öffentliche Gaststätte gedacht, doch das änderte sich im Verlauf der Planung.

Dank mobiler Tresen können hier zwar auch Kongressgäste bewirtet werden, aber auch lockere Tagungsformate stattfinden. Ab und zu soll der Caterer, die Levy Restaurants der Compass Group, das Pop-up-Forum auch als öffentliches Restaurant nutzen dürfen. Eine Außenbestuhlung ist ebenfalls möglich.

Von der Garderobe rechts im Erdgeschoss führt eine Treppe nach oben. Schiemer freut sich, eines seiner persönlichen Highlights zu präsentieren. Denn hinter der nächsten Tür verbirgt sich "The Kitchen". Drei große Kochinseln in der Mitte des dunkel gekachelten Raumes mit Bullaugen-Fenstern nach draußen sind von einem großen Tresen in U-Form eingefasst. 55 Stühle haben daran Platz.

„The Kitchen“ ist ein ganz besonderer Veranstaltungsraum. Rund um einen langen Tresen können 55 Gäste dem Treiben an den drei Kochinseln in der Mitte zusehen.  Foto: Philipp Rothe

An der Stirnseite ist die Location, die für private Feiern oder Firmenevents angemietet werden kann, mit einem großen Flachbildschirm bestückt. Durch ein Panoramafenster wird man das Treiben in der benachbarten Großküche betrachten können. "Das wäre doch toll, wenn der Chef hier bei einer Weihnachtsfeier seine Mitarbeiter bekocht", schlägt Schiemer als eine Event-Idee vor.

Großzügig und weitläufig wirkt das HCC auch deshalb, weil in jedem Stockwerk mindestens 1000 Quadratmeter Foyer eingeplant wurden. Breite Fenster geben den Blick auf die unteren Etagen und weiter nach draußen frei. Im Saal 2 im ersten Obergeschoss werden 700 bis 800 Menschen Platz finden. Auch hier ist modernste Technik verbaut.

Die Digitalwand ist hier zehn Meter breit und drei Meter hoch. Dank ihr werden hier auch hybride Kongresse möglich sein. Während viele Teilnehmer vor Ort präsent sind, werden andere aus aller Welt zugeschaltet.

Im HCC steht die größte Digitalwand Deutschlands. Eine Woche vor der offiziellen Eröffnung wird sie auf Herz und Nieren geprüft. Foto: Philipp Rothe

Es ist eine Lehre aus der Corona-Pandemie, dass eigens in der Mitte des Stockwerks ein TV- und Filmstudio nachträglich eingebaut wurde. Dadurch können Veranstaltungen auch live gestreamt, mithilfe von "Green Screens" sogar eigene Werbefilme produziert werden.

Dem Himmel ganz nah sind die Besucher im Sky Forum. Eine Sitztreppe aus gepresstem Bambus lädt hier zum Verweilen ein. "Das ist eine tolle Chillout-Möglichkeit, hier sind aber auch kleine Veranstaltungen möglich", sagt Sante. Eine Leinwand macht Filmvorführungen möglich, geeignet zum Beispiel für Produktpräsentationen, aber auch Theateraufführungen kann sich Sante hier unter freiem Himmel vorstellen.

Nebenan – und wieder im Inneren des Gebäudes – warten zwei Foren, mit Esche ausgekleidete Räume, auf die kreativen Ideen von Workshopteilnehmern. "Breakout" heißt das auf Neudeutsch, wie Sante erzählt, wenn sich nach den Zusammenkünften in den großen Sälen die Teilnehmer in kleineren Gruppen zusammentreffen und sich untereinander austauschen.

Blick in einen der zehn Tagungsräume: Auch hier sorgen drei Bullaugen-Fenster für eine besondere Atmosphäre. Foto: Philipp Rothe

Seien es die unterteilbaren Tagungsräume im ersten Obergeschoss, die Verwaltungsräume im Zwischengeschoss mit Bullaugen-Fenstern oder die kleine Terrasse, von der man einen Blick auf die benachbarte Kältezentrale der Stadtwerke hat, die im Sommer im HCC für angenehme Temperaturen sorgen soll – der Neubau ist vom Dach bis zum zweiten Untergeschoss bis ins kleinste Detail durchdacht.

Das zeigt sich auch schon bei der Anlieferung, die innerhalb des Gebäudes erfolgen kann. Zwei 40-Tonner-Lastwagen haben in der Schleppkurve, die von der Goeppert-Mayer-Straße durch das HCC zur Einsteinstraße führt, nebeneinander Platz, dazu gibt es hier Parkflächen für zehn Sprinter.

Seitliche Schiebetüren sollen verhindern, dass beim Ein- und Ausladen Lärm nach draußen dringt. Die doppelgeschossige Tiefgarage bietet Platz für 330 Autos und 70 E-Ladestationen. Auch 50 Pedelec-Stellplätze und 388 Fahrradabstellmöglichkeiten (innen wie außen) stehen zur Verfügung.

Bereits am kommenden Montag startet im HCC die erste Tagung, am Donnerstag darauf ist erstmals der große Saal vermietet. 50 weitere Veranstaltungen sind in diesem Jahr bereits gebucht. Dann wird der 115-Millionen-Euro-Bau endlich mit Leben gefüllt.

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