160 Briefe, die Leben retten sollen - "Briefmarathon" in der Stadtbibliothek Wiesloch

"Briefmarathon" von Amnesty International - Fortsetzung am Samstag in Walldorf

11.12.2016 UPDATE: 12.12.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 59 Sekunden

Roland Vogel (li.) und Stefan Brües engagieren sich beim "Briefmarathon" von Amnesty International. Archivfoto: Pfeifer

Wiesloch. (aot) "Exzellenz, Zeynab Jalalian verbüßt derzeit eine lebenslange Haftstrafe im Gefängnis von Khoy. Sie läuft Gefahr, ihr Augenlicht zu verlieren, und muss dringend fachärztlich behandelt werden." So beginnt ein Brief an die "Oberste Justizautorität Ayatollah Sadegh Larijani" im Iran, mit der sich Amnesty International für die Freilassung der kurdischen Frauenrechtlerin Zeynab Jalalian einsetzt. Sie war 2008 festgenommen und von einem Gericht wegen "Feindschaft zu Gott" zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Im Schreiben wird gefordert, sie ärztlich behandeln und frei zu lassen.

Dieser und vier weitere Briefe lagen am Tag der Menschenrechte in der Stadtbibliothek Wiesloch zur Unterzeichnung aus. Laut Stephan Brües, Sprecher der Wieslocher Amnesty-Gruppe, ist das Teil des "Briefmarathons 2016", mit dem weltweit um die Freilassung, das Leben und den Schutz von elf Verfolgten und zu Unrecht inhaftierten Menschen gekämpft wird. Die Menge der Zuschriften zeige selbst in totalitären Staaten Wirkung, erklärt Brües der RNZ. So wurden im Jahr 2013 weltweit 2,3 Millionen Briefe versandt. Von den damals unterstützten zwölf Personen kamen danach immerhin vier frei.

Neben dem Fall "Jalalian" setzt sich Amnesty International auch für den ägyptischen Fotojournalisten Mahmoud Abu Zeid ein, der im August 2013 festgenommen wurde und seither in Kairo inhaftiert ist. An Hepatitis erkrankt, erhält er nur sporadisch Medikamente. Abu Zeid ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der nur seinem Beruf nachgegangen ist. Die gegen ihn erhobene Anklage "Teilnahme an einer illegalen Versammlung" und "Mord" entbehrt nach den Recherchen von Amnesty jeglicher Grundlage, lässt aber ein Todesurteil befürchten.

Die peruanische Kleinbäuerin Maxima Acuna führt seit Jahren einen Rechtsstreit mit einem Bergbauunternehmen um ein seit 20 Jahren von ihrer Familie bewohntes Grundstück. Sie berichtet von Einschüchterungen und gewaltsamen Angriffen auf ihre Familie und ihr Eigentum durch die Polizei und private Sicherheitskräfte. In ihrem Fall wird das peruanische Innenministerium aufgefordert, Acuna zu schützen und ihr zu ihrem Recht zu verhelfen. In der Türkei wendet sich Amnesty an das Justizministerium und fordert dieses auf, Gesetze abzuschaffen, die das Recht auf freie Meinungsäußerung beschneiden. Stellvertretend dafür wird die Rechtsanwältin Eren Keskin genannt, die sich für Menschenrechte einsetzt. Das Ministerium wird aufgefordert, sie nicht zu verfolgen und sicher zu stellen, dass sie unbehelligt ihrer Arbeit nachgehen kann.

Der spektakulärste Fall ist Edward Snowden. Er gab 2013 tausende geheimer Dokumente zu Überwachungs- und Spionagepraktiken des US-Geheimdienstes an die Presse weiter und lebt heute in Russland. In den USA drohen ihm eine Anklage wegen der Weitergabe von Staatsgeheimnissen und bis zu 30 Jahre Haft. Ihm ist zu verdanken, dass einige Staaten und Unternehmen Maßnahmen ergriffen haben, um das Menschenrecht auf Privatsphäre besser zu schützen. Hier wendet sich Amnesty mit der Bitte um Begnadigung direkt an den noch amtierenden amerikanischen Präsidenten Barack Obama.

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Am Ende ihres Einsatzes in der Stadtbibliothek konnten Stephan Brües und Roland Vogel vom Amnesty-Bundesvorstand 160 Briefe zählen, die etwa gleich auf die fünf Fälle verteilt waren. Sie rechnen damit, dass eine ganze Reihe weiterer Briefe an den beiden noch ausstehenden Unterschriftsaktionen zusammenkommen. Diese liegen zum Unterzeichnen aus am Samstag, 17. Dezember, 10 bis 13 Uhr, in der Stadtbücherei Walldorf sowie am Sonntag, 18. Dezember, in der evangelischen Stadtkirche in Wiesloch im Anschluss an den um 10.30 Uhr beginnenden Gottesdienst.

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