Was man über den Eppelheimer Brückenbau noch wissen muss
Am Sonntag findet in Eppelheim der Bürgerentscheid über den Straßenbahnausbau statt - Die RNZ hat bei der Bürgerinitiative und bei der RNV nachgehakt

Verkehrt die Linie 22 weiter auf einem Gleis am Eppelheimer Ortseingang? Die Bürgerinitiative fordert zum "Ja" auf, der Gemeinderat hat den zweigleisigen Ausbau beschlossen und wirbt für "Nein"-Stimmen. Fotos: Geschwill
Von Anja Hammer
Eppelheim. Kommt es am Sonntag zum "Eppsit"? Die Eppelheimer dürfen am 3. Juli beim ersten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt an die Urnen gehen und über den Straßenbahnausbau abstimmen. Die Bürgerinitiative (BI) "Bürgerbegehren Eppelheim" hat diese Wahl angestrengt. Sie ist gegen den beschlossenen zweigleisigen Brückenausbau über die Autobahn 5 samt Kreisel am Ortseingang und Unterführung parallel zur Autobahn. Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) ist für den Ausbau - sie hat ihn schließlich geplant. Beide Seiten haben ihre Anliegen in den vergangenen Wochen deutlich gemacht. Dennoch blieben einige Fragen offen. Die Rhein-Neckar-Zeitung hat nun nachgehakt.
Was passiert ganz konkret, wenn sich Eppelheim beim Bürgerentscheid gegen das gesamte Bauprojekt ausspricht?
RNV: In diesem Fall wird der Gemeinderatsbeschluss aufgehoben. Es ist dann erstmal Sache der Stadt Eppelheim, zu erklären, wie sie zur Planung steht. Ein Zeitverzug bedeutet, dass das Projekt nicht im Zuge des Mobilitätsnetzes Heidelberg gefördert werden kann und deutlich teurer wird. Außerdem kann der Neubau zeitlich nicht mehr auf die Baumaßnahme in der Eppelheimer Straße auf Heidelberger Seite abgestimmt werden, weshalb Eppelheim in den nächsten Jahren mit gut drei Jahren anstatt 1,5 Jahren Schienenersatzverkehr rechnen müsste.
Soll die Straßenbahn aus Eppelheim ganz draußen bleiben?
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BI: Nein! Die Straßenbahn ist wichtig für Eppelheim. Aber zwei Gleise, die nur bis zur ersten Kreuzung reichen, sind unnötig. Und sie schaffen einen Engpass am Ortseingang: Straßenbahnen und PKW haben dann gemeinsame Fahrspuren und müssen hintereinander her fahren - statt wie bisher nebeneinander. Laut RNV führt der neue zweigleisige Abschnitt zu mehr Pünktlichkeit der Straßenbahn, aber der Effekt ist minimal, außerdem nicht bewiesen. Und: Würden Gleis und Signalanlagen endlich besser instand gehalten, gäbe es auch auf der "alten" eingleisigen Strecke ab Kranichweg in Heidelberg keine Pünktlichkeitsprobleme mehr. Übrigens betont die RNV die Vorteile der zweigleisigen Lösung "auch im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung der Strecke über Eppelheim hinaus bis nach Plankstadt beziehungsweise Schwetzingen". Das steht wörtlich im "Erläuterungsbericht". Für uns steht damit fest: Die Brücke soll "Einfallstor" werden für eine zweigleisige Weiterführung. Obwohl diese 2014 abgelehnt wurde - in Eppelheim vom Gemeinderat, in Plankstadt per Bürgerentscheid.
Wird die RNV die Straßenbahnanbindung Eppelheims bei einem Erfolg des Bürgerbegehrens im Pfaffengrund enden lassen?
RNV: Nein. Solange die Brücke noch sicher befahrbar ist, fährt auch die Straßenbahn nach Eppelheim.
Wird Heidelberg die Brücke nach einem erfolgreichen Bürgerentscheid gegen das Neubauvorhaben die Brücke zweigleisig ausbauen können?
RNV: Diese Frage muss im Zuge des laufenden Planfeststellungsverfahrens geklärt werden.
Die Brücke gehört der Bundesrepublik Deutschland. Muss diese für den Brückenneubau im Zuge eines sechsspurigen Ausbaus der Autobahn nicht selbst aufkommen?
RNV: Nein. Bundesweit gelten für die Kostenaufteilung eines solchen Neubaus das Bundesfernstraßengesetz und die Straßenkreuzungsrichtlinie. Für die Finanzierung sind danach der Bund sowie die Städte Heidelberg und Eppelheim zuständig.
Wer für die Verbreiterung der Brücke für Fußgänger und Radfahrer, aber gegen den Verkehrskreisel ist - wie soll sich der entscheiden?
BI: Wer gegen irgendeinen Teil des Projekts ist (egal, gegen welchen), muss für die Aufhebung des Gesamt-Projektbeschlusses stimmen, das heißt: mit "Ja"!
Woher kommt die Veränderung der Kosten- beziehungsweise Zuschuss-Situation? Erst kostete das Projekt Eppelheim eine knappe Million Euro, dann knapp zwei Millionen und nun ist es wieder knapp eine Million. Und wie sicher sind die Zuschüsse?
RNV: Im Zuge der Planungen kamen zur eigentlichen Brücke auf ausdrücklichen Wunsch der Stadt Eppelheim der Kreisverkehr Hildastraße sowie die Radwegeunterführung hinzu. Dadurch stiegen die Gesamtkosten für Eppelheim auf circa 2,3 Millionen Euro für alle Teilprojekte ohne Fördergelder. Durch die verschiedenen Förderprogramme reduzieren sich die Kosten im Idealfall auf etwa eine Million Euro für Eppelheim. Die Fördergelder sind jedoch nur sicher, wenn rechtzeitig alle Anträge gestellt werden. Dies ist allerdings erst nach dem Bürgerentscheid möglich. Die Förderung für den Kreisel und die Fahrradunterführung muss dabei durch die Stadt Eppelheim beantragt werden.
Gibt es eine Alternativplanung - wenn ja: welche? Wenn nein, warum nicht?
RNV: Es wurden Alternativen wie beispielsweise eine zweigleisige Strecke in Seitenlage geprüft, die aber aufgrund ihrer Nachteile alle negativ bewertet wurden. Eine eingleisige Führung ist zwar baulich möglich, wurde aber auf Grund ihrer schlechten Bewertung von allen Beteiligten abgelehnt und daher auch nicht konkretisiert.
Wenn die Bürgerinitiative die freie Wahl hätte: Was wäre ihre Lieblingslösung?
BI: Eine Brücke mit mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer, aber mit nur einem Gleis. Diese wäre auch genehmigungsfähig - was sich schon daraus ergibt, dass die RNV auch eingleisige Lösungen untersucht hat. Und die zweigleisige Lösung ist lediglich die "Vorzugsvariante" der RNV, siehe ihren "Erläuterungsbericht" ans Regierungspräsidium. Zweigleisigkeit ist beim Brückenbau keine Muss-Vorschrift.
Ist ein eingleisiger Brückenneubau nicht genehmigungs- oder nur nicht zuschussfähig?
RNV: Die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) fordert einen zweigleisigen Ausbau der Brücke. Einem eingleisigen Ausbau stimmt die TAB nicht zu und ohne deren Zustimmung gibt es weder Zuschüsse noch einen Planfeststellungsbeschluss.
Wie kann es sein, dass eine Zweigleisigkeit über nur 350 Meter mehr dazu führt, dass eine Bahn nicht mehr auf die Gegenbahn warten muss?
RNV: Derzeit können aufgrund der Eingleisigkeit verspätete Züge oft nicht nach Eppelheim einfahren, sondern müssen am Heidelberger Kranichweg die Gegenbahn abwarten. Sie verlieren dann bis zu zehn Minuten. Manchmal fällt die Fahrt nach Eppelheim sogar vollständig aus. In Zukunft können aufgrund der Zweigleisigkeit auch stärker verspätete Züge nach Eppelheim einfahren und Fahrtausfälle vermieden werden.
Was bringt Eppelheim eine Zeitersparnis von 1,5 Minuten, wenn diese Zeitersparnis in Heidelberg durch veränderte Linienführung wieder zunichte gemacht wird?
RNV: Die neue Linienführung hat nichts mit dem Projekt in Eppelheim zu tun, diese wurde bereits 2013 durch den Heidelberger Gemeinderat beschlossen. Die Zeitersparnis wird zudem durch die neue Linienführung nicht zunichte gemacht. Es bleibt eine Reduzierung der Fahrzeit bis Bismarckplatz von knapp einer Minute.
Was ist so schlimm an einer Brücke, auf der alle Verkehrsteilnehmer mehr Platz haben, also auch Fußgänger und Radfahrer?
BI: Nichts. Auch wir wollen mehr Raum für Fußgänger und Radfahrer auf der Brücke, aber kein Brückenmonster mit unnötigen zwei Gleisen. Und auch keine Straßenbahnweiche in Eppelheim.
Wird der Lärm, der mit einer Weiche auf Eppelheimer Seite kommt, die Vorgaben für ein allgemeines Wohngebiet überschreiten?
RNV: Grundsätzlich nicht. Das Lärmschutzgutachten wurde auf Basis der gesetzlich vorgeschriebenen 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung durchgeführt. Alle Empfehlungen aus dem Gutachten werden berücksichtigt. Außerdem wird eine elektrisch gesteuerte, hydraulisch gedämpfte Weiche im Kreisel verbaut, die wesentlich leiser ist als herkömmliche Weichen.
Was hat es mit dem immer wieder erwähnten Biotop auf sich?
BI: Die Grünflächen auf Eppelheimer Seite nennen wir "Biotop", weil sie Lebensraum für Pflanzen und Tiere sind. Außerdem sind sie schön - und optimal als Lärmschutz.
Wie verändert sich die Situation am geplanten Verkehrskreisel für Fußgänger und Radfahrer?
RNV: Sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer verbessert sich die Situation deutlich. Diese haben auf der Brücke und bis zum Kreisel eigene, abgetrennte Wege mit ausreichend Platz. Niemand muss mehr im spitzen Winkel die Straße mit den Gleisen queren, was die Sicherheit für alle deutlich erhöht. Für Fußgänger steht an der westlichen Zufahrt des Kreisels, in circa acht Meter Entfernung zum Kreisverkehr, eine Ampel. Sie wird nur bei Bedarf durch Drücken aktiviert. Diese Ampel bietet vor allem den Schülern, die in Nord-Süd-Richtung unterwegs sind, einen sicheren Übergang. Zusätzlich entstehen an den Einfahrten zu Hilda- und Mozartstraße barrierefreie Fußgängerüberwege mit Zebrastreifen.
Warum hält die Bürgerinitiative die geplante Unterführung unter der Brücke entlang der Autobahn für einen Angstraum?
BI: Weil sie im entlegensten Teil Eppelheims liegt. Schulkinder und Frauen werden sich dort nicht sicher fühlen können. Außerdem ist von dort ein Radweg nicht durchgängig weiterführbar.