"Tage der Industriekultur" mit einer Reise in eine längst vergangene Zeit

Veranstaltungsreihe "Tage der Industriekultur" blickte hinter die Kulissen des Alten Klärwerks auf der Friesenheimer Insel

24.08.2015 UPDATE: 25.08.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 52 Sekunden

Noch bis 1973 war die Anlage in Betrieb, erklärte Rüdiger Krenkel bei der Besichtigung des alten Abwasserkanals. Der Künstler, der seit 2007 hier arbeitet und lebt, übernahm als Kenner des Alten Klärwerks die Führung der rund 30 Besucher. Foto: Gerold

Von Gerhard Bühler

Betritt man das große Gelände, fühlt man sich sofort in eine andere Zeit versetzt. Das alte Wärterhaus im Stil der norddeutschen Backsteingotik steht noch genauso da, wie es um 1900 gebaut wurde. Ein paar Schritte weiter in der grünen Parkanlage überrascht ein großes Backsteingebäude im gleichen Stil, das mit seinem Giebel und Bauformen eher an eine Kirche erinnert.

Zu einem Entdeckerprogramm der besonderen Art lud am Samstagabend der Verein Rhein-Neckar-Industriekultur: In das Alte Klärwerk auf der Friesenheimer Insel. Am Treffpunkt der Führung in der Diffenéstraße 29 ist, außer einem Tor mit Bäumen und Büschen, von der Straße aus nicht viel vom Alten Klärwerk zu sehen.

Kaum zu glauben, dass es sein Zweck war, die bei Hochwasser zum Einsatz kommenden Pumpen und Elektromotoren zu beherbergen. Für den Entwurf und Bau der Anlage war kein Geringerer als der aus Stettin stammende Architekt und Stadtbaumeister Richard Perrey verantwortlich, der auch das Herschelbad und die Luzenbergschule schuf. Neben den Gebäuden ziehen zahlreiche Kunstobjekte und Skulpturen aus rostigem Eisen die Blicke der Besucher auf sich.

Zusammengesetzt aus vielen filigranen Metallstäben, fügen sich die Objekte zu großen vegetabilen Formen von Blüten, Kelchen oder Stauden. Die Skulpturen stammen von Künstler Rüdiger Krenkel, der seit 2007 hier arbeitet und lebt. Als intimer Kenner des Alten Klärwerks übernimmt er selbst die Führung der rund 30 Besucher.

Der Weg führt entlang der sechs schmalen Klärbecken, in denen gespeist vom Regen eine grünliche Brühe dümpelt. "Noch bis 1973 war die Anlage in Betrieb", erklärt Krenkel bei der Besichtigung des alten Abwasserkanals. Der rundum aus Backsteinen gemauerte Kanal ist noch in bestem Zustand. Das Funktionsprinzip der Anlage war einfach. Man wartete, bis sich in den Becken die Schwebstoffe im Abwasser absetzten. Das klare Wasser leitete man ab und pumpte es in den Rhein. Der übrig gebliebene Schlamm wurde auf die nahen Wiesen und Felder gepumpt.

"Das Schlösschen hier war das Schlammpumpenhaus", zeigt Krenkel auf ein weiteres schönes altes Backsteingebäude am Ende der Klärbecken. Ein kleiner Wasserturm daneben sorgte für genügend Wasserdruck zur Reinigung von Schlammresten. Wie hier sind auch im großen Hauptpumpenhaus, das als Atelier des Künstlers dient, noch die großen alten Pumpen, Antriebsräder und Motoren zu besichtigen.

"Wir wollen mit unserer Veranstaltungsreihe das Bewusstsein schärfen für die Industriegeschichte und Schönheit der Industriearchitektur, ohne den Blick auf die damaligen Lebensbedingungen zu vergessen", nennt Vorstandsmitglied Barbara Ritter die Ziele des Vereins Industriekultur Rhein-Neckar. Zum ersten Mal werde mit den "Tagen der Industriekultur" eine Veranstaltungsreihe angeboten, die es so noch nie gegeben habe, macht Ritter auf den ganz unterschiedlichen Charakter der 40 Programmpunkte in Mannheim, Ludwigshafen, Weinheim, Heidelberg und Speyer aufmerksam.

Info: "Die Tage der Industriekultur" laufen noch bis zum 1. September. Geboten werden Betriebsbesichtigungen, Vorträge, Exkursionen zu Industriedenkmälern und Bootstouren durch den Hafen. Für die Teilnahme an den Veranstaltungen ist eine Anmeldung erforderlich. Infos zum Programm gibt es unter www.rhein-neckar-industriekultur.de.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.