Mannheimer Klärwerk: Neue Anlage gilt als Leuchtturm-Projekt in Sachen Umweltschutz

Pulver-Aktivkohlen-Filteranlage entfernt auch kleinste Schadstoffrückstände - Inbetriebnahme der vierten Reinigungsstufe des Klärwerks

15.07.2016 UPDATE: 16.07.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 40 Sekunden

In den beiden grauen Türmen (hinten rechts) wird die Aktivkohle gelagert, die beiden Rückhaltebecken (im Vordergrund) werden für die Aktivkohlefilterung eingesetzt. Foto: vaf

Von Harald Berlinghof

An den Vorklärbecken riecht es noch recht deftig. Die mechanische Vorklärung mit Rechen, Sand- und Fettfang stellt in jedem Klärwerk die erste Reinigungsstufe dar. Dann erfolgen eine biologische Reinigung und eine Filtration über Sand und Kies. Danach ist der Wasserablauf in Richtung Rhein kristallklar. Doch er enthielt bislang trotz dreier nacheinander geschalteter aufwändiger Reinigungsvorgänge noch kleinste Spuren von Medikamenten- und Schadstoffrückständen. Mit der neuen vierten Reinigungsstufe, einer Pulver-Aktivkohlen-Reinigung (PAK), sollen auch diese Rückstände aus dem angelieferten Abwasser entfernt werden.

Ein Leuchtturmprojekt in Sachen Umweltschutz, eine Vorreiterrolle in Baden-Württemberg und eine Pilgerstätte für potenzielle Nachahmer soll die neue Anlage sein. Die politische Prominenz - Umweltbürgermeisterin Felicitas Kubala und der Stuttgarter Umweltminister Franz Untersteller - sparte gestern bei der offiziellen Inbetriebnahme der vierten Reinigungsstufe des Klärwerks nicht mit Superlativen.

Die Kläranlage, nördlich von Mannheim-Sandhofen am Rhein gelegen, nimmt die gesamten Abwässer der Quadratestadt auf und gibt sie nach der Reinigung direkt in den Fluss. Nach 14 Monaten Bauzeit konnte die neue Pulver-Aktivkohle-Filteranlage gestern in Betrieb genommen werden. Es soll zwar nicht die einzige ihrer Art im Land sein, aber die größte, wie Minister Untersteller betonte. In Baden-Württemberg soll es elf solcher Reinigungsstufen geben, drei weitere sollen sich im Bau befinden und fünf weitere geplant sein.

Vor fast drei Jahren hatte Untersteller den Förderbescheid des Landes an die Stadt übergeben können, worin festgelegt war, dass sein Umweltministerium zwanzig Prozent der Baukosten übernimmt. Insgesamt hatte die neue Reinigungsstufe zehn Millionen Euro gekostet. "Das klingt nach viel Geld", sagte er, "aber am Ende schlagen dann nur 1,90 Euro jährlich zu Buche, wenn man die Kosten auf die betroffenen Bürger umrechnet. Das ist nicht zu viel für eine saubere Umwelt."

Medikamentenreste, Röntgenkontrastmittel, Pflanzenschutzmittel oder Industriechemikalien. Alles das musste der Rhein bislang in kleinsten Mengen aufnehmen. Alles das konnte man in den eigenen Abwässern nachweisen. "Das ist das Ergebnis eines oft sorglosen Umgangs mit solchen Stoffen", erklärte Andreas Hein, Abteilungsleiter Abwasserbehandlung im Klärwerk. Seit 1985 wird in der Kläranlage das Abwasser der Stadt behandelt. Und seit 2010 hat man eine erste Aktivkohlefilterung, allerdings nur für einen Teilstrom des ankommenden Abwassers, in Betrieb genommen. 20 Prozent des Abwassers liefen über die Aktivkohlefilterung. Seit der Minister gestern mit der Umweltbürgermeisterin und dem Betriebsleiter der Kläranlage, Alexander Mauritz symbolisch den roten Startknopf, gedrückt hat, sind es rund 90 Prozent.

Bis zu einer Gesamtmenge von über 10 000 Liter Abwasser pro Sekunde kann die Kläranlage aufnehmen und notfalls eine Zeit lang in Regenüberlaufbecken zurückhalten. Bei den vorhandenen Regenrückhaltebecken verfügte man über eine gewisse Überkapazität, sodass man Teile dieser Rückhaltebecken für die Aktivkohlefilterung einsetzen konnte.

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