Patrick-Henry-Village: Neonazi arbeitete im Sicherheitsdienst
Bekannter Kasseler Neonazi war seit Anfang September im Dienst

Flüchtlinge im ehemaligen Patrick-Henry-Village. Archiv-Foto: Rothe
Von Sören S. Sgries
Heidelberg. Böse Überraschung in der Heidelberger Flüchtlingserstaufnahme im Patrick-Henry-Village: Offenbar seit Anfang September arbeitete hier ein polizeibekannter Neonazi als Sicherheitsmann, wie Polizeisprecher Norbert Schätzle am späten Freitagabend kurz nach 23 Uhr gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung bestätigte.
Aufmerksam geworden war die Polizei auf den Mann in der Nacht auf Freitag, bei einer "verdachtsunabhängigen Kontrolle" gegen 4 Uhr morgens, wie Schätzle erklärte. Bei der Überprüfung der Mitarbeiter in der Kirchheimer Aufnahmeeinrichtung, die von der privaten Firma "European Homecare" betrieben wird, in der aber ein anderer Sicherheitsdienst arbeite, sei der Beamte auf Auffälligkeiten gestoßen.
Im Laufe des Tages habe sich der Verdacht dann erhärtet: Der Mann sei wegen politisch motivierter Straftaten "polizeibekannt" gewesen. Inzwischen habe er Hausverbot auf dem PHV-Gelände in Kirchheim. Offenbar hatte er bis dahin drei Nachtschichten als Sicherheitsmann absolviert. Von Vorfällen in dieser Zeit war vorerst nichts bekannt.
Auf Antifa-Seiten wird berichtet, bei dem Mann handele es sich um den 27-jährigen Kasseler Neonazi Rene S.. Auf verschiedenen Fotos wird der bullige, kahlgeschorene Mann nicht nur auf dem Gelände der Heidelberger Flüchtlingsunterkunft in Security-Dienstkleidung gezeigt. Sondern es findet sich auch ein Foto - offenbar von seiner Hochzeit-, auf dem Rene S. in Begleitung bekannter Neonazis zu sehen ist, die in szenetypischer Kleidung posieren.
Laut dem Bericht gehört Rene S. zum "harten Kern" der Gruppe "Sturm 18 Cassel" – die 18 ist ein szenetypisches Erkennungszeichen, das Bezug auf den 1. sowie den 8. Buchstaben des Alphabets nimmt. AH – wie Adolf Hitler. Rene S. soll auch deutlich sichtbar eine 88 ("HH" für den Hitlergruß) als Tätowierung im Nacken tragen.
Unklar ist, wie der Rechtsradikale den Job im Sicherheitsdienst bekommen konnte. European Homecare weist darauf hin, dass die Security-Firma über das Regierungspräsidium beauftragt worden sei. Mit der Auswahl oder Betreuung der Mitarbeiter habe man nichts zu tun. Das liege "bei gänzlich anderen Unternehmen". Völlig unklar sind die Motive, warum ein Kasseler Neonazi in Heidelberg Arbeit suchte. "Die Gründe kennen wir nicht", sagt Polizeisprecher Schätzle.
Derzeit leben auf dem Areal in Heidelberg-Kirchheim rund 2700 Flüchtlinge. Eigentlich steht das Sicherheitspersonal unter besonderer Beobachtung, spätestens seitdem im September 2014 bekannt geworden war, dass Wachleute in einer Flüchtlingsunterkunft in Nordrhein-Westfalen Asylbewerber misshandelt und gedemütigt hatten. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat von der Sicherheitsfirma eine Stellungnahme angefordert.
Hinweis: In einer vorherigen Version des Artikels entstand der Eindruck, der PHV-Betreiber "European Homecare" sei für die Auswahl des Sicherheitspersonal verantwortlich. Das ist nicht der Fall.