Völkerkundemuseum: Mehr Fragen als Antworten - und der Bürgermeister schweigt

Kuratoriumsvorsitzender Peter Koepff steht hinter der Museumsleiterin. Der Gemeinderat gibt wohl einen Zuschuss.

16.12.2016 UPDATE: 17.12.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden

Der Gemeinderat ist wohl gewillt, dem Völkerkundemuseum im Palais Weimar mehr Geld zu geben - im Gegensatz zur Verwaltung. Foto: Rothe

Von Anica Edinger

Heidelberg. Lässt die Stadt das Völkerkundemuseum ausbluten? Wieso verweigert sie der Institution im denkmalgeschützten Palais Weimar die dringend benötigte Erhöhung des Zuschusses? Dieser stagniert seit Jahren bei 7320 Euro, während vergleichbare Einrichtungen finanziell viel besser ausgestattet werden. Weshalb setzt sich Kulturbürgermeister Joachim Gerner nicht für die Sicherung des Fortbestandes ein? Und warum wendet er sich stattdessen als Kuratoriumsmitglied der Portheim-Stiftung, Träger des Museums, in einer von ihm unterzeichneten Pressemitteilung öffentlich gegen Museumsleiterin Margareta Pavaloi, die für mehr städtische Gelder kämpft?

Zu all diesen Fragen möchte sich der Kulturbürgermeister nicht mehr öffentlich äußern, wie Stadtsprecher Achim Fischer mitteilt. Ein von der RNZ angefragtes Telefonat oder Treffen lehnt Gerner ab. Laut Fischer könne er die Situation des Museums in seiner Funktion als Kuratoriumsmitglied aufgrund der Satzungsbestimmungen "nicht öffentlich bewerten".

Als Gerner vor wenigen Wochen die Stellungnahme des Kuratoriums gegen Museumsleiterin Pavaloi unterzeichnete, hatte er damit offenbar noch kein Problem. Pavaloi hatte sich im Gespräch mit der RNZ für ihr Museum stark gemacht - und betont, dass ohne eine Förderung der Stadt der Fortbestand gefährdet sei.

Pavaloi beantragte, den Zuschuss auf 372.000 Euro zu erhöhen - die Stadtverwaltung aber stockte die Förderung in ihrem Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/2018 nicht um einen einzigen Euro auf. Die Leiterin des Museums fragte: "Wieso fährt die Stadt die Taktik des Ausblutens?" Bürgermeister Gerner setze sich dafür ein, so betont Stadtsprecher Fischer, dass das Museum erhalten und erweitert werden könne.

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Schließlich ist das auch die Aufgabe eines Kuratoriumsmitgliedes - jedenfalls steht es so in der Satzung des Museums, die der RNZ in Auszügen vorliegt. Seit 1955 ist darin geregelt, dass der Oberbürgermeister oder ein Stellvertreter einen festen Sitz im Kuratorium der Stiftung haben muss.

Dass Pavalois Förderantrag nicht berücksichtigt wurde, liegt offenbar an einem fehlenden Konzept. Wenigstens antwortete Stadtsprecher Fischer auf die Frage, wie es zu rechtfertigen sei, dass etwa der Kunstverein im Vergleich zum Völkerkundemuseum einen städtischen Zuschuss in Höhe von rund 311.000 Euro bekommt: "Der Kunstverein hat ein Konzept mit klar definierten Zielen, Zielgruppen, Strategie und Maßnahmen. Darauf gründet sich die Entscheidung über die Höhe des Zuschusses."

Im Völkerkundemuseum gibt es aktuell weder eine Kuratoren- noch eine Restauratorenstelle, die sich um die Sammlungen kümmern könnte. Der Bestand ist noch nicht einmal vollständig inventarisiert - weil den wenigen Mitarbeitern schlicht die Zeit fehlt. Das Kuratorium erklärte in seiner Stellungnahme, es werde nun ein solches Konzept erarbeiten - und auf Grundlage dessen vermutlich zum Haushaltsjahr 2019 einen erneuten Förderantrag stellen.

In der Satzung ist auch geregelt, was im Falle der Aufhebung der Stiftung mit deren Vermögen geschieht. "Hierbei sollte in erster Linie die Stadt Heidelberg das Stiftungsvermögen übernehmen mit der Auflage, das Völkerkundemuseum weiterzuführen", heißt es. Diese Maßgabe wurde in einer Satzungsänderung im Jahr 1977 aufgenommen. Gerüchte, die Stadt wolle in diesem Falle das Völkerkundemuseum in das städtische Kurpfälzische Museum überführen, dementierte Fischer.

Klar ist aber auch: Müsste die Stiftung und somit auch das Museum und dessen Goldschmidt-Sammlung tatsächlich aufgelöst werden, fielen der Stadt auch diverse Grundstücke in die Hände, die der Stiftung gehören - etwa das "Haus zum Riesen" am Anatomiegarten. Ungewöhnlich ist auch, dass der Vorsitzende des Kuratoriums, Peter Koepff, die Pressemitteilung gar nicht unterzeichnet hat, sondern an erster Stelle sein Stellvertreter, Günter Reimann-Dubbers.

Dabei ist auch das öffentliche Auftreten des Kuratoriums in der Satzung geregelt: "Der Vorsitzende oder sein Stellvertreter ist im Falle unaufschiebbarer Dringlichkeit befugt, anstelle des Kuratoriums zu handeln." Koepff war verreist, als die Stellungnahme an die Mitglieder des Gemeinderats und die Medien versandt wurde. Und er vertritt eine ganz andere Position als seine Kuratoriumskollegen: Bei der Eröffnung der neuen Ausstellung machte er am 4. Dezember öffentlich deutlich, dass er hinter Pavaloi und ihren Bestrebungen steht, für eine bessere finanzielle Ausstattung des Museums zu kämpfen.

Nach RNZ-Informationen sieht das auch die Mehrheit des Gemeinderats so - und stellt sich gegen die Stadtverwaltung: Offenbar wollen die Stadträte beantragen, dass das Museum im nächsten Jahr 36.500 Euro und im Jahr 2018 sogar 73.000 Euro von der Stadt bekommen soll.

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