Gemeinderat schafft Sperrzeitverordnung für die Altstadt ab
Samstags wird bis um 5 Uhr ausgeschenkt - Landesregelung gilt schon ab 1. Januar - Ordnungsdienst wird aufgestockt

Jetzt ist es amtlich: Bereits ab Neujahr dürfen die Kneipengänger in der Heidelberger Altstadt werktags bis 3 Uhr und am Wochenende bis 5 Uhr feiern - so lange wie im restlichen Baden-Württemberg auch. Mehr als zwei Drittel des Gemeinderates stimmte gestern dafür, die Sperrzeitverordnung für die Altstadt ganz abzuschaffen und den Kommunalen Ordnungsdienst um vier Mitarbeiter aufzustocken.
Seit 1. Januar 2010 gelten in Baden-Württemberg die aktuellen Sperrzeiten für Gaststätten. Doch die Diskussion um Lärm, Dreck und Randale hatten damals dazu geführt, dass der Gemeinderat für die Altstadt die alte Regelung beibehalten wollte und für diesen Stadtteil eine eigene Sperrzeitverordnung erließ. Diese gilt jetzt nur noch bis zum 31. Dezember. Bis dahin dürfen die Gastronomen ihre Gäste unter der Woche nur bis um 2 Uhr und in den Nächten auf Samstag und Sonntag bis 3 Uhr bewirten.
Nachdem sich schon in den Ausschüssen eine deutliche Mehrheit der Stadträte für die Landesregelung abgezeichnet hatte, versuchte die "Bunte Linke", die Entscheidung zu vertagen. Für ihren Antrag fanden Arnulf Weiler-Lorentz und Hilde Stolz aber keine Unterstützer. Stattdessen folgten alle anderen Stadträte der Argumentation von Bürgermeister Wolfgang Erichson: dass ein aktuelles Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof einer Entscheidung des Gemeinderates nicht entgegenstehe. Zudem betonte Erichson, dass das aktuelle Gutachten des Büros Genest und Partner "keine gesundheitsbedenklichen Lärmwerte" für die Anwohner festgestellt habe. Daher könnten die Räte frei entscheiden.
Die Gegner der längeren Kneipenöffnungszeiten versuchten vergebens, ihre Gemeinderatskollegen doch noch aufzuhalten. Beate Deckwart-Boller (Grüne) sprach sich für einen besseren Interessensausgleich zwischen Anwohnern und Wirten aus und befürchtet, dass nun erneut Gerichte über die Sperrzeitverordnung entscheiden müssen. Und Ursula Lorenz (Freie Wähler) sieht das Hauptübel im Alkohol: Je länger die Kneipen geöffnet hätten, desto mehr werde getrunken und gelärmt. Auch Hilde Stolz (Bunte Linke) versuchte den alten Beschlussvorschlag der Verwaltung zu retten - dass die Kneipen werktags um 1 Uhr und am Wochenende um 3 Uhr schließen müssen: "Die Verwaltung hat in den Ausschüssen genügend Argumente dafür auf den Tisch gelegt." Ganz anders Karl Breer (FDP), der ein flammendes und humorvolles Plädoyer für die Landesregelung hielt: Schon 1386, direkt nach der Gründung der Universität, hätten sich Anwohner über Lärm beschwert. Auch der Begriff "die Sau rauslassen" sei in Heidelberg entstanden, als Studenten nachts die Türen von Schweineställen öffneten. Breer: "Alle, die Heidelberg pflegen und erhalten wollen, sollten auch diese alten Traditionen pflegen."
Am Ende stimmte der Gemeinderat bei zwölf Gegenstimmen für die Landesregelung. Doch das ist nicht das letzte Wort: Auf Anregung von Andreas Grasser (SPD) sollen die Sperrzeiten in der Altstadt in einem Jahr erneut überprüft werden. Dann werde sich zeigen, ob die "weichen Maßnahmen" wie die personelle Aufstockung des Ordnungsdienstes und der mögliche Einsatz von Deeskalationsteams sowie ein verbessertes Nachtbusangebot die Lärmproblematik entschärfen konnten.



