Die Heidelberger Bäckerei Mantei steht vor dem Aus
Der Traditionsbetrieb muss bis Ende des Jahres seine Produktionsstätte räumen – Hofbauer-Gruppe kaufte die Zentrale an der Eppelheimer Straße

Die Firmenzentrale der Bäckerei Mantei in der Bahnstadt: In dem Bau links vorne ist das Café untergebracht, eine der erfolgreichsten Filialen des Unternehmens. Rechts daneben steht die große Produktionshalle, wo gebacken wird. Foto: Rothe
Von Sebastian Riemer
Einem Heidelberger Traditionsunternehmen droht der Untergang. Die Bäckerei Mantei, die in der Region 20 Filialen betreibt und rund 150 Mitarbeiter beschäftigt, muss ihre Firmenzentrale in der Bahnstadt bis Ende des Jahres räumen. In dem Gebäude an der Eppelheimer Straße produziert das Unternehmen seine Backwaren und betreibt ein großes Café.
Bereits vor anderthalb Jahren hat der Besitzer der Zentrale, die Heidelberger Grundstücksverwaltung GmbH (HGV), die Kündigung zum 31. Dezember 2016 ausgesprochen. Die Gesellschaft hatte dem Bäckereiunternehmen das Objekt samt Grundstück und Inventar im Jahr 2003 abgekauft, nachdem Mantei in finanzielle Schwierigkeiten geraten war.
Hintergrund
Die Bäckerei Mantei wurde 1959 in der Römerstraße von Gerhard und Anneliese Mantei gegründet, 1963 zog sie in die Bergheimer Straße um. Seit Anbeginn gibt es das Schinderhannes-Brot, aber bekannt wurde das Unternehmen durch seine Baguettes, am einstigen
Die Bäckerei Mantei wurde 1959 in der Römerstraße von Gerhard und Anneliese Mantei gegründet, 1963 zog sie in die Bergheimer Straße um. Seit Anbeginn gibt es das Schinderhannes-Brot, aber bekannt wurde das Unternehmen durch seine Baguettes, am einstigen Bergheimer Firmensitz prangt immer noch ein goldenes Stangenbrot an der Fassade. Die Idee für diese Innovation hatte Mantei durch eine französische Urlaubsbekanntschaft; er besorgte sich einen Backofen aus Straßburg und machte sich mit französischem Teig vertraut. Die Liebe zum Nachbarland ging so weit, dass sich die Firma den Beinamen "Votre Boulanger" (Ihr Bäcker) gab. Als Gerhard Mantei 1995 starb, übernahm sein Sohn Uwe die Geschäfte, ein Jahr drauf kaufte er die ehemalige Holzhandlung Rothfuß in der Eppelheimer Straße und baute sie zu einer großen Backstube samt Bistro um.
Damit begann der Abstieg: Bereits um die Jahrtausendwende wurde es finanziell klamm für das Unternehmen, das kräftig expandiert hatte. Zum 25. Firmenjubiläum 1984 gab es nur eine Filiale und 22 Mitarbeiter, zum 50. waren es schon 23 Filialen und 150 Mitarbeiter. Bereits 2003 musste Uwe Mantei, der mittlerweile nach Köln gezogen war, die große Halle verkaufen. Vor genau vier Jahren, zum 1. November 2012, eröffnete das Amtsgericht Heidelberg das Insolvenzverfahren gegen die Bäckerei, zum Insolvenzverwalter wurde der Heidelberger Rechtsanwalt Gordon Rapp berufen. Das Sortiment wurde gestrafft, allerdings wurden nur zwei Filialen geschlossen (und dafür zwei neue eröffnet), fast alle Mitarbeiter behielten ihren Job. Im Sommer 2014 war das Insolvenzverfahren offiziell beendet, Rapp zeigte sich optimistisch, was die Zukunft der Firma anging. In diesem August übergab Uwe Mantei die Leitung an Sohn Jean-Marc. hö
Nach der Kündigung bot die HGV ihren Besitz zum Kauf an - und vor sechs Wochen schlug die Hofbauer-Gruppe zu. Die Hofbauers sind in der Region keine Unbekannten: Sie hatten etwa das Landgut Lingental in Leimen betrieben. In Heidelberg gehört ihnen bereits der "Alte Kohlhof".
Warum die HGV vor anderthalb Jahren die Kündigung aussprach, ist nicht bekannt. Laut Jean-Marc Mantei, der die Leitung des Unternehmens in diesem Jahr von seinem Vater Uwe Mantei übernahm, gab es "hin und wieder verspätete Zahlungen, aber keine Mietausfälle". Jedoch hatte Mantei die monatliche Miete von 13.000 auf 9000 Euro reduziert - wegen "baulicher Mängel", wie er sagt.
Nach RNZ-Informationen ist die wirtschaftliche Lage von Mantei extrem angespannt. Offenbar steht die Firma kurz vor der endgültigen Pleite. Nachdem im Sommer 2014 ein zweijähriges Insolvenzverfahren mit der Rettung des Unternehmens endete, sprach der Insolvenzverwalter noch von einer "guten Basis". Doch nun gibt Jean-Marc Mantei zu, dass Löhne und Mieten teilweise verspätet gezahlt werden müssen. "Das geht nach dem Sommerloch vielen Bäckern so", sagt er - und zeigt sich zuversichtlich, das Unternehmen sanieren zu können. "Wir sind auf einem guten Weg." Er habe ein Einsparpotenzial von bis zu 15.000 Euro im Monat ausgemacht. Zudem gebe es neue Zulieferverträge, wie etwa mit dem Hotel "Radisson Blu" in Mannheim.
Doch all das bringt nichts, wenn Mantei seine Brötchen nicht mehr in der Eppelheimer Straße backen kann. "Deshalb würden wir gerne noch hierbleiben, bis wir in ein paar Jahren die Möglichkeit haben, einen Umzug zu stemmen", so Mantei. "Wir brauchen frisches Geld." Er glaubt aber nicht, dass es im Interesse der neuen Besitzer sei, sie als Mieter zu behalten: "Die wollen die Halle lieber leer haben."
Dieser Darstellung widerspricht Florian Hofbauer vehement. "Wir hätten gerne einen Mietvertrag über fünf Jahre plus X zu den jetzigen Konditionen gemacht", so Hofbauer. Doch weder eine entsprechende Mietbürgschaft, noch andere Unterlagen, die Hofbauer erbeten hatte, habe Mantei vorlegen können. Zudem habe er auf einer kurzfristigen, einseitigen Kündigungsmöglichkeit bestanden. "Unsere Geduld ist am Ende", sagt Florian Hofbauer, "Mantei verhält sich extrem unkooperativ." Deshalb erwarte er nun, dass das Unternehmen das Gelände bis Ende des Jahres räumt.
Zu seinen eigenen Plänen hält Hofbauer sich noch bedeckt. Die Mitarbeiter, die in den gastronomischen und anderen Betrieben im inzwischen geschlossenen Landgut Lingental beschäftigt waren, bezahlt er jedenfalls weiter - und sucht eine neue Bleibe. "In der Eppelheimer Straße könnten wir uns eine branchenübergreifende, innovative Nutzung vorstellen, welche die Bahnstadt bereichern würde", so Hofbauer.
Wie die RNZ aus gut informierten Kreisen erfuhr, hat die Hofbauer-Gruppe über zwei Millionen Euro bezahlt. Im Kaufpreis enthalten war dabei auch die komplette Einrichtung der Mantei-Firmenzentrale, wie sie im Jahr 2003 bestand - von den Backöfen bis zu den Kaffeelöffeln. Und auch wenn Mantei und Hofbauer sich nun darüber streiten, welche Gegenstände genau wem gehören, wird deutlich: Selbst wenn beide sich doch noch auf einen Mietvertrag einigen würden, steht völlig in den Sternen, ob die Bäckerei in ein paar Jahren die Investition in eine neue Produktionsstätte samt Einrichtung stemmen könnte.
Der Kauf ist jedoch noch nicht endgültig in trockenen Tüchern. Denn dabei hat auch die Stadt ein Wörtchen mitzureden. Sie muss auf Basis des Entwicklungsrechts den Kaufpreis prüfen - und kann die Genehmigung versagen, wenn die städtebauliche Entwicklung der Bahnstadt durch den Kauf erschwert würde. Jedoch kann die Stadt diese Prüfung erst durchführen, wenn ein entsprechender Antrag des Verkäufers eingegangen ist - dieser liegt aber noch immer nicht vor. "Eine Prognose über das voraussichtliche Prüfergebnis können wir zum jetzigen Zeitpunkt öffentlich nicht machen", so ein Stadtsprecher. Erst wenn diese Analyse erfolgt ist, kann die Stadt in einem zweiten Schritt auch noch ermitteln, ob sie ein Vorkaufsrecht hat.
Dass die Stadt sich in diese Angelegenheit zweier privater Unternehmen einmischt oder gar eine Mantei-Rettungsaktion startet, ist aber unwahrscheinlich. Stadtsprecher Timm Herre sagt dazu nur: "Die Stadt ist zur wirtschaftlichen Neutralität verpflichtet."
Der Bäckerei Mantei läuft jetzt schlicht die Zeit weg. Denn die Kündigung zum 31. Dezember kam fristgerecht - und war offenbar völlig rechtskonform.



