Neckar-Odenwald-Kliniken: Anklage gegen Kliniken-Chefarzt erhoben

Nach Einspruch des Arzts gegen den Strafbefehl gibt es eine juristische Aufarbeitung vor dem Schwurgericht

26.03.2015 UPDATE: 27.03.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 40 Sekunden

Bei einer OP soll es Behandlungsfehler gegeben haben, die zumindest mitverantwortlich für den Tod einer Frau waren. Foto: dpa

Neckar-Odenwald-Kreis. (wd) Nachdem ein Chefarzt der Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen den Strafbefehl wegen fahrlässiger Tötung nicht akzeptierte und dagegen Einspruch einlegte, hat nun die Staatsanwaltschaft Mosbach gegen ihn unter Rücknahme des Strafbefehls Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge erhoben. Damit wird die Verhandlung gegen den Mediziner in absehbarer Zeit vor dem Schwurgericht in Mosbach zur Verhandlung kommen. Wie Oberstaatsanwalt Franz-Josef Heering der RNZ auf Anfrage gestern mitteilte, werde es in der Verhandlung hauptsächlich um die Frage der Aufklärung der Patientin vor der Operation gehen.

Hintergrund

Vor einer Untersuchung oder Behandlung muss der Arzt den Patienten genau aufklären und seine Einwilligung einholen. Hat er nicht die Zeit dazu, sollte man nachhaken - und nicht zu schnell entscheiden.

"Bevor ein Arzt etwas unternimmt, muss er genau erklären, was er

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Vor einer Untersuchung oder Behandlung muss der Arzt den Patienten genau aufklären und seine Einwilligung einholen. Hat er nicht die Zeit dazu, sollte man nachhaken - und nicht zu schnell entscheiden.

"Bevor ein Arzt etwas unternimmt, muss er genau erklären, was er vorhat", sagt Michaela Schwabe von der Berliner Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). "Und zwar so, dass man es versteht und genug Zeit zum Überlegen hat." Denn anfangen dürfe der Arzt erst, wenn der Patient einer Untersuchung oder Behandlung ausdrücklich zugestimmt hat - außer es liegt ein Notfall vor. Schwabe: "Das zu beachten ist im Praxis- oder Klinikalltag oft nicht leicht, aber trotzdem unerlässlich."

Hat ein Arzt nicht genug Zeit, sollte man nachhaken: Warum empfiehlt er eine Maßnahme, wie funktioniert sie, und welche Erfolgsaussichten hat sie? "Diese Aufklärung muss auf jeden Fall mündlich passieren", erklärt die Patientenberaterin. "So steht es im Gesetz, eine schriftliche Information alleine reicht hier nicht."

Nur so könne man als Patient Fragen stellen - zum Beispiel, wenn es um die Risiken einer Untersuchung oder Behandlung geht. Denn auch die muss der Arzt darstellen. Gleiches gilt für mögliche Alternativen zur vorgeschlagenen Maßnahme.

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Wie die RNZ bereits berichtete, hat der Chefarzt der Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie der Neckar-Odenwald-Kliniken in Buchen am 13. Juli 2012 eine 30-jährige Frau im Bauchraum operiert, wobei es offenbar zu Komplikationen gekommen war. Es wurde zwar mit einer Verlegung der Patientin in eine Mannheimer Klinik versucht, das Leben zu retten. Doch am 19. Juli 2012 ist die Frau verstorben. Sie hinterließ einen Mann und einen heute dreijährigen Sohn.

Ein Gutachten vom 7. Oktober 2013, das die Staatsanwaltschaft in Auftrag gab, bestätigte, dass es bei der OP Behandlungsfehler gegeben habe, die zumindest mitverantwortlich für den Tod der Frau waren. Der Operateur habe eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und Fehler begangen, die nicht mehr verständlich erscheinen, "weil diese einem Arzt für Viszeralchirurgie nicht unterlaufen dürfen."

Gutachten bestätigt Fehler

Die Staatsanwaltschaft hatte aufgrund der Umstände ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet, das zunächst mit dem Erlass eines Strafbefehls in Höhe von 270 Tagessätzen endete. Nachdem der Chefarzt aber hiergegen Einspruch einlegte und das zuständige Amtsgericht Buchen die Angelegenheit dem Landgericht Mosbach vorlegte und beide Gerichte die juristische Einschätzung der Staatsanwaltschaft teilen, wurde von dieser mit Verfügung vom 17. März nun Anklage erhoben.

Für Oberstaatsanwalt Heering stellt sich in dem Verfahren die Frage, ob es eine umfassende Aufklärung der Patientin durch den behandelnden Chefarzt gegeben hat. Eine Indikation zu einer Operation habe es ohne Zweifel gegeben. Die Frage sei, für welche, so der Oberstaatsanwalt. Weiter müsse gefragt werden, ob es eine wirksame Einwilligung der Patientin zur erfolgten Operation gegeben habe.

Der Patient müsse alle Umstände kennen, um letztlich eine freie Entscheidung zu treffen. Wenn es diese Aufklärung nicht gegeben habe, sei das eine Körperverletzung mit Todesfolge. Das sei nun ein qualitativ anderer Vorwurf als bei der fahrlässigen Tötung, der auch einen anderen Strafrahmen beinhalten könne. Hier sei jetzt eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, im minderschweren Fall sogar bis zu zehn Jahren möglich.

Um sich neuen beruflichen Aufgaben zu widmen, soll der Chefarzt (unabhängig von dem tragischen Ereignis) die Neckar-Odenwald-Kliniken bis Ende Juni verlassen. Von 2010 bis 2014 war er zudem Ärztlicher Direktor der Kliniken.

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