Entwicklung in Walldürn

"Gewerbeflächen sind nahezu voll belegt"

Bürgerinformation: Zwei neue Gewerbeflächen sollen ausgewiesen werden - Bürgerinitiative sieht einseitige Wirtschaftsorientierung

09.04.2017 UPDATE: 10.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Stein des Anstoßes: 22,6 Hektar im Süden Walldürns sollen als wirtschaftlich nutzbare Fläche ausgewiesen werden. Das Bild zeigt den Abschnitt "Schöner Busch" neben der Panzerstraße.

Von Christian Hagenbuch

Walldürn. Vorausschauend planen für zukünftigen Bedarf an Gewerbeflächen - und dadurch den Standort Walldürn langfristig sichern? Oder einseitige Bevorzugung wirtschaftlicher Interessen, und dabei über die Belange der Bürger hinweggehen? So in etwa lassen sich die Standpunkte skizzieren, die während der Bürgerinformationsveranstaltung im "Haus der offenen Tür" aufeinandertrafen. Bürgermeister Markus Günther hatte dort zur Diskussion in Sachen Fortschreibung Flächennutzungsplan (FNP) im Gemeindeverwaltungsverband Hardheim-Walldürn (GVV) geladen.

Etwa 80 Besucher waren gekommen, darunter Mitglieder der örtlichen Bürgerinitiative, welche dieses Vorhaben kritisch beäugt. Konkret ging es um die beiden Flächen "Schöner Busch" und "Löschenacker", die im Rahmen des FNP-Verfahrens als wirtschaftlich nutzbare Gebiete im Walddistrikt "Großer Wald" ausgewiesen werden sollen. Die erstgenannte Waldfläche grenzt unmittelbar an das Betriebsgelände der Firma Procter&Gamble (Braun) an und soll vorrangig dieser für mögliche zukünftige Expansionen zur Verfügung stehen. Die südliche Grenze verläuft entlang der "Panzer"- bzw. Waldstraße.

Die Gesamtfläche von 22,6 Hektar teilt sich wie folgt auf: 15,3 Hektar Industriegebiet im östlichen Abschnitt; 2,5 Hektar reines Gewerbegebiet; 2,2 Hektar eingeschränktes Industriegebiet; 1,6 Hektar Mischgebiet und 1,0 Hektar Grünfläche (alles westlicher Abschnitt). Der östlich der B 27 gelegene Wiesenbereich "Löschenacker" mit 14,9 Hektar ist als Gewerbegebiet geplant und soll zuvorderst "kleinteilige" Betriebe aus Walldürn anziehen. Diese Flächengrößen hat die Stadt Walldürn an den GVV gemeldet. Sie sind aber nicht abschließend, die Raumordnungsbehörde kann sie noch ändern.

Bürgermeister Günther betonte eingangs - und wiederholt im weiteren Verlauf des Abends - die Notwendigkeit seitens der Stadt, mit Blick auf die wirtschaftliche Zukunftssicherung langfristig zu planen und geeignete Industrie- und Gewerbeflächen vorzuhalten. In den vergangenen Jahren seien insgesamt 67,8 Hektar Gewerbefläche auf Gemarkung Walldürn entwickelt worden. "Derzeit sind wir nahezu voll belegt", so Günther. Lediglich ein Hektar sei aktuell noch verfügbar, d. h. im Eigentum der Stadt.

Christoph Reif, Betriebsleiter der Firma Braun, stellte anschließend zwei aktuelle Baumaßnahmen (Erweiterung/Neubau Halle) vor. Die Verlagerung eines drei Technologiestufen umfassenden Produktionsschritts nach Walldürn habe dies erfordert. Gebaut werde auf dem derzeitigen Firmengelände, dennoch seien Optionen zur Erweiterung langfristig sinnvoll. An dieser Stelle bemerkten mehrere Vertreter der Bürgerinitiative, dass genau diese Verlagerung das Hauptargument im Vorentwurf des FNP gewesen sei. Weitere Kritikpunkte betrafen u. a. die als unzureichend beurteilte Informationspolitik des GVV.

Zusammen mit den Repräsentanten des GVV wies Günther diese Sichtweise zurück. Geschäftsführer Jürgen Glaser vom Büro IFK aus Mosbach erläuterte die einzelnen Schritte des Verfahrens zur Aufstellung des FNP und legte Wert auf die dort mehrfach vorgesehene Beteiligung der Öffentlichkeit. Beim FNP gehe es - anders als beim Bebauungsplan - in groben Zügen um die Festlegung der grundsätzlichen Art der Bodennutzung. Details, inklusive tiefer gehender Prüfungen, kämen erst später zum Tragen. "Beim FNP geht es um einen Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren."

Diplom-Ingenieur Volker Simon erläutere dann detailliert die Belange von Natur- und Umweltschutz, welche nach derzeitigem Stand keine grundsätzlichen Bedenken an der Fortschreibung hervorriefen. Schließlich stellte Markus Günther dar, dass die heutige Bürgerinformation kein Teil des formellen Verfahrens sei. "Wir haben mit dieser Veranstaltung auf die Irritationen im Vorfeld reagiert. Sie können versichert sein, dass der GVV das Verfahren ordentlich durchziehen wird." Ferner erinnerte er an die öffentliche Abhaltung der GVV-Sitzungen sowie die Einbeziehung schriftlicher Einwände in Verfahren und Abwägungsentscheid.

Seitens der Bürgerinitiative wurde argumentiert, dass "ohne unser Engagement der Abend gar nicht erst stattgefunden hätte". Weitere Stimmen waren der Meinung, es gehe der Stadt "nur um das Füllen des eigenen Säckels mit Steuereinnahmen. Warum werden neue Flächen nicht über den Verbands-Gewerbepark ausgezeichnet?"

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