Bernd Stegmann

Ein Musiker, der gerne die Grenzen überschreitet

Bernd Stegmann nimmt zusammen mit der Heidelberger Kantorei eine CD mit eigenen Chorwerken nach eigenen Texten auf.

27.04.2024 UPDATE: 27.04.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Bernd Stegmann und die Heidelberger Kantorei bei den CD-Aufnahmen. Foto: MR
Interview
Interview
Bernd Stegmann
Dirigent in Heidelberg und ehemaliger Rektor der Hochschule für Kirchenmusik

Von Matthias Roth

Heidelberg. Bernd Stegmann ist in Heidelberg als Dirigent seit 1986 und Rektor der Hochschule für Kirchenmusik (2006-2018) bekannt. Er leitete hier die Heidelberger Kantorei und den Badischen Kammerchor. Der Schüler von Helmut Barbe, Ernst Pepping und Sergiu Celibidache tritt in letzter Zeit auch als Komponist und Arrangeur hervor und publizierte "Lieder mit Worten" nach Felix Mendelssohn sowie "Geistliche Lieder" nach Klavierwerken von Schumann. Jetzt fanden im Pfaffengrund unter seiner Leitung CD-Aufnahmen von eigenen Chorwerken nach eigenen Texten statt. Wir waren bei der Probe und haben mit Bernd Stegmann über seine Arbeit gesprochen.

Herr Stegmann, wann sind Ihre Gedichte und wann Ihre Kompositionen entstanden?

Die Entstehung der Gedichte umfasste einen längeren Zeitraum. Die ersten liegen bestimmt schon fünf bis sechs Jahre zurück und sind eher konventionell: gereimte Texte, die sich dann weiter entwickelten. Ich habe sie immer mit der Musik zusammen konzipiert und später ausgearbeitet. Derzeit schreibe ich an einem neuen Gedichtband, der viel freiere Formen nutzt und wie die CD im Herbst erscheinen soll.

Wie würden Sie Ihre Musik beschreiben?

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Stilistisch ist es eine Art Postmoderne, die sowohl Pop- und Jazz-Elemente, aber auch Liedhaftes enthält. Es gibt aber auch Stücke, die eher Minimal Music sind. Ich habe solche Bausteine zusammengefügt zu etwas Neuem. Hauptsächlich aber sind diese Stücke rhythmisch erfunden, oft sehr motorisch. Das Stück "Grenzenlos" (so auch der Titel des Gedichtbandes) beschreibt auch andere als musikalische Grenzüberschreitungen. Das Stück "Seitenwechsel", das wir gerade probten, wirbt dafür, die Seiten des Wohlstandsmenschen mit jenen, die im Schatten stehen, zu tauschen. Der schnelle Teil soll dazu ermuntern, der langsame stellt die beiden Alternativen gegeneinander. Auch das ist eine Grenzüberschreitung, wenn man’s genau nimmt. Ich habe aber auch Sätze der Messe in den Gedichten, die jeweils erweitert und aktualisiert wurden – auch das eine Grenzüberschreitung.

Sind sowohl Ihre Dichtung als auch Ihre Musik als religiös zu verstehen?

Im weitesten Sinne schon.

Vielleicht auch im Kirchenkontext?

Die ersten Gedichte, die ich schrieb, waren noch Texte, die man als Kirchenlieder hätte singen können. Ich habe hier aber Stücke versammelt, die zwar auch eine Kurzmesse beinhalten, aber es sind meist ältere Stücke, die den Messtext aktualisieren. Zum Beispiel das Credo: Da kommt nur noch der erste Satz des Kirchentexts vor, darauf folgt ein freier Text.

Wie viele Stücke beinhaltet die CD?

19. Es gibt auch solistische Stücke darunter. Aber die meisten sind vier- bis sechsstimmig oder auch doppelchörig.

Die Instrumentierung beschränkt sich auf Klavier, Kontrabass und Akkordeon?

Mal ist das Akkordeon dabei, manchmal nicht. Es ist so gedacht, dass die rhythmische Komponente durch Klavier und Kontrabass gestärkt wird, während das Akkordeon eine bestimmte Farbe und eine harmonische Grundierung beiträgt. Ich habe bewusst kein Schlagzeug dazugenommen, denn dann würde man das Ganze sofort als Pop-Musik wahrnehmen.

Lassen sich die Stücke als Gemeindegesang verwenden?

Ich denke, der Tonfall ist zwar weit ab von sonstiger, aktueller ernster Musik, aber auch vom heutigen Gemeindegesang. Die Stücke sind recht schwer zu realisieren, gerade die schnellen Stücke haben es durchaus in sich. Die brauchen einen ambitionierten Chor, auch wenn sich die Musik in Dur und Moll bewegt.

Gab es einen besonderen Anlass, diese Texte zu schreiben?

Am Anfang tatsächlich, denn ich wurde als Chorleiter und Leiter der Hochschule für Kirchenmusik häufig konfrontiert mit dem neuen Geistlichen Lied, das leider meist so erbärmliche Texte aufweist, die nichts als Worthülsen benutzen. Da habe ich versucht, selbst welche zu schreiben. Es damals zwei Bände als Neue Kirchenlieder erschienen. Daraus hat sich alles entwickelt. Ich bin dann weggekommen von den geistlichen Texten, auch von gereimten Formen. In diesen Stücken sind aber die Spuren der alten noch Lieder enthalten.

Hat Sie die Corona-Zeit oder der einsetzende Ruhestand vielleicht dazu bewegt, sich an den Tisch zu setzen und an solchen Dingen zu arbeiten?

Schon ein bisschen. Ich habe sowas vorher ja nie gemacht. Aber während der Pandemie war ich hauptsächlich mit dem Handbuch der Chormusik beschäftigt, das sehr umfangreich geworden ist. Derzeit arbeite ich auch wieder an Texten, aber es gibt kaum konkrete Anlässe dafür. Man kann sich so etwas ja nicht vornehmen: Es kommt halt in den Sinn oder nicht. Ich arbeite ja auch unvermindert weiter mit meinen Chören, der Heidelberger Kantorei etwa. Das ist immer noch meine Hauptbeschäftigung.

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