Warum SAP den Datenspezialisten Qualtrics kauft
Walldorfer Software-Unternehmen kauft US-Firma für acht Milliarden Dollar - Der hohe Preis schockiert die Börse
Von Daniel Bernock
Walldorf. Der Software-Riese SAP greift mal wieder tief in die Taschen und stärkt sich in einem Geschäftsbereich mit einer vielversprechenden Zukunft. Wie das Unternehmen Sonntagnacht mitteilte, soll für acht Milliarden US-Dollar (aktuell rund sieben Milliarden Euro) das US-Unternehmen Qualtrics übernommen werden. Die Amerikaner gehören zu den führenden Anbietern von Vertriebs- und Marketingsoftware, in der Branche CRM genant. Qualtrics wirbt damit, Erlebnisse zu schaffen. Grundlage dafür sind unter anderem die Daten der Kunden und der Mitarbeiter, die das Unternehmen analysiert.
Die angekündigte Übernahme - die Behörden müssen dem Deal noch zustimmen, die Qualtrics-Aktionäre habe dies bereits getan - wäre die bisher größte in der Geschichte der SAP. Der bisher teuerste Zukauf war das US-Unternehmen Concur, das SAP im Jahr 2014 für rund 6,5 Milliarden Euro übernommen hatte. Der hohe Preis schmeckte gestern den Anlegern an der Börse nicht. An einem schwachen Handelstag verlor die Aktie mehr als fünf Prozent und schloss knapp unter der Marke von 90 Euro. Ende September kostete eine Aktie noch fast 108 Euro.
Die Übernahme sei bei dem so wichtigen Ausbau des Bereichs CRM-Software ein "großer Schritt nach vorne", sagte Mirko Maier, Aktienanalyst der LBBW der RNZ. Der Preis hingegen sei "heftig" und sicher dem Fakt geschuldet, dass die Übernahme auf den letzten Metern vor einem Börsengang passierte. Zudem, so Maier, seien in dem Kaufpreis wohl teure Bonus-Zusagen an die Mitarbeiter enthalten. In der IT-Branche sei es durchaus normal, dass den Beschäftigten vor einem Börsengang Aktien-Optionen zugesichert werden. Da es nun nicht zu einem Gang aufs Parkett von Qualtrics kommen wird, müsse SAP dies nun ausgleichen.
Der hohe Kaufpreis habe die Börse erst einmal verschreckt, sagte Maier. Obwohl SAP bei den bisherigen Übernahmen immer ein gutes Händchen bewiesen habe. "Da gab es bisher noch keinen Flop", so Maier. Vor allem unter der Führung des Amerikaners Bill McDermott hat SAP sich im Bereich Mietsoftware (Cloud) durch Übernahmen gestärkt - und damit mit der früheren Tradition gebrochen, eher aus eigener Kraft zu wachsen.
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Der Zukauf wird in der Branche auch als Angriff auf den Konkurrenten Salesforce gewertet. Die Amerikaner, der größte Konkurrent der SAP im Cloud-Bereich, machen zwar weniger Umsatz als der Dax-Konzern, dafür ist der Bereich mit Mietsoftware größer. Vor allem im Bereich CRM seien die SAP-Produkte im Vergleich mit der Konkurrenz nicht ganz vorne dabei gewesen, sagte Aktienanalyst Maier. Das könne sich nun durch den Zukauf ändern. Zumal Qualtrics ordentliche Wachstumszahlen vorweise.
Der Vorstands-Chef von Qualtrics, Ryan Smith, war bis zuletzt auf einer sogenannten Roadshow, um Investoren von dem Börsengang des Unternehmens zu überzeugen, der in den kommenden Wochen hätte stattfinden sollen. Nun kommt es anders, auch zur Überraschung von SAP-Chef Bill McDermott: "Wir hätten niemals gedacht, dass wir Qualtrics bekommen könnten", sagte McDermott und verwies auf einen "massiven" Markt mit einem Volumen von mehr als 44 Milliarden Dollar, den man mit Qualtrics beackern könne.
Die Amerikaner planen in diesem Jahr einen Umsatz von 400 Millionen US-Dollar. Der Kaufpreis, den SAP zahlt, entspricht also dem zwanzigfachen des Jahresumsatzes. Dem Finanzchef Luka Mucic kommt entgegen, dass Qualtrics mit seinen Cloudangeboten profitabel ist und der Anteil dessen, was vom Umsatz am Ende übrig bleibt, höher ist als bei SAP selbst. Das sollte die Profitabilität des Gesamtkonzerns anheben. Die Prognose für den Konzern will Mucic anpassen, wenn der Deal abgeschlossen ist.