Völkerkundemuseum Heidelberg

Faszinierende Reise ins Zentrum der Welt

Das Völkerkundemuseum Heidelberg führt mit der Ausstellung "Die Batak" in den Norden Sumatras - Vernissage am Sonntag

28.06.2018 UPDATE: 29.06.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden

Das Heidelberger Völkerkundemuseum. Archiv-Foto: Rothe

Von Ingeborg Salomon

Der Toba-See im Norden Sumatras gilt bei dem dort lebenden Volk der Batak als Zentrum der Welt. So weiß es der Schöpfungsmythos, der auf der indonesischen Insel auch heute noch lebendig ist, auch wenn die meisten Batak längst Moslems oder Christen sind. Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Batak ist Samosir, eine Insel im Toba-See. Kein Tourist kommt daran vorbei, und ihre landschaftliche Schönheit wird jedem Reisenden in Erinnerung bleiben. Die typischen Pfahlbauten, in denen die Batak über Jahrhunderte lebten und zum Teil noch leben, sind dort noch erhalten. Als Holz-Modelle anschaulich nachgebaut sind sie Teil der Ausstellung "Die Batak", die am Sonntag im Heidelberger Völkerkundemuseum der von Portheim-Stiftung eröffnet wird.

Das Museum hat einen großen Bestand an Geräten, Waffen, Kultgegenstände, Büchern und Stoffe der Batak. Victor Goldschmidt und seine Frau Leontine geb. von Portheim waren nämlich eifrige Sammler und erwarben bereits 1921 - also zwei Jahre nach Gründung ihrer Stiftung - einen großen Bestand der Batak-Sammlung. In den 1970er Jahren kamen weitere Exponate dazu. Museumsdirektorin Dr. Margareta Pavaloi und Kurator Robert Bitsch geben bei der Vernissage eine Einführung in Geschichte und Kultur dieses indigenen Volkes, das mit insgesamt 8,5 Millionen Angehörigen eine der größten ethnischen Minderheiten Indonesiens ist. Die Ausstellung ist thematisch gegliedert und ausführlich beschriftet, so dass auch Laien eine gute Vorstellung von dieser fremden Kultur bekommen können.

Die Architektur: Als Modell aufgebaut ist die Struktur eines Dorfes mit Wohnhäusern, Speichergebäuden und Beinhäusern zur Bestattung der Toten. Diese Pfahlbauten stehen auf hohen Stelzen, um das Innere vor Feuchtigkeit und Ungeziefer zu schützen. Auffällig sind die kunstvoll geschwungenen Satteldachkonstruktionen mit steil emporragenden Giebeln. Die Aufteilung ist klar: Zwischen den Pfählen lebte das Vieh, in der mittleren Etage teilten sich mehrere meist verwandte Familien einen großen Gemeinschaftsraum. Immer zwei Frauen benutzten darin einen Herd, darüber wurden in einem Regal die persönlichen Kochutensilien aufgehängt. Im Obergeschoss unter dem Dach lagerten Feuerholz, Werkzeuge und Waffen.

Handwerk und Kampf: Speere, große Haumesser, Kugelhalter und Pulverfläschchen zeugen davon, dass die Batak ein sehr selbstbewusstes Volk waren, das sich gegenüber Feinden zu verteidigen wusste. Verglichen mit anderen Völkern Indonesiens kamen sie deshalb auch erst spät, nämlich 1907 nach dem Tod des letzten Priesterkönigs, unter die Kolonialherrschaft der Niederländer.

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Textilien: In der Ausstellung sind dünne Baumwollstoffe zu sehen, die um 1900 gewebt wurden. "Als Schulter- und Turbantücher, aber auch als Wickelröcke und Hochzeitsgeschenke begleiten sie einen Batak ein Leben lang", erklärte Robert Bitsch gegenüber der RNZ. Dunkelblau - der Farbstoff wird aus der Indigo-Pflanze gewonnen - und dunkelrot sind vorherrschende Farben. Eingearbeitet sind weiße Felder mit eingewebten männlichen und weiblichen Symbolen.

Musik und Schrift: Die Batak spielten verschiedene Trommeln, Lauten und Flöten. Prachtstück der Ausstellung ist ein großer Gong, der die Menschen zusammenrief. Musik begleitete viele kultische Handlungen. Dabei wurde auch oft getanzt, die Tänzer legten mit Perlen bestickte kostbare Gürtel an. Besonders eindrucksvoll sind auf dünnem Rindenpapier geschriebene Bücher, vom winzig kleinen Büchlein bis zum dickleibigen Wälzer. Inhaltlich geht es oft um Rezepte aus der Heilkunde und Ritualsprüche.

Kultgegenstände: Mannshohe Zauberstäbe mit kunstvollen Schnitzereien lassen den Priesterkult der Batak lebendig werden. Eingelassen in das dunkle Holz ist oft ein kleines Fach mit Deckel für Zauberpulver. Die Batak glaubten, das stärke die Lebenskraft. Auch der Mondkalender spielte eine wichtige Rolle, nicht in der Zeitrechnung, sondern für kultische Zwecke.

"Die heutigen Batak sind in die Gesellschaft auf Sumatra sehr gut integriert, besonders in der Hauptstadt Medan, und begleiten oft hohe Verwaltungsposten", erläutert Robert Bitsch. Doch ihren Traditionen sei das Volk noch sehr verbunden; deshalb sei die Freude über den Erhalt ihrer Kultur im Ausland auch groß. Die Ausstellung im Völkerkundemuseum ist dazu ein wichtiger Beitrag.

Info: Die Ausstellung "Die Batak" wird am Sonntag, 1. Juli, um 14.30 Uhr im Völkerkundemuseum Heidelberg, Hauptstr. 235, eröffnet und bis 4. November gezeigt.

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