St. Leon-Rot stößt an seine Grenzen
Rat verabschiedete Haushaltsplan 2018 - Bürgermeister Eger warnt vor Überforderung angesichts vieler Großprojekte

St. Leon-Rot. (seb) Panik wollten Bürgermeister Dr. Alexander Eger und Kämmerer Harry Zorn auch nicht schüren, aber den diesjährigen Haushaltsplan durchaus als Schuss vor den Bug verstanden wissen: "Wir können nicht alles und vor allem nicht alles auf einmal", sagte Eger in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Personell, zeitlich und unweigerlich irgendwann auch finanziell stoße man an Grenzen.
Das veranschlagte ordentliche Gesamtergebnis des "ambitionierten Zahlenwerks" weist bei Erträgen von gut 76 Millionen ein Minus von über einer Million Euro auf: Das bedeutet natürlich nicht, dass St. Leon-Rot das Geld ausgeht, die Finanzausstattung ist nach wie vor außergewöhnlich und die dieses Jahr geplanten Investitionen - mitsamt den bereits begonnenen Projekten macht das 26 Millionen - werden sicher nicht alle in diesem Jahr umgesetzt und abgerechnet. Aber so wie bisher geht es auch nicht weiter.
Das wurde auch in den Stellungnahmen der Fraktionen deutlich, die etwa die Verminderung der Haushaltsergebnisse seit Einführung der doppelten Buchführung in Konten (Doppik) 2014 ansprachen. Wichtigster Grund "ist das Riesen-Investitionsprogramm, das wir uns auferlegt haben", so Eger. Darüber hinaus, dass die Gewerbesteuer als größte Einnahmequelle nicht so zuverlässig fließt wie erhofft. So blieb sie laut Eger 2017 bei 50 Millionen und damit drei Millionen unter den Erwartungen, "und das, obwohl es allenthalben heißt, dass die Wirtschaft brummt". Zudem muss die Gemeinde 2018 ein Steuerrisiko einberechnen, da laufe gerade ein Gerichtsverfahren: Nicht nur die eigentlichen zehn Millionen, sondern auch sechs Prozent Zinsen müssen zurückgestellt werden. Diese Zinsen müsse man auch erst einmal erwirtschaften, so Eger, "bei Kreditinstituten - wenn wir jemanden finden, der unser Geld nimmt, ohne dass wir bezahlen müssen - kriegen wir 0,2 Prozent." Die Gemeinde erhalte nur 100.000 Euro aus Zinsen bei Banken, rechnete Eger mit hörbarer Frustration vor.
Nach der Entnahme der Million zum Ausgleich des Gesamtergebnisses wird die Ergebnisrücklage bei rund elf Millionen Euro liegen. Dies sagt aber noch nichts über die tatsächlich verfügbaren Summen aus: Die liquiden Mittel, also Erspartes nach altem Haushaltsrecht, lagen Ende 2017 noch bei 90 Millionen. Doch auch diese könnten bis Ende 2018 auf 50 Millionen Euro abschmelzen.
Die über 76 Millionen Euro Einnahmen stammen zu 90 Prozent (über 68 Millionen) aus Steuern. Mehr als fünf Millionen Euro betragen verschiedene Zuschüsse, die Zinserträge liegen bei 428.000 Euro - doch 328.000 davon kommen von Darlehen an die Eigenbetriebe (die Gemeinde erhält dabei für ihr Geld mehr als bei den Banken, dafür kommen die Betriebe günstiger weg als auf dem freien Markt).
Auch interessant
Drei Viertel der Aufwendungen von über 77 Millionen sind Transferleistungen an Kreis, Land und Bund: 59 Millionen. Fast 5,7 Millionen betragen die Personalkosten: Die Verwaltung wurde laut Eger aufgestockt, nämlich wegen der Großprojekte der Gemeinde, wegen der gewachsenen Aufgabenfülle - Stichwort Flüchtlinge (200 leben derzeit in der Anschlussunterbringung der Gemeinde) sowie Jugend- und Schulsozialarbeit - und außerdem wegen neuer Aufgaben, die der Gesetzgeber aufbürde. Für Sach- und Dienstleistungen müssen 6,5 Millionen aufgewendet, für den Werteverlust des Gemeindebesitzes über 3,6 Millionen einberechnet werden.
Der Finanzhaushalt selbst ist bei Einnahmen von 76 Millionen mit 3,2 Millionen im Plus. Bloß müssen fürs Gesamtergebnis eben die Abschreibungen und weitere Rückstellungen einbezogen werden. Und dieses Plus gelingt laut Eger auch nur, weil für den "gewaltigen Brocken" von über 18 Millionen für die Investitionen 12,8 Millionen aus den liquiden Mitteln abfließen. Wie umfangreich das Aufgabenpensum der Gemeinde ist, machte Eger auch an den 15 Millionen aus Investitionen deutlich, die im Vorjahr nicht abgeschlossen wurden. "Wir laufen am Limit", so Eger, "wir machen’s gerne, wir sind motiviert, St. Leon-Rot weiter nach vorne zu bringen, aber wir dürfen uns nicht übernehmen."
Für den Erwerb von Grundstücken und Wohnraum sind 5,6 Millionen Euro eingeplant. Das sei in Niedrigzinszeiten sinnvoll, so der Bürgermeister, "das sind Geldanlagen". 1,4 Millionen Euro fließen in die Erweiterung der Parkringschule, 550.000 in den Anbau der Mönchsbergschule. Für den Umbau von Mietwohnungen der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft wird fast eine Million nötig, für Straßenbaumaßnahmen, unter anderem barrierefreie Bushaltestellen und eine Neubaugebiets-Erschließung, 460.000 Euro. Teilfinanzierung des Jugendzentrum-Neubaus (600.000 ), Aufwertung zweier Spielplätze (400.000 ), Planungen fürs Pfarrhaus St. Leon (340.000 ) und weitere Maßnahmen am Harres (540.000 ) sieht der Plan zudem vor.
Besonders hob Bürgermeister Eger die Mittel hervor, die an die Eigenbetriebe fließen, letzten Endes ein Service am Bürger: drei Millionen an Darlehen, 2,3 Millionen an Eigenkapitalaufstockungen. Fast 17 Millionen Euro hat die Gemeinde bis dato ihren Eigenbetrieben an Krediten gewährt und 7,7 Millionen an Eigenkapital zugeführt - auch da stoße man allmählich an Grenzen, so Eger.
In den Finanz-Betrachtungen bis 2021 sind unter anderem Investitionen in Kramer-Mühle, Bibliothek, Rathaus, Feuerwehren, Kindergärten, Schulen, Ortssanierung, Lärmschutz an der Autobahn und die Friedhöfe aufgeführt. Die Ergebnisrücklage dürfte dann auf 8,4 Millionen sinken und der Finanzierungsmittelbedarf bei 16,3 Millionen liegen. Das Abschmelzen der liquiden Mittel auf unter 35 Millionen ist laut dem Bürgermeister besonderes schwerwiegend, ist die Differenz zu den Umlageverpflichtungen von dann 65 Millionen doch erheblich. Eger warnte also nachdrücklich vor einer Überforderung: Noch müsse man die Lage nicht allzu schwarz sehen, weil die Ausgaben vermutlich nicht in voller Höhe getätigt werden und die Einnahmen womöglich besser ausfallen. Aber man müsse zeitnah über die Prioritäten nachdenken.



