Messerstecher war Ex-Freund der Toten (Update)
Ermittler gehen von Beziehungstat aus - Im Ort herrscht Erschütterung - Eltern des Opfers hatten 15-Jährigen bereits angezeigt

Ludwigshafen/Kandel. (dpa-lrs) Nach der Bluttat im pfälzischen Kandel sitzt der mutmaßliche Täter in Untersuchungshaft. Gegen den 15-Jährigen sei Haftbefehl wegen Totschlags ergangen, berichtete die Leitende Oberstaatsanwältin Angelika Möhlig am Donnerstag in Ludwigshafen. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei der mutmaßliche Täter der Ex-Freund des 15-jährigen Opfers gewesen.
Anfang Dezember habe sich die junge Frau von ihm getrennt. Die beiden seien am Mittwochnachmittag wohl zufällig in dem Drogeriemarkt in Kandel aufeinandergetroffen. Der junge Afghane habe den Ermittlungen zufolge dort ein Messer gezogen und auf das Opfer eingestochen, sagte Möhlig.
Der mutmaßliche Messerstecher von Kandel ist nach Polizeiangaben ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Der 15 Jahre alte Afghane sei im April vergangenen Jahres nach Deutschland eingereist, sagte Polizeivizepräsident Eberhard Weber in Ludwigshafen.
Die Eltern des Opfers haben den mutmaßlichen Täter bereits vor zwei Wochen wegen Beleidigung, Nötigung und Bedrohung angezeigt. Damals habe das 15 Jahre alte Mädchen die Beziehung zu dem mutmaßlichen Täter beendet, woraufhin es zu den Delikten gekommen sein soll, sagte Polizeivizepräsident Eberhard Weber am Donnerstag in Ludwigshafen. Der 15 Jahre alte Afghane wird beschuldigt, das deutsche Mädchen am Mittwoch mit einem Messer in einem Drogeriemarkt erstochen zu haben. Nach der Anzeige sei der Jugendliche der Vorladung der Polizei mehrfach nicht gefolgt. Daraufhin hätten Polizisten ihm am Tattag die Vorladung am Vormittag persönlich ausgehändigt.
Ein paar Blumen, ein paar Kerzen - viel mehr ist es nicht, was am Donnerstagmorgen vor dem Drogeriemarkt im südpfälzischen Kandel an die Bluttat vom Vortag erinnert. Bände sprechen aber die Gesichter von Menschen, die nach eigener Aussage in der Nähe waren, als ein 15-Jähriger ein gleichaltriges Mädchen im Geschäft mit einem Messer tödlich verletzt haben soll. Dazu gehört die 31 Jahre alte Diana Jäger. "Ich habe Schreie gehört und den Streit", berichtet die mitgenommen wirkende Frau. Sie habe in der weitläufigen Filiale am Ortsrand gerade Fotos ausdrucken wollen, als die Tat passiert sei.
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Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft kam es am Mittwochnachmittag gegen 15.20 Uhr zu einem Streit. Der mutmaßliche Täter, ein junger Afghane, soll dann ein Messer gezogen und zugestochen haben. Nähere Angaben zu seiner Person, ob es sich beispielsweise um einen Flüchtling handelt, machten die Ermittler zunächst nicht. Das Opfer soll nach ersten Erkenntnissen in Begleitung in dem Drogeriemarkt gewesen, aber nicht mit dem 15-Jährigen dorthin gekommen sein.
Zeugin Diana Jäger erinnert sich, dass sie zusammen mit anderen Marktbesuchern in Richtung der Kosmetikabteilung gelaufen sei. Das Mädchen habe da bereits am Boden gelegen, umringt von anderen Jugendlichen. Jemand habe den Namen der Verletzten gerufen, Rufe wie "bleib da!" und "bleib wach!" seien zu hören gewesen. Das Mädchen, das die deutsche Nationalität hat, wurde noch ins Krankenhaus gebracht, wo ihr die Ärzte aber nicht mehr helfen konnten.
Worum es bei dem Streit gegangen sei, wisse sie nicht, berichtet Jäger. Einer der Jugendlichen habe ihr aber gesagt, dass der Ex-Freund des Mädchens auf dieses eingestochen habe. Der junge Mann sei von Passanten festgehalten worden sei. "Der stand einfach nur da und hat nichts gesagt." Die Tatwaffe sei ein Brotmesser gewesen, erzählt die 31-Jährige. Zu den Hintergründen des Streits und zur Tatwaffe halten sich die Ermittler aber zunächst ebenfalls bedeckt.
Die genauen Hintergründe der Bluttat kennt auch Verbandsgemeindebürgermeister Volker Poß nicht. Zum Täter weiß er nur: "Es ist niemand, der bei uns in der Verbandsgemeinde wohnhaft ist." Kandel ist ein Ort mit knapp 10.000 Einwohnern im Landkreis Germersheim, gelegen in der Südpfalz auf ungefähr halber Strecke zwischen Landau und Karlsruhe. Erlebt hätten die Menschen dort eine solche Bluttat noch nicht, sagt der Verbandsgemeindebürgermeister. Einmal habe einer die Sparkasse überfallen, erinnert sich eine 69-Jährige. Aber den Täter habe man gleich gefasst.
Auch Menschen, die die Tat nicht miterlebt haben, zeigen sich betroffen. So etwa eine Frau, die am Morgen mit drei Kindern rosa Rosen vor der Filiale ablegt und eine Kerze entzündet. "Ich habe selbst drei Kinder", sagt die Frau und kann ihre Tränen kaum zurückhalten. "Mein Herz ist bei den Eltern. Das ist das Allerschlimmste, das passieren kann." Sie kritisiert auch, dass es vor dem Geschäft so aussieht, als ob nichts passiert wäre. "Man kann es nicht einfach ignorieren und so tun, als ob nichts gewesen wäre."
Die rheinland-pfälzischen Minister Anne Spiegel (Grüne) und Roger Lewentz (SPD) haben mit Betroffenheit reagiert. "Unsere Gedanken und die Anteilnahme der Landesregierung gelten der Familie und den Freunden des Opfers", erklärten die Familienministerin und der Innenminister am Donnerstag. Es werde alles getan, um die Hintergründe der "schrecklichen Tat" aufzuklären. Nach bisherigen Ermittlungen hat ein 15 Jahre alter Afghane das gleichaltrige deutsche Mädchen mit einem Messer attackiert und tödlich verletzt. Der Jugendliche wurde festgenommen.
Update: 28. Dezember 2017, 14.50 Uhr