Hannover-96-Fans verwechselten Feiern mit Verwüsten
300.000 Euro Sachschaden im Sandhäuser Hardtwald-Stadion nach Hannovers Bundesliga-Aufstieg

Fans von Hannover 96 zerschneiden ein Tornetz im Hardtwald-Stadion. Foto: Gerold
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Ein nicht alltägliches Unterhaltungs-Programm bekamen die Bewohner eines Seniorenheims in Sandhausen geboten. Am Sonntagmorgen entkleideten sich Anhänger von Hannover 96 und nahmen ein Bad im Leimbach. Während man über diesen Vorfall schmunzeln kann, ist die Bilanz nach dem Gastspiel des künftigen Erstligisten nicht lustig.
Auf knapp 300.000 Euro schätzt Otmar Schork den Schaden, den entfesselte Schlachtenbummler aus Hannover nach dem Aufstieg in die Bundesliga im Hardtwald-Stadion anrichteten. Der Geschäftsführer des SV Sandhausen beklagt abmontierte Tore, herausgerissene Rasenstücke und - besonders kostspielig - eine demolierte elektronische Werbebande.
Weil einige stark alkoholisierte Fans Feiern mit Verwüsten verwechselten, ist auch das Sündenregister der Polizei lang. Schon im ICE von Hannover nach Mannheim randalierten 200 Gästefans. Am Bahnhof St. Ilgen wurde eine Beamtin bespuckt und beleidigt, in Wiesloch/Walldorf und auch am Hardtwald wurde Pyrotechnik gezündet und dabei ein Beamter verletzt. Im Shuttlebus ging eine Scheibe zu Bruch. Sitze wurden mit Hundekot beschmiert. Die Polizei leitete 46 Strafverfahren ein und setzte elf Fans fest. Beim Platzsturm im Stadion drangen 8000 Hannoveraner in den Innenbereich ein. Drei verletzten sich an Armen und Händen erheblich, als sie über den Zaun klettern wollten. Zwei Rettungshubschrauber brachten sie ins Krankenhaus. Sanitäter leisteten in 24 Fällen erste Hilfe.
In der knapp 15.000 Einwohner zählenden Gemeinde ging die Party des Grauens weiter. Laut Bürgermeister Georg Kletti wurden Absperrungen von Baustellen weggeräumt, ein Zaun an einem Privathaus eingerissen und der Zufluss von provisorischen Wasserrohren abgedreht. Annähernd 50 Haushalte saßen auf dem Trockenen. Selbst drei Ortsschilder ließen die Vandalen mitgehen - als Souvenirs. Der Schaden beträgt rund 1500 Euro.
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"Fußball ist eine wunderschöne Sache. Doch am Sonntag haben wir die hässliche Seite erlebt", sagt Kletti. Das Ortsoberhaupt, selbst ein begeisterter Fußballfreund, gibt zu bedenken: "Es war eine verschwindend kleine Minderheit unter den 9000 Anhängern aus Hannover, die auffällig geworden ist. Aber leider prägen sie das Bild." Gegen die rote Invasion, sagen Kletti und Schork, habe man keine Chance gehabt. "Es war gut, dass die Polizei im Stadion versucht hat, zu deeskalieren", meint der Bürgermeister. Da sich Tausende an den Zäunen drängten, war es wohl auch sinnvoll, nicht dagegen einzuschreiten, als einige die Tore öffneten.
Martin Kind, der Präsident von Hannover 96, hat versprochen, die Schäden zu begleichen. Der Schrecken bleibt. Schork: "Wir sind von den Massen überrollt worden. Wir konnten uns gerade noch in Sicherheit bringen."



