Als die Feuerwehr eintraf, kam es bei BASF zur Explosion
Bei einem Unglück im Ludwigshafener Nordhafen starben mindestens zwei Arbeiter - Die Hintergründe sind noch unklar

Die Stichflamme nach der Explosion bei der BASF am Montag vor einer Woche war über 100 Meter hoch. Gestern hieß es, eine irrtümlich durchgesägte Rohrleitung könnte eventuell die Ursache für das Unglück gewesen sein. Foto: dpa
Von Alexander Albrecht
Ludwigshafen. Es sind Routinetätigkeiten, wie sie jeden Tag bei der BASF vorkommen. Beschäftigte des Chemieriesen und einer Fremdfirma arbeiten am Montagmorgen im Ludwigshafener Nordhafen an einem Rohrleitungsgraben. Gegen 11.30 Uhr passiert es: Zwischen Hafengelände und einer Tankanlage steigen Flammen auf. Eine Versorgungsleitung ist in Brand geraten. Feuerwehren der Stadt und der BASF sind schnell vor Ort. Kaum sind sie eingetroffen, gibt es einen ohrenbetäubenden Knall, der bis an die Bergstraße zu hören ist. Eine pechschwarze, wolkenkratzerhohe Ruß- und Rauchsäule steigt gen Himmel. Sie ist noch nach 20 Uhr zu sehen.
Die Hintergründe der Explosion liegen am Montagabend im Dunkeln. So lange dauert der zähe Kampf gegen die Folgebrände an. Das Feuer sollte kontrolliert ausbrennen. Der Ludwigshafener Feuerwehrchef Peter Friedrich löst am Mittag Großalarm aus. Wasserwerfer werden in einem Sicherheitsabstand von 60 Metern postiert, dazu kommen Löschboote. Mehr als 160 Wehrleute sind im Einsatz.
BASF-Werksleiter Uwe Liebelt wirkt bei einer Pressekonferenz am Nachmittag sichtlich angespannt. Das Unglück habe mindestens ein Todesopfer gefordert, sechs Menschen würden vermisst, verkündet er zu diesem Zeitpunkt. Hinzu kämen sechs Schwer- und einige Leichtverletzte. Die Lage sei aber noch sehr unübersichtlich und ändere sich beinahe minütlich, ergänzt Stefan Lang, Ärztlicher Direktor der BASF. Am Abend korrigiert das Unternehmen die Angaben und meldet einen zweiten Toten, der als vermisst galt. Beide Verstorbenen sind nach BASF-Angaben "Mitarbeiter". Da sich drei Vermisste inzwischen gemeldet hatten, sinkt deren Zahl auf zwei.
Liebelt verspricht Stunden zuvor, alles dafür tun zu wollen, die Ursachen des Unglücks rasch in Erfahrung zu bringen. Der BASF-Manager steht unter Druck, muss er den Medien doch noch von einem zweiten Zwischenfall am selben Tag in Lampertheim berichten. Er könne noch nicht sagen, welcher chemische Stoff in Brand geraten sei, betont Liebelt. Der Hafen sei für die Rohstoffversorgung der BASF von großer Bedeutung.
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Dort würden Flüssiggase und brennbare Flüssigkeiten verladen. Untersuchungen des Unternehmens mit Messfahrzeugen hätten keine akuten Gefährdungen der Bevölkerung durch die Luft ergeben. Dennoch werden Bewohner in den nördlichen Stadtteilen von Ludwigshafen und Mannheim sowie in Viernheim über Sirenenalarm und das "Katwarn"-App-System vorsorglich dazu aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben, Türen und Fenster geschlossen zu halten sowie Lüftungs- und Klimaanlagen abzuschalten. Autofahrer werden gebeten, den Bereich rund um den Explosionsort großräumig zu umfahren. Zudem errichtet die BASF nach der Explosion Wassersperren zwischen dem Nordhafen und dem Rhein. Auch hier seien keine erhöhten Messwerte festgestellt worden, so Liebelt.
Als weitere Sicherheitsmaßnahme seien nach der Explosion die zwei sogenannten Steamcracker sowie zwölf weitere Anlagen am Standort heruntergefahren worden, erklärt der Werksleiter. Dabei hätten sich Fackeln gebildet, weil Stoffe in Leitungen verbrannt werden müssten. Die Steamcracker seien das Herzstück des Werks, an dem eine ganze Reihe an chemischen Grundbausteinen für die Produktion entstehen. Über den Sachschaden will Liebelt nicht reden. "Das ist nicht mein größtes Problem heute", sagt er.
Das Land Rheinland-Pfalz hat wegen Produktaustritten in der "TDI-Anlage" bei der BASF eine Inspektion angeordnet, deren Ergebnisse für November erwartet werden. Am Montag folgen die Explosion in Ludwigshafen und der Lampertheimer Unfall. Schrillen in Mainz jetzt die Alarmglocken? Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) warnt im Gespräch mit der RNZ vor Vorverurteilungen. Man sollte erst eine Einschätzung abgeben, wenn man Genaueres wisse, rät er.
"Natürlich" werde das Land dafür sorgen, "dass wir alle Informationen bekommen". Sollte es anschließend zur Erkenntnis kommen, dass höhere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden müssten, werde man dies "selbstverständlich" in die Wege leiten. "Das sieht die BASF sicher ähnlich, zumindest haben wir das Unternehmen immer so kennengelernt", so Lewentz. Der Landtag plant bereits eine Sondersitzung. Die zuständigen Ausschüsse sollen darüber beraten, wie es zu dem Vorfall im Hafen kam.