Tödlicher Unfall in Heidelberger Altstadt: Fahrer fuhr 20 statt 7 Stundenkilometer

Sprinter-Fahrer wird angeklagt – Verkehrssituation an der Ebert-Schule hat sich etwas entschärft

17.05.2016 UPDATE: 18.05.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden

Sofort nach dem Unfall am 15. Januar wurde der Mercedes-Sprinter abgeschleppt und beschlagnahmt. Foto: Alex

Von Holger Buchwald

Nach dem tödlichen Unfall in der Theaterstraße in der Altstadt, bei dem der neunjährige Ben von einem Lieferwagen überrollt wurde, hat die Staatsanwaltschaft nun Anklage beim Schöffengericht erhoben. Dem 56-jährigen Fahrer des Mercedes-Sprinters wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Er soll nach den Berechnungen des Gutachters in dem verkehrsberuhigten Bereich, in dem maximal sieben Stundenkilometer erlaubt sind, mit rund 20 km/h unterwegs gewesen sein. "Nach unserer Ansicht wäre der Unfall vermeidbar gewesen, wenn der Mann die Schrittgeschwindigkeit eingehalten hätte", so Jochen Braig, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Ein Termin für den Prozess steht noch nicht fest.

Der Unfall ereignete sich am 15. Januar gegen 12.30 Uhr. Es hatte leicht geschneit. Ben und seine Freunde, allesamt Schüler der Friedrich-Ebert-Grundschule, nutzten die Gelegenheit für eine Schneeballschlacht. Im Spiel rannte Ben von der Hofeinfahrt gegenüber der Schule auf die Theaterstraße, stürzte und wurde von dem Lieferwagen, der in Richtung Plöck unterwegs war, überrollt. Braig räumt mit dem Gerücht auf, dass der Viertklässler von einem Spielkameraden geschubst worden sei: "Dazu liegen uns keine Erkenntnisse vor."

Der Fahrer des Lieferwagens und die Freunde Bens standen nach dem schrecklichen Unfall unter Schock. Notfallseelsorger von der Feuerwehr und vom Roten Kreuz kümmerten sich um die Kinder und begleiteten die Eltern des Verunglückten zur Unfallstelle.

Die anderen Mütter und Väter der Ebert-Grundschüler und die Anwohner in der Altstadt reagierten mit Wut und Empörung. Der Ärger richtete sich vor allem gegen die Stadtverwaltung, die in ihren Augen eine Mitschuld an dem Unfall trage. Die Theaterstraße sei in diesem Bereich nicht klar als verkehrsberuhigter Bereich erkennbar, so einer der Vorwürfe - und das, obwohl dort nicht nur die Schule, sondern auch der Anna-Blum-Spielplatz liegt.

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Bei einem "stillen Protest" vor dem Rathaus beklagten sie, dass das Verkehrsmanagement die Warnungen lange ignoriert habe. Die Debatte um die Verkehrssicherheit für Kinder war entfacht. Inzwischen gab der Gemeinderat grünes Licht für ein Sicherheitsaudit: Ein externer Gutachter soll nun alle sensiblen Bereiche vor Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen auf ihre Verkehrssicherheit überprüfen.

In der Theaterstraße selbst wurden noch im Januar zwei Bodenschwellen installiert, die Autos abbremsen sollen. Ein Parkplatz wurde entfernt, um die Sicht für Autofahrer und Fußgänger zu verbessern, zwei Piktogramme "Achtung Kinder!" auf der Fahrbahn angebracht. Zudem sichern nun zwei neue Geländer vor der Schule und dem Spielplatz die Kinder ab.

Ellen Möller, Kinderbeauftragte in der Altstadt, begrüßt diese Verbesserungen. Die beiden Bodenschwellen seien allerdings noch zu weit voneinander entfernt, sodass viele Autofahrer zwischen ihnen noch einmal Gas geben. Die Stadt überlegt deshalb auch, die Stelle komplett zu pflastern. Möller schlägt unterdessen vor, dass gegen Falschparker, die häufig auf dem Gehweg vor der Schule parken, noch strenger vorgegangen wird.

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