Schultoiletten: ein Griff ins Klo?

Sind Schultoiletten "Kammern des Schreckens" oder ganz okay? Das ZeitJung-Team hat rund 170 Schüler aus der Region befragt.

22.11.2012 UPDATE: 22.11.2012 11:00 Uhr 4 Minuten, 48 Sekunden
Mehr Farbe erwünscht: 38 Prozent der Schüler hätten gerne bunte Wände, 34 Prozent bunte Türen. Gegen bunte Klodeckel hätten sicherlich viele auch nichts einzuwenden. Foto: Schucker
Von Anja Hammer

Schon wenn man die Tür aufmacht, stinkt's. Und hat man sich doch überwunden und sich in die enge Kabine gezwängt, bereut man es schon fast. Die Klobrille ist verpinkelt, das Toilettenpapier ist alle. Von fehlenden oder kaputten Handtüchern und leeren Seifenspendern ganz zu schweigen. Klar würde man öffentliche Toiletten am liebsten meiden, aber in der Schule geht das einfach schlecht. Irgendwann kneift es dann doch. Und dann? Wir haben rund 170 Schüler an vier Schulen befragt, was sie von ihrer Toilette halten, woran es hakt und was man ihrer Ansicht nach verbessern könnte.

Nicht versetzungsgefährdet

Die gute Nachricht zuerst: Die WCs an der Werkrealschule Höpfingen, am Gymnasium Walldorf sowie am Hölderlin-Gymnasium oder der Theodor-Heuss-Realschule in Heidelberg sind zumindest nicht versetzungsgefährdet. Mit einem Notenschnitt von 2,6 hat die Werkrealschule Höpfingen am besten abgeschnitten, am unzufriedensten sind die Schüler des Heidelberger Hölderlin-Gymnasiums. Mit einer Durchschnittsnote von 4,3 erteilen sie ihren Toiletten eine Watsche. Das Gymnasium Walldorf und die Theodor-Heuss-Realschule wurden beide mit einer Drei minus beurteilt. Das ist für die Schulen aber kein Grund zum Aufatmen: Glatte Sechsen wurden nämlich überall verteilt - sei es für den Gesamteindruck, die Sauberkeit oder für den Schönheitsaspekt.

Natürlich sind manche Probleme hausgemacht. Wenn sich manche über die "schlechte Trefferquote", Kritzeleien oder "Leute, die nicht spülen" beschweren, muss sich zunächst jeder an die eigene Nase fassen. Da können sich die Putzfrauen noch so sehr bemühen. Nicht zuletzt deshalb gibt es ja auch an vielen öffentlichen Toiletten Schilder, die darauf hinweisen, dass man das WC so hinterlassen soll, wie man es vorfinden möchte. Das heißt konkret: Wenn mal was daneben geht - wegwischen; wenn man fertig ist - spülen; Müll gehört in den Abfalleimer - nicht daneben. So kann jeder seinen Beitrag leisten.

Von der Rolle

Aber das ist eben nur eine Seite der Medaille. Denn wie soll man etwas wegwischen, wenn das Klopapier fehlt? Wie soll man etwas wegwerfen, wenn der Abfalleimer fehlt? Und das ist beides recht häufig der Fall. Gerade bei den Mädchentoiletten ist Klopapier Mangelware. 74 Prozent der befragten Mädchen gaben an, dass nicht genug Klopapier da ist. Das bedeutet konkret: Auf jede, die immer genug Toilettenpapier findet, kommen drei, für die es nicht mehr reicht. Bei den Jungs ist es nicht ganz so dramatisch, aber immer noch schlimm genug. Nur jeder Zweite sagte, dass immer genug Klopapier da ist.

Laut einer Untersuchung des Statistikunternehmens Statista verbrauchen die Deutschen jährlich 15 Kilogramm Toilettenpapier, das sind rund 110 Rollen. Also jeden Tag fast eine Drittel Rolle. Kaufen denn die Schulen nicht genug Klopapier? Wird es nicht oft genug nachgefüllt? Oder wird es einfach nicht sinnvoll verteilt? So klagen am Gymnasium Walldorf etwa rund 80 Prozent der Mädels über den Mangel, während es bei den Jungs nur rund 30 Prozent tun. Marianne Falkner, Schulleiterin des Walldorfer Gymnasiums kennt die Problematik. "Es ist immer genug Klopapier da, ich kenne das Lager", sagt sie. Nur wird es nur einmal täglich aufgefüllt. Sind die Behälter leer, muss man sich beim Hausmeister melden. "Der kann ja auch nur was machen, wenn er davon weiß", so Falkner.

Neue Wunsch-Hotline?

Apropos Toilettenpapier: Da hatten die Schüler auch noch einiges anzumerken. Die Qualität lässt nämlich zu wünschen übrig: Elf Prozent der von uns befragten Mädchen hätten gerne mehrlagiges, fast ein Viertel der Jungs sogar feuchtes Toilettenpapier. Der einlagige Wisch, wie er an Schultoiletten häufig zum Einsatz kommt, scheint also nicht allzu beliebt zu sein. "Die Schule hat keinen Einfluss darauf", erklärt die Walldorfer Schulleiterin Falkner. Denn alles, was die Schultoiletten angeht, ist Sache der Stadt. Die ist nämlich der sogenannte Schulträger - wie jede Stadt oder Gemeinde, in der eine Schule ist. Aus dem Walldorfer Rathaus heißt es daraufhin: Der Wunsch nach anderem Klopapier wurde bisher nicht geäußert.

Alles Luxusprobleme?

Wer Veränderungen will, muss also einfach im Rathaus anrufen? So einfach ist es leider doch nicht. Beispielsweise hat sich mehr als die Hälfte der Mädels Hygieneabdeckungen gewünscht, jede Zehnte schlug sogar selbstreinigende Brillen, wie man sie von Raststätten kennt, vor. Beides hat die Stadt Walldorf schon in anderen öffentlichen Gebäuden ausprobiert. Ergebnis: "Hat sich nicht bewährt." Somit wird wohl beides nicht an die Schule kommen. Von den Raststätten haben sich die Jungs übrigens eine ganz andere Idee abgeschaut: Musik gaben acht Prozent auf ihrer Wunschliste an. Okay, aber dann zahlt man für den WC-Gang vielleicht auch in Schulen bald 70 Cent Eintritt.

Dann doch lieber kostenlos und ohne sich drehende Brille und Chill-Out-Atmosphäre. Doch sind die Wünsche denn tatsächlich so abgehoben? Klar, wenn sich manche einen Fernseher, Sitzwärmer oder Zeitschriften wünschen, dann müssen das Gemeinde und Schule nicht ernst nehmen. Eine Schultoilette ist keine Lounge - und das muss sie auch nicht sein.

Wenn aber viele Schüler fehlende Handtücher und fehlende Seife bemängeln, dann ist das kein Luxus, sondern die einfachste Grundausstattung - zumindest an deutschen Toiletten. Am Montag war übrigens Welttoilettentag. Der von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde, um darauf aufmerksam zu machen, dass andernorts oft gar keine sanitären Einrichtungen bestehen.

Gutes wird auch anerkannt

In Deutschland sind die Zeiten des Plumpsklos allerdings vorbei. Und so wissen auch die befragten Schüler einiges an "ihrem Klo" zu schätzen. Also doch nicht alles scheiße. So gibt es zumindest an jeder Schule genug Kabinen, denn anstehen müssen die Jugendlichen kaum. Nur die Hälfte der Mädels gab an, "manchmal" warten zu müssen, die andere Hälfte beantwortete die Frage sogar mit "nie". Das hat doch was zu heißen. Die Jungs kennen schließlich das Schlangenproblem vor den Damentoiletten spätestens, seit andernorts immer wieder Frauen auf die Herrentoiletten ausweichen.

Weite Strecken müssen die Schüler auch nicht zurücklegen, als "nah" oder "ein paar Meter" stufen sie die Entfernung ein. Wenn die Blase also schon so richtig drückt, geht es schnell. Nur eine Sache steht dann noch dazwischen: Denn einfach aus dem Klassenzimmer rausrennen ist nicht. Die Mehrheit der Lehrer will nach Schülerangaben vorher gefragt werden. Doch immerhin: Sie erlauben es.

Mehr Farbe braucht das Land

Auch das Klischee von den verkritzelten WCs trifft zumindest bei den Schulen, an denen wir uns umgehört haben - mit Ausnahme des Hölderlin-Gymnasiums - nicht zu. Wenn dann doch mal das ein oder andere Graffiti an den Wänden landet, wird es rasch weggemacht.

Dabei sind klinisch weiße Wände gar nicht unbedingt nach dem Geschmack der Schüler. Gegen ein bisschen Pep und Farbe hätten die meisten gar nichts einzuwenden. Fast 40 Prozent der befragten Jugendlichen wünschen sich sogar bunte Wände, 35 Prozent gaben an, dass auch bunte Türen einen willkommenen Farbklecks in das triste Toilettenleben bringen würden. Schließlich können Farben die Stimmung beeinflussen - und wer wünscht sich nicht bessere Laune in der Schule? Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber irgendwie haben sich die meisten Schulklogestalter doch nicht daran gehalten. Wünschen sich denn Lehrer und Rektoren keine fröhlicheren Schüler? Auch in diesem Fall sind sie die falschen Buhmänner, denn auch für die Gestaltung ist der jeweilige Schulträger verantwortlich. Und dabei geht das Funktionale und Günstige dann doch meist vor dem Ästhetischen.

Selbst aktiv werden

Wer so unzufrieden mit seinen Schultoiletten ist, dass er sie lieber meidet (immerhin rund 15 Prozent der Befragten), kann übrigens selbst aktiv werden. Denn es ist weit mehr möglich, als "nur" stets die Klobrille abzuwischen und denn Müll ordnungsgemäß wegwerfen. Es gibt eine Initiative, die Schüler dabei unterstützt, ihr WC zu verbessern. Im Internet unter www.schulklo.de finden sich zahlreiche Tipps. Das Wichtigste dabei: sich Verbündete mit ins Boot holen.

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