Sich im Netz einen Namen machen

Das weltweite Netzwerk "ResearchGate" geht neue Wege in der Wissenschaftskommunikation. Die RNZ unterhielt sich mit Ijad Madisch, einem der Gründer

04.03.2013 UPDATE: 04.03.2013 07:57 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden
Der Virologe Ijad Madisch ist Mitbegründer von ''Research Gate''. Foto: privat
Von Arndt Krödel

Mit keinem geringeren Ziel als die Wissenschaftswelt und deren Kommunikation fundamental zu verändern, gab der Hannoveraner Virologe Ijad Madisch seinen Beruf auf und wurde 2008 Mitbegründer der Internet-Plattform "ResearchGate". Heute sind weltweit 2,5 Millionen Wissenschaftler aus allen Bereichen in dem Netzwerk angemeldet und tauschen sich über ihre online veröffentlichten Forschungsergebnisse aus. Die junge Generation dominiert klar - das Durchschnittsalter liegt zwischen 25 und 35 Jahren. Wie sich die Plattform gegenüber der herkömmlichen Wissenschaftskommunikation in den einschlägigen Journalen profilieren will, erklärt Madisch, der auch Geschäftsführer von ResearchGate ist, im Gespräch mit der RNZ. 

Herr Madisch, was könnte denn eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler reizen, Nutzer Ihrer Plattform zu werden?

Vor allem, dass sie oder er dadurch die Möglichkeit erhält, alle selbst erzeugten Wissenschaftsdaten zu publizieren und anderen zugänglich zu machen. Heutzutage hat es sich ja so etabliert, dass Wissenschaftler nur die positiven und nicht die negativen Daten ihrer Arbeit veröffentlichen - was nicht nur für die Wissenschaftler selbst, sondern für uns alle ein großer Nachteil ist. Denn viele Forschungen würden eine ganz andere Richtung nehmen, wenn alle Wissenschaftler vorher wüssten, welche negativen Ergebnisse es zum Beispiel bei Therapien oder Medikamenten eigentlich gibt. Dann müssten sie nicht dieselben Fehler machen, die andere schon mal gemacht haben. Das würde sehr viel Geld und Zeit sparen. Der zweite Grund ist, dass sie auf unserer Plattform die Möglichkeit haben, sich in Frage-und-Antwort-Foren auszutauschen und immer up to date zu bleiben, etwa, was neue Verfahren betrifft. 

Die Veröffentlichung von "negativen" Ergebnissen bringt keine Nachteile für den Wissenschaftler?

Nein. 90 Prozent der Dinge, die man im Labor macht, haben so oder so negative Ergebnisse. Bei ResearchGate haben wir ein Messsystem für wissenschaftliche Reputation, in das jedes Forschungsergebnis einfließen kann, das der Wissenschaftler mit der Öffentlichkeit teilt - egal, ob es negativ oder positiv ist. Was zählt, ist die Resonanz der Wissenschaftler. Dabei geht es eben nicht nur um große Errungenschaften, sondern um alles, was im Labor passiert.

Was macht Ihre Messmethode besser als die schon bestehenden Methoden?

Neben der schon erwähnten Berücksichtigung aller Daten kann ein Wissenschaftler bei uns Reputation in Echtzeit gewinnen. In der aktuellen Wissenschaftswelt muss man in einem Journal veröffentlichen, und häufig vergeht ein Jahr, bis es so weit ist. Es dauert dann mindestens ein weiteres Jahr, bis man vielleicht die ersten Zitationen bekommt.

Ihr Angebot ist für die Wissenschaftler kostenlos. Wie finanzieren Sie sich dann?

Wir haben im Februar 2012 unsere zweite Investitionsrunde abgeschlossen, die von Founders Fund, einem großen Venture Capital Unternehmen aus dem Silicon Valley, angeführt wurde. Schon jetzt haben wir auf unserer Website eine Stellenbörse für Jobs in der Wissenschaft eingerichtet, die für Institutionen und Unternehmen, die hier annoncieren, in bestimmten Fällen zukünftig kostenpflichtig sein wird. Außerdem werden wir zusätzlich bald auch eine Börse für wissenschaftliche Konferenzen haben, für die wir dann auch Geld nehmen wollen.

Kann sich jeder bei Ihnen anmelden?

Wir möchten, dass diejenigen, für die unser Netzwerk bestimmt ist, auch den größten Nutzen daraus ziehen. Deswegen können sich nur Wissenschaftler bei ResearchGate anmelden. Alle Inhalte - bis auf Profile von Mitgliedern, die sich entschlossen haben, ihre Profile privat zu halten - sind für die Öffentlichkeit einsehbar. Das ist uns wichtig, denn wir wollen, dass Forschungsergebnisse für jeden verfügbar sind. Diese Öffentlichkeit schafft Wissen, und das treibt den Fortschritt voran.

Sie werben mit dem Slogan "Sich im Netz einen Namen machen". Befördern Sie auch Karrieren?

Das würde ich schon so sagen. Wir ermöglichen ja, dass Wissenschaftler, die noch sehr jung sind, anders als in der "alten" Welt schon sehr früh Reputation aufbauen können, indem sie alle bis dahin erzeugten Daten in ihrem Profil hochladen.

Weitere Informationen gibt es unter www.researchgate.net.