Blick vom alten Friedhof auf den Siloturm der Hildebrand’schen Mühle in Weinheim. Der Investor gibt das Projekt auf und sucht einen Käufer. Rund 60 Wohnungen sollten hier entstehen, sieben Jahre lang wurden vergeblich Interessenten gesucht. Foto: Veigel
Von Thomas Veigel
Weinheim. Die Deutsche Denk Mal AG gibt das Projekt Hildebrandsche Mühle in Weinheim auf. Das bestätigte der Vorstand des Wiesbadener Immobilienunternehmens, Thorsten Seegräber, am Donnerstag der RNZ auf Anfrage. Seit dem Jahr 2010 versuchte die Denk Mal AG vergeblich, auf dem schwierigen Gelände im engen Tal der Weschnitz rund 60 Wohnungen zu verkaufen. Sie sollten im Siloturm von 1896 und in der Gründerzeitvilla von 1882 - beide Gebäude stehen unter Denkmalschutz - sowie in zwei Neubauten entstehen.
Ursprünglich hatte das Unternehmen damit gerechnet, den Verkauf bis Mitte 2011 abzuschließen, die Wohnungen sollten im Jahr 2013 bezugsfertig sein. Die Quadratmeterpreise lagen bei bis zu rund 6000 Euro, als Investitionssumme waren vor Jahren 23,5 Millionen Euro genannt worden. Laut dem Finanzportal finanzen.net sind im Herbst 2015 zwei Anleihen des Bauherrn WH 1 GmbH & Co. KG aufgelegt worden. Das maximale Volumen wurde mit rund 7,5 Millionen Euro beziffert, als jährliche Verzinsung sind 15 Prozent angegeben. Fällig werden die Anleihen am 1. Dezember dieses Jahres.
Die Statik des Turms habe das Projekt schließlich scheitern lassen, erfuhr die RNZ aus gut informierten Kreisen. Sie sei nicht belastbar für die geplante Sanierung. Aufwendige Varianten seien nicht bezahlbar gewesen, hieß es. Thorsten Seegräber sagte der RNZ am Donnerstag, dass sich sein Unternehmen vom Geschäftsfeld denkmalgeschützter Immobilien verabschieden werde. Man habe einen neuen Schwerpunkt: Mikro-Appartements für Studenten und Geschäftsleute.
Die Stadt Weinheim hielt das Projekt schon länger für gescheitert, wurde aber erst am Donnerstag von Seegräber offiziell über die Verkaufspläne informiert, wie Pressesprecher Roland Kern bestätigte. Man unterstütze das Unternehmen bei der Suche nach einem Käufer und habe auch schon Interessenten vermittelt. Über deren Pläne ist noch nichts bekannt.
Die Kommunikation zwischen der Stadt Weinheim und der Denk Mal AG war in den vergangenen Jahren immer schwieriger geworden. Mitte September hatte eine Begehung des Grundstücks stattgefunden, an der Vertreter der Stadt, der Denkmalbehörden und der Deutschen Denk Mal AG teilgenommen hatten. Über Inhalt oder Ergebnisse der Begehung wurde nichts bekannt. Anfang Oktober habe man vom eigenen Ordnungsdienst die Mitteilung bekommen, dass die Behelfsbrücke an der Birkenauer Talstraße abgebaut werden solle, teilte Erster Bürgermeister Torsten Fetzner der RNZ gestern auf Anfrage mit. Der Ordnungsdienst muss die notwendigen Straßensperrungen organisieren und war daher von dem Vorhaben informiert worden. Ein Termin ist noch nicht bekannt.
Mit dem Abbau der Brücke erlösche automatisch die Baugenehmigung für die Neubauten, so Fetzner. Das werfe das Projekt um Jahre zurück. Theoretisch könnten die Villa und der alte Siloturm saniert werden, da diese Gebäude Bestandsschutz hätten. Die Anbindung könnte über den Mühlweg erfolgen. "Aber das sehe ich als utopisch an", so Fetzner.
Der Brückenaufleger sei gemietet und werde mit dem Abbau zurückgegeben, sagte Thorsten Seegräber. Die Fundamente seien im Besitz der Denk Mal AG. An Fördermitteln hatte der Investor bisher rund eine Million Euro erhalten, davon 400.000 Euro von der Stadt für den Bau der Behelfsbrücke. Auf dem Grundstück wurden bisher vor allem Nebengebäude abgerissen, die Reste der denkmalgeschützten Villa sind notdürftig mit Plastikplanen überzogen.
Nach Informationen der RNZ wird gegen Thorsten Seegräber wegen des Verdachts der Urkundenfälschung und des Betrugs ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt betätigte der RNZ gestern auf Anfrage, dass ein Ermittlungsverfahren gegen einen Verantwortlichen eines Unternehmens in Wiesbaden geführt werde. Es betreffe ein Sanierungsobjekt in der Landgraf-Philipps-Anlage in Darmstadt. Dem Beschuldigten werde vorgeworfen, über den Bautenstand falsch informiert und so zu Unrecht eine weitere Kaufpreisrate verlangt zu haben. Es bestehe der Verdacht der Urkundenfälschung und des Betrugs. Das Ermittlungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen.
Dem widersprachen gestern Seegräber und sein Anwalt Marcus Traut. Das Verfahren sei eingestellt worden, teilte Traut der RNZ telefonisch mit. Thorsten Seegräber sei unschuldig.