Ein Containerschiff auf See: Dank einer Firma aus Südhessen kann die Fracht während der Fahrt überwacht werden. Mit GPS-Sendern kann nicht nur der Ort erfasst werden, sondern auch Stöße oder Temperatur. Foto: dpa
Von Oliver Pietschmann
Bensheim. Hanns-Christian Wüstner hat sein Büro in einem Holzhaus im Garten. Sein Arbeitsweg dauert Sekunden. Sein Geschäft ist die globale Überwachung von Containern. "Wir beschäftigen uns mit dem Thema GPS-Ortung und Überwachung von Containern", sagt der 61-Jährige über seine Firma Socratec im südhessischen Bensheim. Drei Festangestellte und einige freie Mitarbeiter arbeiten mit Technikfirmen zusammen, um mit den handlichen Sendern die Transportbehälter auf dem Meer, der Schiene, als Luftfracht oder auf der Straße zu überwachen. Die Mitarbeiter kommunizieren über Videokonferenzen oder Internet quasi im Homeoffice.
"Die Geräte stellen nicht nur den Ort fest, sondern messen auch die Temperatur, zeigen Stöße an oder erfassen Feuchtigkeit", erläutert der Wirtschaftsingenieur und Geschäftsführer des kleinen Unternehmens. Meldungen können dann über eine von der Firma entwickelte Software per Mail oder SMS auf ein Handy oder einen Rechner übertragen werden.
"Die Technik ist nicht gerade die riesige Innovation", sagt die Sprecherin der Bundesvereinigung Logistik, Anja Stubbe. Und eine GPS-Überwachung werde auch aus Kostengründen nicht generell gemacht. Innerhalb Deutschlands auf der Schiene oder auf einem Lkw ergebe das keinen Sinn, da wisse man, wo die Fracht gerade ist. "Wenn es nach Afrika oder Asien geht, ist es was anderes."
Hanns-Christian Wüstner. Foto: dpa"Es ist immer die Frage, was man mit diesen Daten machen will. Will man wissen, wo der Container aktuell ist, will man später die Route abrufen oder will man wissen, ob er außergewöhnlichen Umständen ausgesetzt war", sagt Wüstner. Das ist bei heikler Ware bei Stößen oder zu hohen Temperaturen interessant für Schadensmeldungen. Der Besitzer der Ware kann nachvollziehen, wo und wann etwas passiert ist und wer zu diesem Zeitpunkt für den Behälter verantwortlich war. Beim Containertransport auf See kann es aber auch einen Sicherheitsaspekt haben.
Anfang Februar gingen von einem Frachter im Sturm vor der niederländischen Küste fünf Container über Bord. Ein Jahr zuvor stürzten von dem Containerriesen "MSC Zoe" mehr als 300 der Behälter ins Meer und trieben in der See. Im ersten Halbjahr 2019 wurden nach Angaben des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe 7,5 Millionen Standardcontainer umgeschlagen. Nicht jede Transportbox erreicht aber ihr Ziel und ist im Wasser treibend eine potenzielle Gefahr.
"Unter Wasser funktioniert das System nicht", sagt Wüstner. Aber so ein Container treibe ja normalerweise eine Weile über Wasser. "Das ist insbesondere ein Problem für die Sportschifffahrt, weil da solche Container hochgefährlich sind." Für eine Bergung der havarierten Transportboxen könne das System in den ersten Tagen durchaus beitragen.
"Eine GPS-Ausstattung ist nicht vorgeschrieben", sagt die Sprecherin des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie, Susanne Kehrhahn. Jährlich gingen im Schnitt rund 1580 Container über Bord. "Zehn Prozent sinken nicht sofort." Statistisch sei das nicht viel. Gerade für Sportboote seien die aber definitiv eine Gefahr.
Der Kaufpreis für ein solches Gerät liegt Wüstner zufolge bei 300 bis 400 Euro plus ein paar Euro monatlich für die Software. Der Mietpreis liege zwischen 60 und 100 Euro. "Da sind aber noch keine riesigen Stückzahlen. Wir vertreiben das in Marktreife seit Juni." Kunden seien nicht die Reedereien, sondern deren Kunden, etwa Maschinenbauunternehmen, Hersteller von pharmamedizinischen Produkten wie Blutkonserven oder Lieferanten verderblicher Nahrungsmittel.