Erhielt von den Aktionären überwiegend gute Noten: MVV-Chef Georg Müller, dessen Vertrag am Vortag vom Aufsichtsrat um fünf Jahre verlängert wurde. Foto: Rinderspacher
Von Daniel Bernock
Mannheim. Aktionäre wünschen sich neben einem steigenden Kurs stets eine höhere Gewinnausschüttung. Geizt der Vorstand zu sehr mit der Dividende, darf er sich auf der Hauptversammlung den Zorn der Aktionäre anhören. Anders sieht die Welt beim Mannheimer Energieversorger MVV aus. Seit zehn Jahren ist die Dividende des Energieversorgers unverändert bei 90 Cent je Aktie, die Dividendenrendite ist seitdem wegen des niedrigeren Kurses gestiegen. Trotzdem zeigten sich die Aktionäre am Freitag bei der Hauptversammlung im Mannheimer Rosengarten überwiegend zufrieden mit der Arbeit des Vorstands.
Denn gerade im Vergleich mit anderen Unternehmen aus der Energiebranche können sich die MVV-Aktionäre glücklich schätzen. EnBW hat die Dividende in den vergangenen zehn Jahren deutlich gekürzt, Eon hat sie mehr als halbiert - RWE hat die Gewinnausschüttung wegen der Umbrüche im Zuge der Energiewende ganz gestrichen.
"Es war ein Jahr voller Erfolge für die Aktionäre", sagte Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mit Blick auf die Dividende sowie einen auf Jahressicht leicht gestiegenen Kurs um fast sieben Prozent. Die Expansion der vergangnen Jahre auf den britischen Markt hinterfragte Klose jedoch: Sei es nicht an der Zeit, diese Geschäfte zu verkaufen - um noch mehr in Zukunftsthemen wie die Digitalisierung zu investieren? "Was haben wir da außerhalb der EU verloren?", fragte der Aktionärsvertreter, der sich wünschen würde, dass die Dividende nach zehn Jahren Stabilität auf ein Euro ansteigen würde.
MVV-Chef Müller erklärte, das Unternehmen sei bewusst nach Großbritannien expandiert, um das eigene Know-how bei Abfallverwertungsanlagen dort anzuwenden. Mit Erfolg: Schließlich habe das Unternehmen im schottischen Dundee einen Folgeauftrag ergattert und baue dort eine neue Müllverwertungsanlage. Die Frage eines Verkaufs stelle sich also nicht. Bei der Erhöhung der Dividende zeigte sich Müller offen: "Wenn der Gewinn weiter steigt, können wir auch mal über eine Dividendenerhöhung reden", so der Vorstands-Chef. Das Unternehmen schütte 64 Prozent des Gewinns nach Fremdanteilen aus - und damit deutlich mehr als die Konkurrenz.
Dieter Tassler, von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zeigte sich mit der konstanten Dividende zufrieden. "Die Branche befindet sich in einem Wandel", so Tassler. Die Investitionen würden viel Geld kosten - "die Energiewende ist eine riesige Baustelle". Mit Blick auf den höheren Aktienkurs der MVV vor rund zehn Jahren fragte Tassler: "Ist die Aktie nicht unterbewertet?" MVV sei deutlich diversifizierter als die meisten Unternehmen in der Branche. Die am Vortag bekannt gegebene Vertragsverlängerung für Müller hält Tassler für konsequent: "Alles andere hätte mich überrascht!"
MVV-Chef Müller zeigte sich in seiner Ansprache erleichtert, dass in Berlin endlich Gewissheit über die neue Regierung herrsche. Die Klima- und Energiepolitik brauche Impulse - von einer geschäftsführenden Regierung sei das nicht zu erwarten. Der Koalitionsvertrag stimmte ihn optimistisch - die Grundrichtung mit der Festlegung auf erneuerbare Energien sei richtig. Denn der Strombedarf der Gesellschaft würde trotz steigender Energieeffizienz zulegen. Und da die Menschen keine Atom- und immer weniger fossile Energie wollen, "bleiben nur die erneuerbaren Energien", so Müller.