Blick auf die Zentrale der Gelita AG in Eberbach. Firmenbild
Von Thomas Veigel
Heidelberg. Im Streit der Eigentümerfamilien beim Eberbacher Gelatine-Konzern Gelita begann gestern am Landgericht Heidelberg ein neues Kapitel. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die Aktionäre und Cousins Philipp Koepff und Benjamin Pötzl Dividenden in Höhe von jeweils etwa acht Millionen Euro zurück zahlen müssen. Eine Entscheidung gab es am Dienstag nicht, diese soll am 7. März 2017 verkündet werden. Dabei wird vor allem entschieden werden, ob die Klage überhaupt zulässig ist.
Eine Rückzahlung würde den Aktionären Koepff und Pötzl dann drohen, wenn sie vorsätzlich Überschreitungen der Anteilsgrenze von 25 Prozent dem Unternehmen nicht gemeldet hätten. Sollte die Mitteilungspflicht vorsätzlich verletzt worden sein, besteht kein Anspruch auf Dividende, für die fragliche Zeit bezahlte Dividende müsste zurückgezahlt werden. Gerd Krieger, Anwalt der beklagten Aktionäre, sagte, dass es kein Motiv dafür gebe, die Überschreitung von Anteilsgrenzen nicht mitzuteilen. "Was hätte man davon gehabt?"
Auf der Bank der Beklagten saßen gestern auch der Vorstandsvorsitzende Karl Josef Konert und Finanzvorstand Klaus Hanke sowie Aufsichtsratsvorsitzender Jörg Siebert und der ehemalige Aufsichtsrat Christoph Kirsch: Sie wären laut Klage zu Schadenersatz verpflichtet, weil sie ihren Kontrollpflichten nicht nachgekommen seien. Die Dividende hätte laut Klage nicht ausgezahlt werden dürfen bzw. hätte zurückgefordert werden müssen.
Kläger ist ein von einer außerordentlichen Hauptversammlung im Herbst 2015 bestellter "besonderer Vertreter" in Person von Rechtsanwalt Norbert Knüppel, der als Organ der Gesellschaft auftritt und im Namen der Gelita AG Klage eingereicht hat.
Die Beklagten, so Richter Reinhard Dold, hätten beantragt, dass die Klage abgewiesen werde. Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionäre hätten zu jeder Zeit gewusst, wer wann wie viele Aktien besessen habe, weil das im Aktienbuch verzeichnet sei. Außerdem hätten die beiden Aktionäre nicht vorsätzlich gehandelt, da sie die Vorschriften nicht gekannt hätten. Die Aktionäre seien also nicht zur Rückzahlung der Dividende verpflichtet, deshalb seien Vorstand und Aufsichtsrat auch nicht schadenersatzpflichtig.
Dold sagte, dass es in Sachen Gelita in den vergangenen Jahren mehrere Verfahren gegeben habe und fragte, ob es Versuche einer "Gesamtbereinigung" gegeben habe. Philipp Koepff, seit 2011 Mehrheitsaktionär der Gelita AG, sagte, dass Gespräche stattgefunden hätten, aber dass diese gescheitert seien. Angebote für einen Sitz im Aufsichtsrat oder alternativ einen "Exit" aus dem Unternehmen seien "abgeblockt" worden.
Nach Informationen der RNZ hatte Philipp Koepff der Familie seines Onkels Peter Koepff im März 2015 angeboten, deren Anteil von 32,3 Prozent an der Gelita AG für knapp 200 Millionen Euro zu kaufen. Er sehe, so Philipp Koepff, momentan keine Möglichkeit einer Gesamtbereinigung.
Eine Einigung in Güte konnte auch Richter Dold nicht erkennen, zumal der besondere Vertreter nicht befugt sei, für die Aktionäre im Sinne einer Einigung zu sprechen.
Thomas Trölitzsch, Anwalt der beklagten Vorstände, wies auf das Problem hin, dass Vorstände und Aufsichtsräte in einen Konflikt hineingezogen würden, der auf Meinungsverschiedenheiten zwischen Aktionären beruhe. Richter Reinhard Dold deutete Zweifel an der Zulässigkeit der Klage an. Es würden sich zahlreiche schwierige Fragen ergeben. Es folgte ein längerer Meinungsaustausch zwischen fünf der anwesenden Anwälte und dem Richter über juristische Details zu den Themen Zulässigkeit der Klage und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen.
Nach einer Pause gab der Richter bekannt, dass die Kammer - zu der auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Heidelberger Druckmaschinen AG, Handelsrichter Bernhard Schreier, gehört - sich noch keine abschließende Meinung gebildet habe. Eine Entscheidung werde am 7. März verkündet. Entweder werde die Klage dann als unzulässig abgewiesen oder zum Teil als zulässig erachtet, dann würde man mit der Beweisaufnahme und Zeugenbefragung beginnen.