Wie ein "Freispruch 1. Klasse": Gelita-Vorstandsvorsitzender Franz Josef Konert ist zufrieden mit dem Urteil des Landgerichts Heidelberg, das eine Schadenersatzklage abwies. Auch anderen Verfahren sieht er gelassen entgegen. Firmenbild
Von Thomas Veigel
Heidelberg. Rechtsanwalt Matthias Schüppen, "besonderer Vertreter" der Eberbacher Gelita AG, hat im Namen des Unternehmens Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 26. August dieses Jahres eingelegt. Das Gericht hatte im (Familien)-Streit um einen angemessenen Verkaufspreis entschieden, dass der Gelita-Anteil von 49 Prozent am Gelatinekapselhersteller R.P. Scherer in Eberbach nicht unter Wert verkauft worden sei. Die Schadenersatzklage gegen Vorstände und Aufsichtsräte wurde abgewiesen.
Das Urteil fiel in allen Punkten sehr deutlich aus. Dennoch hat Matthias Schüppen Berufung eingelegt, eine Begründung liegt noch nicht vor. Wie die RNZ erfuhr, sollen dem "besonderen Vertreter" mittlerweile neue Unterlagen vorliegen, die eine Berufung "in der Tendenz" begründen würden.
Franz Josef Konert kann man die Erleichterung über das Urteil des Heidelberger Landgerichts vom 26. August ansehen. "In einem Strafprozess würde man von einem Freispruch erster Klasse sprechen", sagte Konert, Vorstandsvorsitzender des Gelatine-Weltmarktführers, im Gespräch mit der RNZ. In dem Prozess ging es darum, ob eine Beteiligung der Gelita AG rund 40 Millionen Euro unter Wert verkauft worden war und ob sich die Vorstände dabei von Sonderinteressen des jetzigen Mehrheitsaktionärs haben leiten lassen.
Nein, entschied das Gericht unter Vorsitz von Richterin Renate Rohde. Die der RNZ in Teilen vorliegende schriftliche Urteilsbegründung kann man so zusammenfassen: Der Verkauf sei keine pflichtwidrige Handlung gewesen, sondern eine unternehmerische Entscheidung "auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft". Das Gericht konnte auch keine Anhaltspunkte feststellen, dass sich die Vorstände von Sonderinteressen hätten leiten lassen. Das Gericht sei überzeugt, dass sich die Vorstände beim Verkauf der Beteiligung nicht von einem "Plan des Mehrheitsaktionärs, eine Superdividende zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises zu erlangen, wussten und davon beeinflusst wurden." Das Gericht entschied außerdem, dass auch gegen die beklagten Aufsichtsräte kein Schadensersatzanspruch bestehe.
Für Franz Josef Konert war der Verkauf der 49-Prozent-Beteiligung am Gelatinekapselhersteller R.P. Scherer eine sinnvolle Entscheidung - für Scherer-Mehrheitsgesellschafter Catalent als auch für Gelita. Mit Scherer sei ein 20 Jahre laufender Mietvertrag in Eberbach abgeschlossen worden. Die Verhandlungen mit Catalent seien abgeschlossen gewesen, als der Vorstand davon erfahren habe, dass Philipp Koepff die Mehrheit an der Gelita AG übernehmen werde.
Gelita ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, Mehrheitsaktionär ist Philipp Koepff, sein Onkel Peter Koepff und dessen drei Kinder halten etwa ein Drittel der Aktien. Seit vielen Jahren liegen Peter Koepff und seine Kinder im Streit mit dem Rest der Familie. Für die Schadenersatzklage wurde von der Hauptversammlung ein "besonderer Vertreter" bestimmt, der als Organ der Gesellschaft Schadenersatzklage erhoben hatte.
Von vier Verfahren in der letzten Zeit geht eines noch in diesem Jahr vor Gericht. Dabei geht es darum, ob die Aktionäre Philipp Koepff und Benjamin Pötzl Dividenden in Millionenhöhe zurückzahlen müssen, weil sie Über- bzw. Unterschreitungen von Anteilsschwellen nicht gemeldet hatten. Problematisch könnte die Nicht-Meldung dann werden, wenn dabei vorsätzlich oder leichtfertig gehandelt worden wäre. Einfache Fahrlässigkeit reicht für eine Ordnungswidrigkeit, in deren Folge die Rückzahlung von Dividenden drohen könnte, nicht aus. Pötzl hatte Philipp Koepff ein Aktienpaket verkauft, mit dem dieser die Mehrheit an der Gelita AG erlangte. Franz-Josef Konert sieht diesem Verfahren, das am 20. Dezember am Landgericht Heidelberg verhandelt wird, gelassen entgegen. Die Aktionäre, so Konert, hätten keine Dividenden zu Unrecht erhalten.
Konert würde es dem Unternehmen wünschen, dass die Familie sich einigt und zumindest ein Waffenstillstand herbeigeführt werden kann. Anregungen zu einem Mediationsverfahren habe es schon von verschiedenen Seiten gegeben, dazu gekommen sei es noch nicht. Es gebe im Unternehmen Unverständnis darüber, wie sich die Gesellschafter verhalten. Auch der Betriebsrat habe zu einer Einigung aufgerufen. Konert sieht sich weiterhin in der Verantwortung für das Unternehmen, dessen Ertragskraft während seiner Amtszeit deutlich gestiegen ist.