Mittlerweile ist es in den Produktionshallen der Heidelberger Druckmaschinen leerer geworden. Von einst 9000 Mitarbeitern in der Region sind noch knapp 6000 übrig. Auch ein Großteil der verbliebenen Angestellten macht sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Firmenbild
Von Daniel Bernock
Heidelberg. Einst beschäftigte Heidelberger Druckmaschinen rund 9000 Mitarbeiter in der Region. Nach drei großen Restrukturierungsprogrammen seit 2009 ist diese Zahl auf derzeit knapp 6000 gefallen. "Das geht natürlich nicht spurlos an den Mitarbeitern vorbei", sagt Mirko Geiger, Chef der IG Metall Heidelberg im Gespräch mit der RNZ. Die Angestellten würde die Frage plagen: "Kommt die nächste Entlassungswelle?"
Auch wenn der neue Heideldruck-Chef Gerold Linzbach die Mitarbeiter jüngst zu beruhigen versuchte - die Angst sitzt tief. In einer bundesweiten Umfrage der Gewerkschaft gibt fast ein Drittel der Beschäftigten bei den Heidelberger Druckmaschinen an, "sehr starke Sorgen" um ihren Arbeitsplatz zu haben. Knapp über die Hälfte macht sich noch "starke Sorgen". Die IG Metall fordert von dem Druckmaschinen-Management daher mehr als nur Sparprogramme: "Als Weltmarktführer nur zu schrumpfen funktioniert nicht", so Geiger, der bei dem Heidelberger Konzern auch im Aufsichtsrat sitzt. Vielmehr müsse das Unternehmen ein zweites Standbein finden, indem es Produkte außerhalb der "grafischen Industrie" fertige.
Was die Studie der Gewerkschaft auch zeigt: Die SAP ist auf dem Weg zu einem "normalen Unternehmen". Während die Software-Schmiede früher als Insel der Glückseligen galt, gibt es mittlerweile auch dort Probleme - wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau als bei den verarbeitenden Betrieben. Immerhin zehn Prozent der Beschäftigten machen sich "starke Sorgen" um ihre Stelle. Da die Befragung von Februar bis Ende April durchgeführt wurde - und damit vor den kritischen Äußerungen Plattners gegenüber der Walldorfer Belegschaft - dürften diese Zahlen mittlerweile etwas gestiegen sein.
Das alte Vorurteil, dass SAP-Mitarbeiter bis zum Umfallen arbeiten, scheint heute auch nicht mehr zu stimmen. Zwar zeigen sich die Mitarbeiter im Bundesvergleich deutlich flexibler, wenn von ihnen verlangt wird, zeitlich mehr zu arbeiten. Dafür wollen sie als Gegenleistung jedoch mehr Freizeit, wenn sie diese brauchen. 55 Prozent der Beschäftigten ist das sehr wichtig, bundesweit sind es etwas weniger. Mittlerweile habe der Betriebsrat eine "sehr hohe Anerkennung" bei der SAP, so Geiger. Bei der Gründung der Arbeitnehmervertretung gab es von Seiten des Konzerns und der Mitarbeiter viele Vorbehalte.
Dass sich die Sorgen um den Arbeitsplatz auch auf den Arbeitsalltag auswirken, zeigt die Situation bei dem Industriebetrieb Haldex. Der schwedische Mutterkonzern will Teile des Standorts Heidelberg schließen und die Produktion nach Osteuropa verlagern - mehr als 100 Mitarbeiter sollen ihren Arbeitsplatz verlieren. In der IG-Metall-Umfrage geben 40 Prozent der Belegschaft an, starke Sorgen um ihren Arbeitsplatz zu haben, 40 Prozent haben sogar "sehr starke Sorgen" - der negative Spitzenplatz in der Region. Das hat Konsequenzen: "Der Krankenstand ist in letzter Zeit bei Haldex explodiert", sagt Michael Seis von der IG Mettal. Er ist sich sicher: Würde die Umfrage heute noch einmal stattfinden - mittlerweile sind die Pläne des Konzerns konkreter geworden - würden sich wohl 100 Prozent große Sorgen um ihre Stelle machen.
An der Befragung der IG Metall haben deutschlandweit rund 514 000 Beschäftigte teilgenommen, davon rund 6400 aus der Region Heidelberg. Größten Zulauf gab es mit 1865 Antworten von Beschäftigen der Heidelberger Druckmaschinen, gefolgt von Mitarbeitern der SAP. Aus Walldorf kamen 1844 Fragebögen zurück.