Nach der Übernahme an der langen Leine Chinas
Ticket- und Mautautomatenhersteller Krauth Technology in Eberbach: "Die Übernahme war ein Glücksfall"
Von Harald Berlinghof
Eberbach. Auf zu den "Hidden Champions", den unbekannten Marktführern, der Region. Entreißen wir die oft genug verborgen agierenden Unternehmen ihrer Anonymität. Hinein in die Marketing-Offensive. Unter dieses Motto ließe sich die alljährliche IHK-Fahrt zu kleinen, aber feinen Firmen aus dem Kammerbezirk stellen. In diesem Jahr ging es nach Eberbach zur Krauth Technology GmbH.
Die Firma Krauth Technology blickt inzwischen auf 91 Jahre Firmengeschichte zurück. Begonnen hatte alles in Ostdeutschland, seit 1955 produziert man in Eberbach. Stolz ist man bis heute auf das erste Vorzeigeprodukt, den Geldwechsler, den der Schaffner an einem Ledergurt vor dem Bauch trug und in dem die Münzen fein säuberlich aufgestapelt untergebracht waren.
Vom Geldwechsler...
Auf Daumendruck konnten einzelne Münzen entnommen und dem Fahrgast trotz Rütteln des Gefährts zielsicher zurück gegeben werden. Das brachte den Geldwechslern auch den Spitznamen Galopp-Wechsler ein. 1924 hatte der Gründer der Firma, Professor Alfred Krauth, solche Apparate in New York kennen gelernt. Bis zu 10.000 Stück werden noch heute jährlich im Eberbacher Gewerbegebiet bei Krauth produziert. Und einer der Großabnehmer ist bis heute die Schweizer Post.
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Doch längst ist man bei Krauth über das Zeitalter der Münzwechsler hinaus gewachsen und im digitalen Zeitalter angekommen. In den modernen Ticket- und Mautautomaten der Firma stecken moderne Multitouch-Displays, Barcode-Lesegeräte, RFID-Leser oder Kartenleser, die fast jede bekannte Flottenkarte von Speditionen akzeptieren. Platzsparend, vandalismussicher, graffitiabweisend, schlagfest. Krauth macht´s möglich. Acht Frauen fertigen noch in weitgehender Handarbeit an Tischen sitzend die Geldwechsler mit dem Qualitätssiegel "Made in Germany". 140 Mitarbeiter produzieren in Eberbach High-Tech-Automaten für Toll Collect oder mobile (in Zügen angebrachte) und stationäre (an Haltestellen aufgestellte) Ticketautomaten für den Schienenverkehrsträger Abellio. Für Abellio werden die Automaten auf einer Strecke zwischen Heilbronn, Eberbach und Heidelberg aufgestellt.
In Wien platziert Krauth Technology 450 Automaten in Straßenbahnen und an Haltestellen, und am Zug der Zukunft, dem "DB-Ideenzug", arbeitet man konzeptionell mit.
Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter ist im gewerblichen Bereich beschäftigt, gleichzeitig hat man eine eigene Software-Entwicklung im Haus.
...zum Ticketautomaten
16,2 Millionen Euro Umsatz generierte man im vergangenen Jahr, 22,8 Millionen Euro sollen es in diesem Jahr werden, wobei zu dem Wachstum der Großauftrag von Toll Collect einen großen Beitrag leistet.
Dass man im eher kleinen Eberbach am Rande der Metropolregion Rhein-Neckar bei der Ausschreibung von Toll Collect zum Zuge kam, lag auch ganz wesentlich an der neuen chinesischen Muttergesellschaft DuTech Shanghai, wie Kai Horn, Geschäftsführer von Krauth, betont.
Vor etwa einem Jahr sei man von der Holding des Konzerns übernommen worden und nur damit konnte man die notwendige Liquidität und Sicherheit bieten, damit Toll Collect zugriff. Die Vorteile für Krauth innerhalb der chinesischen Mutter überwiegen. "Man lässt uns operativ komplett freie Hand bei der Geschäftsentwicklung", sagt er zufrieden. "Die Übernahme war ein Glücksfall für uns", betont Krauth-Geschäftsführer Kai Horn.
Seither geht es aufwärts, 25 neue Mitarbeiter habe man im letzten Jahr eingestellt. Auch Bargeldautomaten für Banken, Fahrscheinentwerter, Zahltische beim Busfahrer, Tresore, Waffenschränke und sogar Spielautomaten gehören zum Portfolio des Unternehmens.