MLP Academics

Die launische Diva begeistert mit Herzschlag-Heimspielen

Die Academics freuen sich über eine Rekordkulisse im SNP Dome. Die Niederlage im Krimi gegen Ulm machte die Kader-Baustellen deutlich.

22.11.2022 UPDATE: 22.11.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden
Das nennt man einen Heimvorteil: 3387 Fans verwandelten den SNP Dome am Sonntag gegen Ulm in einen Hexenkessel. Foto: Pix

Von Nikolas Beck

Heidelberg. Der Kleinste zeigte den Großen, wie es geht. Als am Sonntagabend bereits die Aufräumarbeiten im SNP Dome liefen, rannte Louis Lautenschläger übers Feld. Der Zehnjährige schnappte sich den Ball jenseits der Dreipunktelinie, warf – und traf. Louis strahlte, Vater Matthias staunte. Erst recht, als der Sohn des MLP-Academics-Geschäftsführers auch seinen zweiten Versuch derart sicher durch die Reuse beförderte, als wäre es für einen Sechstklässler eine Selbstverständlichkeit. "Jetzt musst Du aufhören, das ist nicht zu toppen", feierte der Vater mit dem Sohn und überzeugte ihn, keinen dritten Versuch zu wagen.

Dass nicht jeder Distanzwurf seinen Weg ins Ziel finden kann, hatte Matthias Lautenschläger schließlich kurz zuvor bei der 96:106-Overtime-Niederlage der Heidelberger Bundesliga-Basketballer vor allem im ersten Durchgang leidvoll erfahren müssen. Nur vier von 16 verwandelten Eric Washington und Co. vor der Pause.

Die 100-Prozent-Quote des jungen Lautenschlägers hätte gewiss geholfen. Vielleicht hätte aber auch schon Shy Ely gereicht. Der betrat das Feld im Trainingsanzug ebenfalls erst, als alles schon vorbei war, freute sich gemeinsam mit seinem Trauzeugen Lautenschläger und Söhnchen Henri über das heranwachsende Basketball-Talent. Der 35-jährige US-Amerikaner war Zweitliga-Spieler des Jahres 2019, einer der Aufstiegshelden 2021, tut sich in seiner insgesamt achten Saison im Heidelberger Trikot aber schwer. Gegen Ulm stand er nicht mal im Spieltagskader.

Weil er in der vergangenen Trainingswoche zum zweiten Mal Vater wurde und eine Einheit verpasst hatte? "Das war kein Thema, als mir der Coach seine Entscheidung mitgeteilt hat", erklärte Ely: "Ich denke, er wollte einfach einem anderen Spieler die Chance geben." Natürlich hätte er gerne auf dem Feld mitgeholfen, so aber eben von der Bank aus versucht, seine Kollegen bestmöglich zu unterstützen. "Kein Problem", versicherte der Vorzeigeprofi.

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Für die Academics dagegen ist es eins. Weil sieben Import-Spieler im Kader stehen, pro Partie aber nur sechs eingesetzt werden dürfen, muss einer immer zuschauen. Ein Luxus, den Lautenschläger unlängst gegenüber der RNZ als "eigentlich unnötig" bezeichnete. Vermutlich war Joonas Iisalos Entscheidung gegen Ely also auch eine Art Vorspielen für dessen Landsmänner. Bryan Griffin, Tim Coleman und De’Jon Davis haben bislang noch nicht überzeugen können. Auch in Hälfte eins gegen Ulm zeigte sich die (zu) große Abhängigkeit von Washington. Neben dem ligaweit zweitbesten Scorer (20,7 Punkte pro Partie), sind die beiden Belgier Vincent Keseteloot und der diesmal bärenstarke Elias Lasisi (18 Punkte) für die Ausländer-Positionen gesetzt.

Kein Wunder also, dass Kaderplaner Alex Vogel das glänzende dritte Viertel nicht unerwähnt lassen wollte: "Da haben wir gesehen, was möglich ist, wenn wir das Spiel auf mehrere Schultern verteilen." Griffin, Davis und mit Abstrichen Coleman setzten endlich Akzente. Vogel nannte es eine "richtig gute Teamleistung, mit der man dann selbst gegen eine Mannschaft wie Ulm ein Viertel 29:12 gewinnen kann".

Keine Widerrede. Dass die Academics der Saison 22/23 aber eine launische Diva sind, deren Auftritte binnen eines Spiels zwischen Ekstase und Entsetzen pendeln, bereitet nicht nur Coach Iisalo "große Sorgen". Es wird gewiss auch bei der einen oder anderen anstehenden Kaderänderung eine Rolle spielen.

Nach dem schwachen Anfang folgte gegen Ulm eine tolle Wende – und ein bitteres Ende. Ein Zehn-Punkte-Vorsprung drei Minuten vor Schluss reichte nicht. So bekamen die 3387 Zuschauer zwar das dritte Heimspiel-Herzschlagfinale inklusive Verlängerung hintereinander geboten, durften erstmals danach aber nicht feiern. Es war die zweitgrößte Kulisse überhaupt im SNP Dome. Nur vergangene Saison gegen Bonn waren 62 mehr da, damals aber dank groß angelegter Freikarten-Aktion zum Tag der Sportvereine.

Die Begeisterung für die Korbjagd hat in der Stadt am Neckar deutlich zugenommen. Das spüren auch die Spieler. "Ein großer Dank an die Fans", sagte Academics-Kapitän Akeem Vargas, "sie haben uns beflügelt, deren Energie ist definitiv aufs Feld übergeschwappt."

Einer, der sich vom Basketball-Fieber offenbar hatte anstecken lassen, war Louis Lautenschläger. Wie Vater Matthias schmunzelnd verriet, spielt der Kunstschütze nämlich eigentlich viel lieber Fußball.

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