Matthias Jaissle kämpft um seine Karriere

Zuzenhausen. Vier Operationen in zweieinhalb Jahren: Hoffenheims Innenverteidiger muss immer wieder Rückschläge verkraften

21.01.2012 UPDATE: 21.01.2012 05:59 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Von Roland Karle

Sinsheim. An Matthias Jaissle gerichtet, entweicht der Frage "Wie geht's?" jede floskelhafte Bedeutung. Zu lange ist seine Liste der Leiden. Seit fast drei Jahren kämpft der Fußballer um die Fortsetzung seiner Karriere, die bis zum 21. März 2009 bilderbuchhaft verläuft und dann einen krachenden Knick bekommt.

An jenem Tag spielt Bundesliga-Aufsteiger und Herbstmeister TSG 1899 Hoffenheim zu Hause gegen Hannover 96. Als Schiedsrichter Wolfgang Stark abpfeift, hat sechs Minuten zuvor der Brasilianer Wellington durch seinen Treffer zum 2:2 den Einheimischen immerhin einen Punkt gerettet. Jaissle ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Platz, sondern schon Patient. Er war mit dem Fuß im Rasen hängen geblieben. Aus dem befürchteten Verdacht wird die deprimierende Diagnose: Kreuzbandriss im linken Knie. "Im ersten Moment war ich total schockiert. Mir sind so viele Dinge durch den Kopf gegangen", wird sich der Innenverteidiger später erinnern. Zum Beispiel, dass er die U21-Europameisterschaft in Schweden verpassen wird.

Den deutschen Titelgewinn erlebt Jaissle als Profi im Krankenstand. Eine Rolle, mit der sich der 23-Jährige zwangsläufig anfreunden musste. Bis heute. "Im Innersten hatte ich gehofft, zum Rückrundenstart wieder spielen zu können", erzählt er. Das hätte so schön gepasst: Den fußballerischen Faden wieder aufzunehmen, wo er einst plötzlich gerissen war - in einem Heimspiel gegen Hannover. Daraus wird nichts. "Ich habe immer noch Schmerzen. Im Alltag kann ich mich ganz gut bewegen, aber an Wettkampfbelastungen ist nicht zu denken", sagt Jaissle, dessen Vertrag in Hoffenheim bis 2015 läuft.

Insgesamt vier Mal musste er sich seit dem Unglückstag im März vor drei Jahren unters Messer legen. Nach zwei Knie-Operationen treten Beschwerden an der Achillessehne auf. Wieder eine OP im Mai 2010. Fünf Monate später ist er zurück. Beim 3:2-Sieg gegen Mönchengladbach wird er fünf Minuten vor Ende eingewechselt. Ein besonderer Moment. Das Publikum empfängt ihn laut und herzlich, wie das selten vorkommt in der Sinsheimer Arena. Insgesamt neun Bundesliga-Spiele macht er in der letzten Saison für Hoffenheim, drei Mal steht er in der Startelf.

Im Sommer-Trainingslager läuft es prächtig für den gebürtigen Nürtinger, der noch zu Regionalliga-Zeiten im Winter 2007 von der A-Jugend des VfB Stuttgart in den Kraichgau gewechselt war. "Ich war schmerzfrei und gut drauf", erinnert er sich. Im Testspiel gegen den SV Ried bringt ihn ein Tritt auf die Ferse erneut außer Tritt. Ein Gegner erwischt Jaissle an seiner sensibelsten Stelle. Was zunächst eine leichte Verletzung zu sein scheint, erfordert im September eine Operation. Die vierte in zweieinhalb Jahren.

"Ganz ehrlich, ich weiß es nicht", antwortet Jaissle auf die Frage, wann er wohl wieder spielen wird. Selbst die behandelnden Ärzte und Therapeuten wirken im Moment etwas ratlos. Umso erstaunlicher, welche Zuversicht der Geplagte ausstrahlt. "Es bleibt mein großes Ziel, auf die Bundesliga-Bühne zurückzukehren", betont Jaissle. Er absolviert ein straffes Programm mit bis zu vier Reha- und Behandlungsterminen täglich. Das sind Leibes-, aber keine Lieblingsübungen. Jaissle will an den Ball, auf den Platz, endlich wieder spielen. Kann doch nicht sein, dass die Profi-Karriere nach 31 Bundesliga-Einsätzen schon zu Ende ist.

Eine Fähigkeit hat Jaissle während seiner langen Zwangspause immerhin perfektioniert: Geduld zu haben. Dabei hilft, dass ihn Trainer Holger Stanislawski nicht links liegen lässt, sondern ihm im Gegenteil "das Gefühl vermittelt, ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft zu sein". Auch wenn es Tage gibt, an denen Jaissle hadert, gestattet er sich keine Zweifel. "Ich habe Vertrauen in meinen Körper und werde nicht aufgeben, um mein Comeback zu kämpfen."

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